IRON ANGEL - Emerald Eyes

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VÖ: 02.10.2020
Bandinfo: IRON ANGEL
Genre: Thrash Metal
Label: Mighty Music
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Lineup  |  Trackliste

Möglicherweise ahnte es der ein oder andere von euch schon - ich habe wieder einmal nach Artwork entschieden, welche Promo-Kopie ich als nächstes besprechen wollen würde. Bevor ihr meinem unschuldigen Haupt nun unter dem Vorwurf der Lüsternheit die scharfe Klinge der Guillotine entgegensenkt, möchte ich noch ein letztes Plädoyer der Verteidigung entrichtet haben: Mir ging's nicht um die Möpse, Freunde. Der italienische Maler Velio Josto hat zuletzt bereits so mancher Oldschool-Veranstaltung, namentlich von VULTURES bis WARSENAL, die Front veredelt, weil er ein lobenswertes Gespür für die Ästhetik der alten Schule zu haben scheint, und tat dies dementsprechend auch für den teutonischen Speed-Metal-Mythos IRON ANGEL und dessen in Kürze erscheinendes, viertes Album, das euch mit "Emerald Eyes" anstarren wird. 

Ich kannte den eisernen Engel also nicht nicht, beschäftigte mich aber alsbald mit der Band, die im Jahre 2018 nach sage und schreibe 32 Jahren (!) und einem zaghaften Demo-Versuch im Jahre 2007 ("Back From Hell") mit einem richtigen Album ("Hellbound") der Versenkung entstieg - natürlich mit fundamental verändertem Line-Up. Diesbezüglich finden sich logischerweise immer wieder Nörgler aus dem alten Jahrtausend, die solche Informationen naserümpfend aufnehmen und roboterhaft ein mit den Jahren nicht gerade gut gereiftes „Früher war's besser“ (endlich sagt's mal einer!) runterleihern, aber was soll man machen, wenn mit Peter Wittke und Sven Strüven beide Gitarristen aus der Gründungsformation verstarben (requiescat in pace) und man es als Bandchef, der da Dirk Schröder heißt, trotzdem noch einmal wissen will? Richtig: Man macht es einfach und lernt dabei neue Musiker kennen, die einem so richtig einheizen.

"Emerald Eyes" mag nicht besonders abwechslungsreich sein, aber wenn man exakt 46 Minuten und 36 Sekündchen auf der Luftgitarre mitshreddet, können IRON ANGEL mindestens genauso wenig falsch gemacht haben. Ein Fest sollte das u.A. für all diejenigen sein, die im Tolkien'schen Reich von BLIND GUARDIAN fest mit "Batallions Of Fear" und "Follow The Blind" verwachsen sind und statt Orchester und Epen gerne mal wieder fetzig-pointierten, extrem leidenschaftlich vorgetragenen Speed Metal im Stile dieser Klassiker aufschnappen möchten ("Sacred Slaughter", "Heaven In Red" und "Sacrificed") - inklusive Thomen-Stauch-Gedächtnisdrumming übrigens. Mit einem charismatischen Sänger, dem seine Truppe hörbar Bock macht. Erweitert wird das dann noch um Nuancen aus dem klassischen Heavy-Metal ("Descend" und "Bridges Are Burning") und einem mikroskopisch kleinen Anteil Groove, der sich im Titeltrack tatsächlich die Dreistigkeit erlaubt, kurzzeitig das Tempo zu drosseln.

Was kann nun noch gesagt oder geschrieben werden, was nicht bereits gesagt oder niedergeschrieben wurde? Aus dem angestaubten Geschichtsbuch wird dieses Subgenre gerne mal erzählt, doch IRON ANGEL blasen den Schmutz vom Schmöker, schlagen ihn selbstbewusst auf, entdecken ganz am Ende einige blanke Seiten und füllen diese mit Leben. Ihre Mischung aus prähistorischem Speed Metal und beinahe jugendlichem Elan ist einfach irre gut und irre unterhaltsam, was im Grunde perfekt zusammenfasst, was IRON ANGEL auf "Emerald Eyes" abfeuern. Penible Nuklearwissenschaft ist das keine, aber ehrliche, wertige Handarbeit, die die Zuhörend*innen mit der Wucht eines nuklearen Erstschlags aus der gemütlichen Sitzgarnitur fegt, allemal. 



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: Pascal Staub (30.09.2020)

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