STRIKE ANYWHERE - Nightmares of the West
Bandinfo: STRIKE ANYWHERE
Genre: Hardcore
Label: Pure Noise Records
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Lineup | Trackliste | Trivia
Seit 1999 existieren STRIKE ANYWHERE bereits, doch die neueste Platte der Band aus Richmond, Virginia, ließ einige Zeit auf sich warten. Es dürfte nur die wenigsten überraschen, dass Donald Trump und seine Präsidentschaft mehr als kontrovers sind. Vor allem während der Corona-Krise und der Black-Lives-Matter-Bewegung zeigte der Erbmilliardär, wie volksfern er tatsächlich ist. Viele Menschen leben aufgrund von wirtschaftlichen Einbußen und Polizeigewalt in stetiger Existenzangst und sehen sich einem Staat gegenüber, der letargisch scheint. Vermutlich sind es ebendiese Umstände, die STRIKE ANYWHERE dazu bewegt haben, wieder kunstschaffend tätig zu werden. Der Titel des Albums "Nightmares of the West" ist natürlich eine Persiflage des American Dream, der häufig von der westlichen kapitalistischen Zivilisation propagiert wird. Vielleicht kann es wirklich jeder in Amerika schaffen reich zu werden, aber eben nicht alle. Das Album setzt sich vor allem mit der kapitalistischen Politik der Trump-Administration auseinander und kritisiert die Objektifizierung der Arbeiterschicht. Natürlich können es sich STRIKE ANYWHERE dabei auch nicht entgehen lassen, die offensichtlichen Lügen des Präsidenten zu thematisieren, die vor allem mit der Pandemie zusammenhängen.
Die Platte beginnt mit dem Song "Documentary", der typisch punk-rockig daher kommt und keine Zeit verliert, bis es inhaltlich ernst wird. Die Jungs um Thomas Barnett wissen auf jeden Fall was sie tun. Das Stück ist musikalisch sehr eingängig, aber auch nicht zu anspruchsvoll, da das Augenmerk natürlich auf der textlichen Ebene liegt. Kritisiert wird hier die Enteignungspolitik der amerikanischen Regierung, die laut STRIKE ANYWHERE gewissermaßen schon Tradition hat, bedenke man zum Beispiel die im besten Falle konsequente Politik gegenüber den Ureinwohnern Nordamerikas. Auch für den Bau der "Super Duper Wall", wie Donald Trump sie tatsächlich selbst bezeichnete, wurden einige Grundstücke in bürgerlicher Hand enteignet, um besagtes Bauwerk zu errichten. Auch die kriegerischen Handlungen auf nicht amerikanischem Boden bekommen hier ihre Beachtung. Vor allem das wirtschaftliche Kalkül der Auslandspolitik, welches menschenrechtlich scharf zu verurteilen sei, stellt die Basis für diesen Song dar. Das folgende Stück "Dress the Wounds" widmet sich eher den Menschen, die von den politischen Versprechungen der Regierung so manipuliert werden, dass sie entweder aus Frustration oder aus Bequemlichkeit alles über sich ergehen lassen. STRIKE ANYWHERE rufen zur Partizipation auf, da nur durch aktives Handeln eine Veränderung des gesellschaftlichen Zusammenlebens erreichbar wäre. Auch der Track "The Bells" schließt an dieses Konzept an und beinhaltet die Parole, dass niemand die geführten Kriege und die menschlichen Opfer, die als Mittel zum Zweck verklärt wurden, vergessen wird.
Musikalisch zeigen STRIKE ANYWHERE keine wirklich große Bandbreite. Allerdings liegt der Anspruch auch darin, die Texte musikalisch zu untermalen und den Geist des Punks, der sich seit jeher gegen die Konventionen stellt, wieder aufleben zu lassen. Dies gelingt auf jeden Fall. Jeder Song lässt sich wirklich gut hören und nimmt den pessimistischen Aussagen des Textes ein wenig ihre Drastik, sodass man sich als Hörer nicht angeklagt, sondern aufgemuntert fühlt. Auch wenn der kurze Track "Frontier Glitch" durchaus etwas härter daher kommt und aufzeigt, dass Soldaten, die aus Kriegsgebieten endlich in die Heimat zurückkommen, sich erneut bürgerkriegsähnlichen Bildern ausgesetzt sehen.
Die Maxime des Albums bleibt aber weiterhin das Ermutigen der Hörer, sich für die eigenen politischen Interessen zu engagieren und nicht zu einem schlafenden Komplex zu werden, der sich den Entscheidungen der Regierung einfach hingibt. Es geht vor allem darum, den Wert der eigenen Person zu erkennen und somit auch den Wert der Demokratie. Das Cover des Songs "Opener" von der britischen Punkformation BLOCKO schlägt in eine ähnliche Kerbe und auch der abschließende Song "We Make the Road by Walking" zeigt schon durch seinen Titel, dass Lösungen und Veränderungen nur dann zu erreichen sind, wenn man aktiv wird. Dieser letzte Track ist auch wieder deutlich aggressiver und vermittelt zuletzt nochmals, dass es STRIKE ANYWHERE mit ihren Aussagen ernst meinen. Hier scheinen der Hass und die Wut auf die zwielichtige Politik und die volksfernen Entscheidungen der Regierung mit großer Gewalt durch. Amerika ist für STRIKE ANYWHERE nicht das Land der Träume, es ist nicht die Versprechung auf Wohlstand, Sicherheit und ein gutes Leben. Amerika ist viel mehr ein zerrissener, von Protesten, Polizeigewalt und Rassismus sowie Krieg gebeutelter Staat, in dem die Reichen und die Politiker keine Entscheidungen für das Volk, sondern nur für ihre Geldbörse treffen.
Das neue Album von STRIKE ANYWHERE ist kurz und bündig, ein Schlag gegen die Regierung. Musikalisch ist es nicht aufregend oder innovativ, aber es ist punktgenau und geht ins Ohr. Die Texte sind sowohl kritisch als auch ermutigend. Die Platte bietet den perfekten Anlass, sich mit Gleichgesinnten zusammen zu setzen und über Politik und Frieden zu philosophieren. Im besten Falle reicht schon die Auseinandersetzung mit diesen Themen dafür, dass man sich für seine Interessen engagiert.