SIX FEET UNDER - Nightmares Of The Decomposed

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VÖ: 02.10.2020
Bandinfo: SIX FEET UNDER
Genre: Death Metal
Label: Metal Blade Records
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Lineup  |  Trackliste

Chris Barnes und Jack Owen wiedervereint - vor 15 Jahren wäre das für nicht gerade wenige Death-Metal-Fans wahrscheinlich noch ein Grund für überschwängliche Freude gewesen, doch seitdem ist den Flüssen Amerikas natürlich viel Wasser entlanggeflossen: Barnes' Stimmbänder wurden erheblich in Mitleidenschaft gezogen, wobei ich das höhnische Geschnatter diesbezüglich nie gänzlich nachvollziehen konnte. Owen kredenzte derweil in Kollaboration mit dem leider verstorbenen Ralph Santolla und DEICIDE einen modernen Death-Metal-Klassiker namens "The Stench Of Redemption" und ein paar weniger spannende Alben, verschwand dann aber angeblich. Und während CANNIBAL CORPSE kontinuierlich Körper zersägten, ist von der Urbesetzung SIX FEET UNDERs lediglich ebenjener Chris Barnes übrig, der sich seit Jahren stetig neue Kiffer- und Songwriting-Buddies zulegt, um das einstige Zweitprojekt mit mal mehr ("Undead" und "Crypt Of The Devil") und mal weniger ("Torment") geglückten Lebenserhaltungsmaßnahmen zu betreiben. Einerseits durchströmte mich also durchaus ein Hauch von Spannung, was Jack Owen denn auf dem neuen Werk "Nightmares Of The Decomposed" vollbracht haben könnte, andererseits behält sich der Hinterkopf natürlich immer das Wissen bei, dass auf dem nächsten Schachbrett bereits gänzlich neue Figuren zum Einsatz kommen könnten.

Und genau danach klingen SIX FEET UNDER mittlerweile auch: Wie ein Spaßprojekt, bei dem sich die Mitglieder die Klinke in die Hand geben. Während man wertungsfrei betrachtet von "Haunted" bis meinetwegen sogar "Death Rituals" immer wusste, wofür SIX FEET UNDER eigentlich stehen und standen, also primitiven, groovenden Death Metal, ist diese Identität irgendwann abhanden gekommen. Wenn man es wertend betrachtet, waren danach, wie oben bereits angemerkt, immer noch unterhaltsame Werke dabei, klar, doch vermisste man stets das frühere Selbstverständnis. Egal welche Musiker oder Produzenten Mr. Barnes auch um sich scharte - SIX FEET UNDER waren zuletzt zu sehr von Einzelpersonen abhängig und verliessen sich zu wenig auf ihre Trademarks. Korrigieren kann "Nightmares Of The Decomposed" diesen Eindruck zwar ein wenig, aber wer weiß schon, wie lange diese Formation überhaupt anhält?

Jedenfalls, äh... im eröffnenden "Amputator" sowie dem abschließenden "Without Your Life" darf sich Jack Owen nach Belieben austoben, weswegen man sich hier nicht zuletzt wegen der Soli am ehesten an das sensationelle "The Stench Of Redemption" erinnert fühlt. Abgesehen davon hält man sich überwiegend im Death'n'Roll ("The Rotting", "Death Will Follow" und "Drink Blood Get High" z.B.) sowie groovig-grobschlächtigem Death Metal ("Zodiac", "The Noose" und "Self Imposed Death Sentence" z.B.) auf, was durchaus den durch die Rückkehr zu Produzent Chris Carroll entfachten Anschein, dass sich SIX FEET UNDER entschlossen von den technischen Blödeleien des Vorgängers verabschieden würden, bestätigt. Nur: Es fehlt den allermeisten der zwölf Songs einfach an Charakter bzw. Wiedererkennungswert. An Spannung und Ideen, die im Gedächtnis haften. Nach der Hälfte hat man bereits das Gefühl, eine halbe Ewigkeit mit dem Album verbracht zu haben, obwohl man kurz darauf erst eher halbentschlossen am "Blood Of The Zombie" schlürft.

Wirklich scheiße ist "Nightmares Of The Decomposed" sicherlich nicht, aber ich kann eben auch nicht von dem Gedankengang ablassen, dass das alles auf die Schnelle entstanden ist. Wir sprechen hier von purem Mittelmaß, also genau dem Mittelmaß, das einen noch während des Hörens mit berechtigten Fragen à la „Warum hörst du stattdessen nicht einfach die Klassiker der Band?“ durchlöchert. Einerseits ernüchternd, andererseits auch erwartbar - doch während sich die gut 43 Minuten so anfühlen, als hätte man gerade leibhaftig einer Epoche inklusive Aufstieg und Zerfall des römischen Reiches beigewohnt, bleiben bestenfalls nur Bruchstücke davon in der Erinnerung. Das konnten SIX FEET UNDER mal besser, aber ob sie das auch je wieder können werden, bleibt hiernach mehr als fraglich.



Bewertung: 2.5 / 5.0
Autor: Pascal Staub (25.09.2020)

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