DSRT - The Last Wave

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VÖ: 02.01.2021
Bandinfo: DSRT
Genre: Grunge
Label: Eigenproduktion
Hören & Kaufen: Amazon
Lineup  |  Trackliste

Ich muss zugeben, dass mich gute Artworks extrem triggern. Zu DSRTs "The Last Wave" assoziierte ich augenblicklich Motive aus "Valerian und Veronique" ab 1967, der 1984er Serie "Die dreibeinigen Herrscher", dem 1995er TV-Zweiteiler "Langoliers", Katsuhiro Otomos 1987er "Construction Cancellation Order"-Segment in "Manie Manie" - Postdystopien, Abbildungen der Realität nach dem Untergang der Zivilisation, wenn die Natur sich als siegreicher Gegenspieler menschlicher Intervention erwiesen hat. Orte, an denen mechanische Hinterlassenschaften mit organischem Material verwachsen, faszinieren mich. Wie bin ich aber im Jahr 2021 auf eine Hamburger Band gestoßen, die das totgesagte Grunge-Genre bedient? Das Cover ihres neuen Albums wurde mir auf der Seitenleiste der bekanntesten Video-Upload-Seite angezeigt. Der Bandname DSRT deutet zwar darauf hin, dass sie sich eher im Desert Rock sehen, aber diese beiden Genres sind sich so nahe, dass meine Anmerkung fast nebensächlich ist.

Bevor ich den Start-Button das erste Mal betätigte, um "The Last Wave" zu entfesseln, kam mir in den Sinn, dass ich in den letzten drei Jahren in größeren Abständen immer wieder mal auf junge Grunge-Bands stieß, vornehmlich aus Deutschland und den USA, aber die Hoffnung, dass gerade kleine, unbekannte Gruppen ein glückliches Händchen im Umgang mit diesem Genre beweisen würden, trug sehr selten Früchte.

"The Last Wave" beinhaltet sechs unterschiedliche Songs mit einer für Independent-Produktionen passablen Laufzeit von 36:23 Minuten.

"Down" beginnt düster und unruhig, geflocktes Schlagzeug setzt ein, die Vocal-Triebwerke pressen das Stück in den SOUND GARDEN. Ein sehr attraktiver, authentischer Einstieg mit den rechten Accessoires zum Schluss: Ein langer, ätherischer Ausklang. Danach erfreuen DSRT euren alten Stormbringer-Redakteur besonders. Eine junge Dame namens Fay Bycroft nimmt sich des kurzen Storytellings zwischen den Songs an und das soll die weiteren Nummern begleiten. Dies sorgt nicht nur für Konzeptalbum Feeling, sondern verleiht dadurch auch eine dichtere Atmosphäre. Wunderbar!

"Rise" macht sich sofort daran, den Nervensträngen zu schmeicheln! Florian, Stephan und Marcel kurbeln exzellentes Benzinmotorbrummen aus Bass und Gitarre, während Sänger Aurelion (Hier im Wechsel mit Florian?) absolut standfest auf diesem Sound surft. Während junge Musiker oft ihre Idole nachahmen, klingt es hier, als wollte man den Hörer absichtlich auf eine falsche Fährte locken und lenkt zuerst den Karren auf ALICE IN CHAINS Spuren, schwenkt dann absolut geschmeidig um und entlässt ätherisches 90´s Dark Pop Sounds. Kann nicht gut klingen? DSRT beweisen das Gegenteil.

"Drift/Drown" wird eine Weile von Meeresrauschen getragen, dann schlittern Alternative-Elemente und gefühlvolle Vocals hinein - ich persönlich liebe diese gepeitschten Drums. Bei mehrmaligem Hören kann man sich in diesen Song regelrecht verlieben. Dieses monotone Ende - für Stoner Rock Fans das Highlight.

"Break" beginnt wie ein Sonnenbad auf einer Veranda irgendwo in West Virginia, wiegt dann plötzlich schwer und schaukelt sich gekonnt wie ein Schiff durchs Unwetter.

"High/Plain" ist das ruhigste Stück, ohne bretternde E-Gitarren und donnernde Drums. Wieder: Sehr guter Song am rechten Platz.

"Turn" ist ein Sonnenschein-Lied, welches aber das Ende besiegelt.

Was zum Hörgenuss beiträgt ist, dass sich "The Last Wave" in der präzise vermittelten Unruhe, stets die Zeit für sanftes Ausschleichen nimmt, besonders angenehm ist auch Monas Piano-Einsatz. DSRT vermitteln durchgängig das Gefühl, man habe nichts dem Zufall überlassen. Ganz im Gegenteil sogar, mit kleinen Handgriffen haben die Jungs und Mädels aus Hamburg dem feinen Scheibchen eine Tiefe erzeugt, die man freudig ausloten darf - zusammengefasst sind das vom fantasieanregenden Covermotiv, über die Spoken Words zwischen den Songs zum "Down"-Musikvideo, das ohne große Mittel unterhält und passt. Ihr seht, alten Hasen wie mir, können kleine Boni den Tag versüßen. Den digitalen Download findet Ihr HIER.



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: Daniel Hadrovic (16.01.2021)

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