MOLASSESS - Through The Hollow

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VÖ: 16.10.2020
Bandinfo: MOLASSESS
Genre: Classic Rock
Label: Season of Mist
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Lineup  |  Trackliste  |  Credits

Ein zweischneidiges Schwert ist das Debütalbum von MOLASSES mittlerweile für mich. Beim regelmäßigen Durchstöbern der Stormbringer Promo-Ecke fielen mir eigentlich in Bezug auf die mir bis dato unbekannte Band die Genrebeschreibung Psychedelic Rock, das Label Season Of Mist und ein Hörprobenlink zu YouTube ins Auge. Und nach der Sichtung des Videos zu "The Devil Lives“, das mich durchaus zu begeistern wusste, war klar für mich, daß ich die erste Scheibe der Niederländer rezensieren wollte. Also Promo geordert, und den ersten Komplettdurchlauf gestartet. Nebenher ein wenig recherchiert, um etwas mehr über MOLASSES zu erfahren.

Die Band entstand aus der Idee heraus, daß Farida Lemouchi das Angebot erhielt, auf dem Roadburn Festival 2019 anlässlich des fünftes Todestages ihres Bruders Selim, dem Frontmann von THE DEVILS BLOOD, aufzutreten. Aus dem zusammengestellten Projekt für diesen Gig wurde allerdings mehr, und nun liegt der erste Longplayer von MOLASSES vor. Der Bandname wurde übrigens einem Song der einzigen Solo-EP von Selim Lemouchi entlehnt. 

Die naheliegende Frage, die sich als erstes stellt, ist natürlich, sind MOLASSES jetzt THE DEVILS BLOOD 2.0? Die Antwort lautet nein. Die zweite Frage, die in mir direkt danach aufblitzte, war: aber sind MOLASSES besser als THE DEVILS BLOOD? Zum Verständnis, ich hielt und halte bis heute TDB für eine der am meisten überbewerteten und gehyptesten Bands auf diesem Planeten. Wären mir die vorstehenden Zusammenhänge eher bekannt gewesen, hätte ich einen großen Bogen um dieses Review gemacht, einfach aufgrund der Gefahr, daß meine Abneigung gegen TDB bei einer Besprechung des Werkes von MOLASSES (wenn vielleicht auch unbeabsichtigter Weise und unkontrollierbar) immer wieder zum Vorschein kommen würde. How ever, jetzt ist es zu spät für einen Rückzieher.

Ich war, wie geschrieben, nach dem Hören von "The Devil Lives“ guter Dinge und startete den MOLASSES-Erstling im virtuellen Player mit "Through The Hollow“, einem von drei Songs auf dem Album, die eine Länge von über zehn Minuten haben (der Titelsong ist das längste Stück). Die erste Erkenntnis, die ich beim Hören hatte, war, daß die Genrebezeichnung Psychedelic Rock eher unzutreffend ist. Ich würde die Musik von MOLASSES eher als spirituell geprägten Classic Rock mit dunkler Note beschreiben, der zuweilen Jazz- und Artrock-Elemente aufweist. 

Doch jenseits der Genrezuordnung könnten Opener und Albumcloser nicht unterschiedlicher sein. Während der Abschluss des Albums, "The Devil Lives“ (der mich ja auch zur Annahme der Rezension bewegte) mich direkt gepackt und mitgenommen hatte, mit seiner großartigen Hookline und dem eindrucksvollen Gesang von Farida, entpuppt sich "Through The Hollow“ als unwahrscheinlich sperriger, sich zäh über die ersten elf Minuten hinziehender Track, bei dem ich schon nach der Hälfte kurz davon war, die Lust zu verlieren. Das Problem an der Sache, würde man die Leerzeiten zwischen den Titeln eins bis drei heraus nehmen, hätte man ein einziges, an den Nerven zerrendes Stück (im negativen Sinne), weil in "Get Out From Under“ und "Formless Hands“ exakt das gleiche passiert, wie im Opener.

"Corpse Of Mind“ unterbricht die Gleichschaltung der ersten drei Songs als rein akustische Nummer, plätschert dafür aber vier Minuten lang ziemlich belanglos vor sich hin. "The Maze of Stagnant Time“ bringt erstmalig etwas Drive und Abwechslung in die öde musikalische Landschaft, die bis dato auf "Through The Hollow“ vorherrscht, verkommt aber im Verlauf auch wieder zu einer experimentell-progressiven Nummer, die am Ende einfach nur noch anstrengend ist. Hat man dann noch „I’m No Longer“ überstanden, folgt mit "Death Is“ das erste wirklich ansprechende Stück. Allerdings fehlt hier dafür die Eigenständigkeit, zu sehr erinnert "Death Is“ an JESS AND THE ANCIENT ONES.

Es folgt mit "Tunnel“ ein fünfminütiger, vollkommen unnötiger instrumentaler Füllsong. Und schlussendlich nach dem mehrmaligen zu Gemüte Führens des letzten Tracks, der mir ja bereits zu Beginn richtig gut gefallen hatte, machte es endlich Klick, und schlagartig wurde mir bewusst, warum mir die eingängig-einschmeichelnde Hookline von "The Devil Lives“ so bekannt vorkam. Da hatte der gute Selim sich (die Nummer ist ein unvollendetes Stück von ihm) doch mal richtig dreist bei DEM TITO & TARANTULA Signature Song "After Dark“ bedient. Au weia, das ist dann doch mehr als peinlich.

 

Fazit:

 

Was bleibt unterm Strich? Die Erkenntnis, dass große Namen noch kein gutes Album, eine gute Sängerin (ich mag Faridas Stimme nämlich wirklich) noch keine guten Songs machen, wenn es am Songwriting krankt. Zu sperrig, zu verkopft ist der Großteil der Stücke auf "Through The Hollow“. Oft hatte ich das Gefühl, daß MOLASSES einen Zugang zu ihren Stücken, zu ihrer musikalischen Welt geradezu verweigern. Die handwerkliche und technische Seite des Albums ist unbestreitbar auf hohem Niveau. Aber das wars dann auch schon. Eigentlich wollte ich drei Punkte verteilen, um nicht zu ungerecht zu bewerten, aufgrund persönlicher Befindlichkeiten. Aber für den dreisten Ideenklau im immerhin besten Stück des Albums komme ich um einen Abzug in der B-Note nicht umhin. Abschließend sei noch darauf hingewiesen, dass die Scheibe bei mir auch ohne den ganzen THE DEVILS BLOOD Hintergrund nicht höher bewertet worden wäre.



Bewertung: 2.5 / 5.0
Autor: Ernst Lustig (20.10.2020)

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