KJELD - Ôfstân

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VÖ: 15.02.2021
Bandinfo: KJELD
Genre: Black Metal
Label: Heidens Hart
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Lineup  |  Trackliste  |  Credits

Die Besprechung der EP "Banier Fan Frisia" war mein persönlicher Einstieg in die musikalische Welt des friesischen Black-Metal-Gespanns KJELD. Und auch wenn besagtes Opus lediglich drei (zugegebenermaßen auskömmliche) Songs offerierte, so wusste es doch die Identität des Quintetts klar herauszustellen und seine Stärken gebührend in Szene zu setzen. Die Inspiration durch friesische Geschichte, Mythen und Natur, die Symbiose aus Atmosphäre und Aggression, der ausschließliche Vortrag in westfriesischer Sprache...das herausstechende Konzept der Band blieb in Gedächtnis und Gehör und hielt die Spannung auf das Zweitwerk hoch.

Und heute, knapp zwei Jahre später, präsentieren KJELD mit "Ôfstân" das Resultat ihrer mehrjährigen Arbeit. Neun Tracks, eine knappe Stunde Laufzeit und die Evolution dessen, was ich an "Banier Fan Frisia" als Meisterstück tituliert hatte - dieses eine bestimmte Stück, das meine Faszination für die Musik der Truppe erst weckte: "Wanskepsel". Dabei ist es keinesfalls so, dass die Tracks auf "Ôfstân" besagter Nummer zwillingshaft gleichen. Vielmehr nehmen sie sich die Stärken dieses Geniestreichs zu Herzen und lassen auf seinem Nährboden eine ganze Reihe epischer Glanztaten erwachsen. Rasende Wut bricht malerische Atmosphäre und umgekehrt, Dynamik und Komplexität potenzieren ihre Kräfte und entfalten gemeinsam eine beeindruckende Anziehungskraft. Die Lieder erscheinen wie das Destillat eines grauen Regentags, sie führen dich vom strömenden Regen in den Feuersturm, ändern Dur in Moll und gleiten selbst den fröhlichsten Zuhörer in einen tief melancholischen Winterschlaf. Die emotionale Intensität der Tracks ist atemberaubend und ihr Charme wächst mit jedem Durchgang.

KJELD weichen keinen Nanometer von ihrem Kurs ab, hieven aber nahezu alles, was sie schon vorher gut konnten, auf ein neues Level. Der Sound wurde verbessert und modernisiert, ohne dabei einen Funken seiner Erdigkeit und Authentizität zu verlieren. Der Klang ist differenzierter und klarer, der unverwechselbare Gitarrensound wurde verfeinert und das Schlagzeug erfreut sich dank der unverfälschten Produktion einer hohen klanglichen Dynamik. Dazu die bereits mehrfach thematisierte Sprache - denn wenn es wohl eine Sprache gibt, die sich im Black Metal mit der Ästhetik und Sogwirkung ihrer skandinavischen Pendants messen kann, dann ist es wohl die friesische.

Doch welche Tracks soll ich nun hervorheben? Den brechenden Auftakt mit "Betsjoend", den irrwitzigen Epen-Hattrick von "Wylde Rixt" bis "Falske Doop" oder doch das bodenständig-schwarzmalerische "Skaad"? Einzelne Anspieltipps anzuführen, würde der Sache schlicht und einfach nicht gerecht. Qualitätsunterschiede im Songwriting sucht man mit dem Mikroskop und auch das Gesamtwerk an sich besticht durch eine minutiöse Konsistenz, die ganz augenscheinlich das Ergebnis eines langen Schreibprozesses ist. Daher bleibt mir nicht viel übrig, als die Friesen gleich zweimal aufzuwerten: einmal für die singulären Lernprozesse in Komposition und Sound und ein weiteres Mal für das höchst imposante Gesamtwerk.



Bewertung: 4.5 / 5.0
Autor: Lord Seriousface (10.02.2021)

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