LONG DISTANCE CALLING - Ghost

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VÖ: 26.02.2021
Bandinfo: LONG DISTANCE CALLING
Genre: Post-Rock
Label: Eigenproduktion
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Lineup  |  Trackliste

Es ist noch nicht mal ein Jahr her, dass uns LONG DISTANCE CALLING mit einem neuen Album beglückt haben. Damals durfte ich auch ein Interview mit Jan, dem Bassisten führen, und wir standen im Nachhinein betrachtet noch ziemlich am Anfang von dem, was im letzten Jahr seinen Anfang nahm. Die Jungs waren auch noch zuversichtlich, dass die geplante Herbst-Tour über die Bühne gehen könnte. Naja, wir alle wissen, dass die Kulturszene seit Monaten brach liegt und es für alle Künstler*innen da draußen eine entbehrungsreiche Zeit ist. Einen Teil dieser Zeit haben LONG DISTANCE CALLING jetzt genutzt, um uns mit "Ghost" eine EP vorzulegen, die sechs brandneue Songs enthält. Gute 30 Minuten, die nicht in einem Studio als fertige Songs aufgenommen wurden, sondern im Rahmen einer gemeinsamen, mehrtägigen Jam-Session, die durch eine Crowd-Funding-Kampagne ermöglicht wurde, live eingespielt wurden.

Nach einem Intro, dem ein gewisser Horror-Vibe innewohnt, geht es mit "Old Love" überraschend los. Sehr chillig wird hier Lounge-Atmosphäre verströmt. LONG DISTANCE CALLING haben immer schon gern mit neuen Sounds und Einflüssen experimentiert und diese verinnerlicht. Wer auf simples, straightes Rock-Riff-Geballere steht, ist hier falsch. Akustik und Elektronik reichen sich die Hand und verschmelzen. Gitarrenfreunde kommen bei "Old Love" erst im letzten Drittel auf ihre Kosten. "Black Shuck" legt ähnlich "laid back" wie der Vorgängertrack los und erinnert entfernt an MASSIVE ATTACK. Hier wird aber früher das Gaspedal durchgedrückt und Fahrt aufgenommen. Immer noch ein wenig verhalten aber sehr eingängig und flüssig. "Seance" hat mit über acht Minuten Laufzeit die Radiotauglichkeit lang hinter sich gelassen. Nicht, dass LONG DISTANCE CALLING jemals darauf geschielt hätten. Die Nummer nimmt sich die Zeit, die sie braucht, um Spannung aufzubauen und langsam in die Gehörgänge zu kriechen. Anfangs hauptsächlich mit Synths wird der Anteil der lauten, schroffen Gitarrenwände im Verlauf immer mehr. "Fever" fügt sich wunderbar ins Gesamtgefüge ein, wirkt aber zwischen den beiden Nachbarnummern etwas verloren. Obwohl natürlich Track Nummer fünf ebenfalls den LDC-Signature-Sound in sich trägt. "Negative Is The New Positive" ist der zweite Achtminüter auf der EP und beginnt viel düsterer, viel bestimmter. Die Nummer besticht und ist fast sowas wie ein Best-Of in einem Song. Schwere Gitarren, düstere Synthies, ausgefallene Spoken-Word-Passagen - das alles kreiert eine dystopische Grundstimmung, die irgendwie in die jetzige Zeit passt. 

Fazit: "Ghost" zeigt einmal mehr, welches Potential dieser Band innewohnt. Sie verstehen es mühelos, unterschiedlichste Einflüsse zu einem großen Ganzen zu spinnen und dadurch Neues entstehen zu lassen. Der Umstand, dass diese sechs Tracks innerhalb weniger Tage beim gemeinsamen Jammen entstanden sind, unterstreicht die musikalischen Qualitäten jedes einzelnen Bandmitglieds. "Ghost" bietet einen tollen Querschnitt über den aktuellen LDC-Sound und ist für Fans ein Must Have.


 

 


Bewertung: 4.5 / 5.0
Autor: Hans Unteregger (25.02.2021)

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