ANUBIS GATE - Covered In Colours

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VÖ: 24.04.2020
Bandinfo: ANUBIS GATE
Genre: Progressive Metal
Label: Nightmare Records
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Lineup  |  Trackliste

ANUBIS GATE ist eine faszinierende Band. Seit ihrem Start vor knapp zwanzig Jahren entwickelten sich die Dänen von einer mäßig spannenden Power Metal Band nicht zuletzt dank einiger Besetzungswechsel zu einer ernstzunehmenden Progressive Rock/Metal Band. Mit ihrem 2017er Album "Covered In Black" wandte sich die ANUBIS GATE Mannschaft auch thematisch ernsten Themen zu. Anders als es der Titel vermuten ließ, handelte es sich dabei um Eigenkompositionen, die aber allesamt düstere Noten anschlugen - zumindest gemessen an früheren Veröffentlichungen. Der Zwilling "Covered In Colors" ist nun nicht wirklich fröhlicher, dafür aber noch einen Zacken anspruchsvoller. Und: Es handelt sich diesmal ausschließlich um Coverversionen, die größtenteils komplett umarrangiert wurden, sodass 14 komplett neue Musikstücke daraus entstanden. Die Trackliste der Platte wurde zudem thematisch in fünf Teile gegliedert.

Starters

Hätte irgendjemand darauf gewettet, dass "Still Life In Mobile Homes" von der britischen Post/Synth Punk Band JAPAN jemals auf einem Metal Album landet, er hätte damit viel Geld gewinnen können (dazu hätte der/diejenige auch einen besonders spezialisierten Buchmacher finden müssen - das kleine Glücksspiel). Die Nummer, die im Original durch ihre exzentrische Basslinie besticht, überzeugt nun mit komplexen Riffs und Beats und dem starken Gesang Henrik Fevres. Die bereits 1974 erschienene KING CRIMSON Komposition "Red" hingegen scheint wie gemacht für ein Revival. Das markante Gitarrenriff wurde unverfälscht übernommen, die im Gegensatz zum Original leicht verkürzte Version von ANUBIS GATE hat mächtig Schmalz unter der Haube. Der dritte Gang der Vorspeise dürfte nur wenigen Lesern bereits im Original untergekommen sein. "Plantage" ist ein 2002 veröffentlichtes Werk der dänischen Prog Rock Gruppe UNDER BYEN, die ihre Nummern mit Klavier, Cello, Geige, einer singenden  Säge, Orgel und Perkussion vorträgt. ANUBIS GATE zollen ihren Landsleuten auf ihre Art Tribut und hauchen der ursprünglich zerbrechlich zarten Nummer neues Leben ein.

The Jazz-Metal Lounge

Der Name sagt bereits alles. Nach dem gemütlichen Vorspiel geht es nun an den Brainfuck. Da passt natürlich VOIVODS "Experiment" wie die Faust aufs Auge. Ebenso wie alle anderen Tracks auf dieser Scheibe komplett neu geschrieben, deutlich weniger thrashig, etwas düstererer und dadurch ein ganz klein wenig an ganz alte (und auch wieder neue) PARADISE LOST erinnernd, wenngleich (natürlich!) sehr viel jazziger. Und mit Klavier. Verschnaufpause gibt es keine, denn "Chromazone" von MIKE STERN lässt erstmal die Kinnlade nach unten klappen. Da wo 1988 noch ein gewisser Michael Brecker das Hauptthema auf dem Saxophon spielte ist nun die Gitarre zu hören. Passend dazu schließt "Glamour Profession" von STEELY DAN die Jazz-Metal Lounge gebührend ab, wenngleich in der Version von ANUBIS GATE bedauerlicherweise das cleane Gitarrensolo unter den Tisch gekehrt wurde.

The Beautiful Ones

Mesmerised children are playing / Meant to be seen but not heard / "Stop me from dreaming!" / "Don't be absurd!" Was wäre dieses Album ohne GENESIS? Richtig: Nix. "Entangled" ist verdammt nah am Original, möglicherweise sogar die Nummer, die am wenigsten umarrangiert wurde. Das lange, gefühlvolle Gitarrensolo ist das Highlight auf "Covered In Colors". Ohne Unterbrechung geht der Track direkt über in COLDPLAYS "Atlas". Auch wenn bei diesem Bandnamen viele Metaller Streßpusteln kriegen, hier haben sich ANUBIS GATE definitiv einen der besten Songs der Briten vorgeknöpft und zu einer progressiven Halbballade umfunktioniert.

The Eighties Corner

Die zentrale Frage beim Betreten der mit Neonfarben, Zauberwürfel und Aerobic-Pinups dekorierten Achtziger Jahre Ecke war ja: Schaffen es ANUBIS GATE mit ihrer Version von MIKE OLDFIELDs "To France", das großartige Cover von BLIND GUARDIAN noch zu übertreffen? Brutale Antwort: Nein, keine Chance! Die Version ist zwar ambitioniert, doch insgesamt für mich die schwächste Nummer auf dem Album. Weiter zu "Fade To Grey" von VISAGE. Ein Achtziger Jahre-Sampler ohne diesen Synthpop-Klassiker ist möglich aber sinnlos. ANUBIS GATE haben hier das Beste aus beiden Welten vereint und verhelfen dieser Nummer zu neuem Leben. Neues Leben erhält auch OZZY OSBOURNEs "S.A.T.O.", und lasst uns ehrlich sein: Diese Nummer gewinnt durch die Vocals von Henrik Fevre deutlich dazu. Sorry, Ozzy!

No, they didn't...

Wir nähern uns der Schlußviertelstunde dieser Scheibe und jetzt wirds gleich nochmal richtig gut! Da wird aus SLAYERS Aggro-Gemetzel "Aggressive Perfector" ein gemütlicher Pop/Rock Song mit Akustikgitarren, der im zweiten Teil allmählich Fahrt aufnimmt und ich sehe die Jungs vor meinem geistigen Auge richtig grinsen, wie sie diesen Track eingespielt haben. Und auch beim nächsten Track sind die Vocals der einzige Anhaltspunkt, an dem man erkennen kann um welche Nummer es sich handelt: Back in black, I hit the sack / I've been too long, I'm glad to be back. Ich feiere dieses komplett neue Arrangement hart! Als krönenden Abschluß machen mir ANUBIS GATE die höchst persönliche Freude, einen meiner Lieblingssongs der BEATLES zum Besten zu geben: "Strawberry Fields Forever". Mit viel Gefühl und spürbarem Respekt nähern sich die Dänen diesem Klassiker und meistern ihn mit Bravour. Mehr noch: Als man nach 3:45 Minuten glaubt, die letzte Note sei verklungen, startet ein psychedelisches Feuerwerk, das dem Song in dieser ganz eigenen Version noch zusätzliche Tiefe verleiht.

Obwohl es sich bei "Covered In Colours" ausschließlich um Coverversionen handelt, entstammen im Endeffekt doch alle Songs der bandeigenen Feder. Jede einzelne Nummer ist eine authentische ANUBIS GATE-Nummer, obwohl sie völlig unterschiedlich sind. Für mich ist klar: Wir haben es hier mit dem Magnus Opus von ANUBIS GATE zu tun. Und mit Sicherheit mit einem der Top Five Prog Metal Alben, an denen heuer kein Weg vorbeiführt.

 



Bewertung: 5.0 / 5.0
Autor: adl (13.05.2020)

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