NACHTBLUT - Vanitas

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VÖ: 02.10.2020
Bandinfo: Nachtblut
Genre: Dark Metal
Label: Napalm Records
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Lineup  |  Trackliste  |  Credits

Die deutschen Dark Metaller NACHTBLUT liefern uns wieder ein schaurig schönes Werk. „Vanitas“ ist Studioalbum Nummer Sechs und klingt düster-bombastisch-animalisch-gruselig. Der Hörer wird - wie auch früher - mit harten Riffs, prägnanten Vocals, faszinierenden Melodien und dunklen Texten in den Bann gezogen. Die alte Kraft ist wieder da und nimmt einen mit in die dunkle Welt der Band, sodass man fasziniert einem Klangteppich lauscht, der gleichzeitig Nährboden für cineastische Bilder und psychologische Spielchen ist, der uns in Abgründe tauchen lässt, die wir mit Faszination neu für uns entdecken.

Die elf Songs liefern eine große Bandbreite an Schaffenskraft und haben das Potenzial, von mehr Menschen, als nur den typischen Genre-Zugehörigen gehört zu werden. Das Songwriting ist vielschichtig, dicht, düster, faszinierend und auch von Überraschungen geprägt. Die Videos sind dunkel und bisweilen gruselig, und haben immer das Potenzial zu einem gewissen Kultstatus. Viele Ansatzpunkte also, um die Fan-Schar zu vergrößern.

Nun zur näheren Betrachtung der Stücke:
Der herrlich cineastisch-schaurige Sound beim Preludium „Veritas“ gefällt und lässt die Boxen erklingen. Das folgende „Vanitas“ schließt nahtlos am cineastischen Sound an. Die orchestralen Einsätze und Keyboard Parts führen in die dunkle Welt der Nachtgestalten. „Tanzen wir den Totentanz“ ist die Textzeile, die am meisten hängen bleibt.

Die Folk-Melodien bei „Leierkinder“ und der ziemlich normale Gesang bzw. Sprechgesang von Askeroth sowie der Kinderchor sind eine Mischung, die es in sich hat. Dazu der bedeutungsschwangere Text mit einem immer aktuellen Inhalt – „Leierkinder“ gewinnt dadurch auf vielen Ebenen und wird zu dem Song, der nicht nur den NACHTBLUT Fans auffällt. Ähnlich ergeht es dem „Puppenhaus“. Die orchestralen- und Chor-Einsätze, düsteren Riffs und wummernden Bässe machen aus dem nach Kinderlied klingenden Stück ab dem ersten gesungenen Wort ein Gruselstück, zu dessen Gänsehautstimmung auch der Text beiträgt. Die Mischung aus orchestral, Chor und viel Keyboard mit Gruselstimmung gibt es auch bei „Fürchtet was geschrieben steht“. Rhythmisch-melodisch vertont und mit zwei Gesangsvariationen versehen, mausert es sich mit dem wilden Gesang und den Akzente setzenden Riffs zu einem intensiven Fingerzeig auf alles, worauf man im Leben achten sollte.

Die NDH-Nummer „Kaltes Herz“ besticht durch eindringliche knackige Riffs und harte Elektrobeats. Der Sound springt von heftigen Riffs zu düsterem Wummern, technischen Spielereien durch vielfältige Soundbearbeitung, und schafft sogar ein paar Ausrutscher zu einer ruhig-melodischen Weise. Zumeist recht klar gesungen bzw. in einer Art Sprechgesang vorgetragen, harmoniert Askeroth sehr gut mit der Instrumentallinie. Aber wenn er in seine Kreisch-Stimme abschwingt, verpasst er damit dem Song einen speziellen Kick. Diese Nummer ist für mich ein faszinierender Mix in Melodie/Vocals/Sound. In meinen Augen eines der besten Stücke auf dem Album. Klingt nach mehr!

Kann eine Band wie NACHTBLUT einen Lovesong machen? Naja – nicht ganz, aber mit „Nur in der Nacht“ kommen sie schon ein wenig in diese Richtung. Aber wirklich nur ein klein wenig. Weil es klingt mehr nach Vampirsong als eine Ode an die Liebste. Vielleicht eine Ode an die liebste Vampirin. Die Melodien sind überwiegend weicher, dennoch wird nicht gänzlich auf Riffs oder harte Bässe verzichtet. Die Gitarrensoli fügen sich sehr schön in das Klangkonzept, und das Keyboard schmiegt sich fast auf AOR Weise rein, sodass hie und da die 80er Disco-Nummern durchklingen.

Für die Nummer „Schmerz_Leid“ holten sich NACHTBLUT einen bekannten Gast aus der Szene. Chris Harms (Mastermind von LORD OF THE LOST und Genie hinter so mancher deutschen Gothic/Dark Band) verleiht dem Song seine Stimme. Der Sound ist an die 80er Electro/Disco-Beats angelehnt (nein, keine Panik, nicht OMD) und lässt auch Orchester-Parts einschweben sowie einen großen Chor im Background. Der Text geht absolut unter die Haut, hier findet sich wohl jeder wieder, vor allem der dunkel-aggressive „Schmerz und Leid“ Refrain, der einen Kontrapunkt zum Song im Allgemeinen setzt, besticht durch seine Realität.

Piano und Pauken, theatralische Einsätze und Black-Metal Beats sowie das Orchester und die Variationen beim Gesang bestimmen „Meine Grausamkeit kennt keine Grenzen“. Eigentlich klingt der Song fast wie aus einem Musical, die wilde Düsternis würde aber nie auf den Bühnen der Welt bestehen, zu exzessiv anders ist der Gesang (das Gekreische) von Askeroth. Mit dem nachfolgenden „Gegen die Götter – du und ich“ wird es „normaler“. Wenn man das bei einer Band dieser Richtung überhaupt sagen kann. Wie immer findet damit ein direkt im Titel angesprochenes Gott-Thema seinen Weg aufs Album. Obwohl es eher klingt, als würde Satan singen und kein Gott.

Mit „Die Toten vergessen nicht“ packen NACHTBLUT noch ein würdevolles Abschlussstück auf das neue Album. Ein getragenes Stück über den letzten Schritt, Tod, Sarg, Friedhof, Kirche und  Co. Die Glockenklänge des Keyboards machen es celestisch. Der Abschiedsgedanke, der in dieser Nummer steckt, wäre passend als Begleitmusik für eine Beerdigung. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass diese gewaltige, inhaltsschwangere, düstere Nummer je in einer Kirche gespielt werden wird. Schade, denn es ist wiederum ein schauriges Stück mit wahrem, nachdenklich machenden Inhalt.

In Summe ist „Vanitas“ ein sehr variables und teilweise aufgrund seiner Variabilität auch gewagtes Album. Mir gefallen NACHTBLUT 2020 sehr gut. Sie sind auf einer vielversprechenden Welle Richtung Zukunft unterwegs. Das spricht garantiert nicht nur die Fans aus den dunklen, düsteren Ecken an.

 



Bewertung: 4.5 / 5.0
Autor: Lady Cat (09.11.2020)

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