EMPYRIUM - Über den Sternen

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VÖ: 26.02.2021
Bandinfo: EMPYRIUM
Genre: Dark Metal
Label: Prophecy Productions
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Lineup  |  Trackliste  |  Credits

Tada! Jetzt ist es passiert. Die erste Höchstwertung in diesem Jahr fährt die neue Scheibe der (fast) schon ein wenig in Vergessenheit geratenen, deutschen Barden der (dunkelmetallischen) Naturromantik ein! Sieben lange Jahre nach ihrem letzten Studioalbum (und immerhin noch sechs lange Jahre nach ihrer (grandiosen) letzten EP "The Mill") kehren EMPYRIUM mit "Über den Sternen" zurück auf die Bildfläche und zementieren einmal mehr ihren Status als Könige der bittersüßen Melancholie!

Mitte der Neunziger kam in Sachen naturmystischer Dark Metal niemand an dem kreativen Duo aus Bayern vorbei. Und mit dem exzellenten Debüt "A Wintersunset..." (1996) und dem bis heute unerreichten Meisterwerk "Songs Of Moors And Misty Fields" katapultierten EMPYRIUM sich direkt und unumstößlich an die Spitze der Vertreter melancholischer Stromgitarrenklänge. Ich erinnere mich noch sehr gut an die unbeschreibliche Gänsehaut, die bei den ersten Klängen von "The Blue Mists Of Night" meinen gesamten Körper erfasste, oder an die wohligen Schauer, die mir unablässig beim Hören der "Ode To Melancholy" über den Rücken liefen.

Umso härter war der Schnitt, als die Band auf ihrem dritten Longplayer ausschließlich akustische Klänge präsentierte und nunmehr ergreifenden Neofolk mit einer Extraportion Melancholie zelebrierte. "Where At Night The Wood Grouse Plays" war der totale Kontrast zum bisherigen Schaffen der Band, in qualitativer Hinsicht, aber keinen Deut schlechter als das bis dato metallische Werk. Im Gegenteil, Stücke wie der Titeltrack oder "The Sheperd And The Maiden Ghost" gehören auch heute noch zum Erlesensten, was der Neofolk hervorgebracht hat. Und "Many Moons Ago" zählt zu den zehn besten und schönsten Songs, die ich in den immerhin mittlerweile 46 Jahren meines nicht mehr ganz so jungen Lebens gehört habe.

Ein abschließendes Statement zum Thema Neofolk setzten EMPYRIUM 2002 mit der (in der Erstveröffentlichung) opulenten 3-Disc-Edition von "Weiland", einem musikalischen Schwergewicht, das nicht so leicht zugänglich war wie der Vorgänger. Doch wenn man sich ihm voll und ganz hingab, eröffnete "Weiland" nach und nach eine klangliche Größe und Vielschichtigkeit, die bis heute ihresgleichen sucht. Dies lag sicher auch daran, dass hier Thomas Helm (der auch bei der bayrischen Staatsoper aktiv ist) zum ersten Mal den Hauptteil des Gesangs übernahm. 

Danach wurde es lange Zeit ruhig um EMPYRIUM, und erst 2014 gab es ein Lebenszeichen in Form eines neuen Studioalbums. "The Turn Of Tides" verknüpfte Dark und Black Metal Elemente, Akustikparts und DEAD CAN DANCE-artige Klänge zu einer interessanten Mischung, die eine doch recht neue Seite der Band widerspiegelte. Ein Jahr später wurde die EP "The Mill" veröffentlicht, deren Sound sich wieder stärker am Frühwerk von EMPYRIUM orientierte und den hungrigen Fans zwei wirklich großartige Songs bescherte.

Und nun, anno 2021 (ent)führen uns Markus Stock und Thomas Helm, unterstützt von mehreren Gastmusikerinnen, mit ihrem neuesten Geniestreich hoch in den musikalischen Himmel, weit, bis über die Sterne hinweg. Der Titel des neuen Albums ist Programm, denn mit "Über den Sternen" gelingt es der Band tatsächlich, das Beste aus beiden EMPYRIUM-Welten herauszufiltern und in wahrer Perfektion zu vereinen.

Die musikalische Reise beginnt mit "The Three Flames Sapphire", einem achteinhalbminütigen Reigen aus akustischen und dunkelmetallischen Passagen, vervollständigt durch den wunderbar warmen Klargesang von Thomas sowie das harsche Krächzen von Markus, das man so intensiv das letzte Mal 1997 gehört hat. Im zweiten Stück, "A Lucid Tower Beckons On The Hills Afar", gesellen sich zu den Dark Metal und Neofolk Elementen noch Passagen atmosphärischen Black Metals hinzu und verdichten den Track zu einem faszinierenden, erhabenen Klanggebilde.

Anschließend folgt mit "The Oaken Throne" ein Track, der sich mal eben reichlich sieben Minuten Zeit nimmt, um sich von einem ruhigen, ergreifenden Beginn zu seinem intensiv-furiosen Finale zu entwickeln und dabei den Hörer in JEDER Sekunde in seinen Bann zieht. Zeit zum Entspannen und Hinwegträumen bietet nachfolgend "Moonrise", ein akustisches Instrumental mit einer traumhaft schönen Melodie.

"The Archer" ist die fleisch- oder besser tongewordene Vereinigung der Essenzen aus "Songs Of Moors And Misty Fields" und "Where At Night The Wood Grouse Plays", "The Wild Swans" ein Dark/Black Metal Epos mit einem Hauptthema, dessen Melodie nicht von dieser Welt zu sein scheint.

"In The Morning Mist" ist eine stimmungsvolle, instrumentale Interlude und die Einleitung zum Übersong der neuen Scheibe schlechthin. Der Albumcloser und Titeltrack bietet zehneinhalb Minuten lang einen kompletten Querschnitt des bisherigen Schaffens von EMPYRIUMs. Akustische Passagen, elegisch und schwergewichtig wie auf "Weiland" wechseln sich ab mit SUN OF THE SLEEPLES-artigem Black Metal- Gitarrenflimmern und melancholisch-verträumten Dark Metal Parts. Teilweise erinnern Markus' Krächz-Shouts an zeitgenössische (Post) Black Metal Sänger, was dem Stück auch eine gewisse Moderne verleiht, die, eingebettet in das traditionelle Grundgerüst, noch einmal den Hauch des Besonderen versprüht. "Über den Sternen" ist ein monumentales Meisterwerk, das, um beim Namen des Stückes zu bleiben, eine wahre Sternstunde im großartigen Schaffen von EMPYRIUM darstellt.

Fazit:

2021 ist noch jung, doch schon reich an guten und sehr guten Veröffentlichungen. Und nun erscheint mit dem sechsten Studioalbum von EMPYRIUM bereits ein absolutes Jahres-Highlight, dessen Echo die nächsten Monate mit Sicherheit überdauern und das auch in den momentan so fernen Jahresrückblicken im Dezember noch zu finden sein wird, und zwar ganz weit oben. "Über den Sternen" reiht sich für mich direkt hinter der Göttergabe "Songs Of Moors And Misty Fields" ein und erhält somit seine glatten fünf Punkte vollkommen zurecht.



Bewertung: 5.0 / 5.0
Autor: Ernst Lustig (01.03.2021)

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