BATUSHKA - Царю Небесный / Heavenly King

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VÖ: 19.03.2021
Bandinfo: BATUSHKA
Genre: Black Metal
Label: Witching Hour Productions
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Lineup  |  Trackliste

Eine merkwürdige Stille weht da über das vor kurzem noch von regem Treiben heimgesuchte Schlachtfeld namens BATUSHKA. Beide Kontrahenten, also sowohl Bartłomiej Krysiuk als auch Krzysztof Drabikowski, üben sich seit geraumer Zeit im Schweigen, wobei sich ersterer zuletzt mit dem Full-Length "Господи / Hospodi" (2019), der EP "Раскол / Raskol" (2020) sowie dem Live-Album "Черная Литургия / Czernaya Liturgiya" (ebenfalls 2020; dazu werde ich auch noch das ein oder andere Wort veräußern) in lebhafter Veröffentlichungslaune präsentierte, wohingegen zweiterer lediglich Mitte 2019 mit "Панихида" konterte und seitdem nur noch durch eine öffentlich gewordene Corona-Infektion präsent war. Wir können aber ziemlich sicher davon ausgehen, dass die Causa BATUSHKA immer noch verzwickt ist und zwischendrin wohl auch Metal Blade Records zu heikel geworden sein könnte, denn die jüngsten Releases liefen allesamt wieder über Witching Hour Productions, dem Label von Bartłomiej Krysiuk höchstselbst.

Während zeitweise eindeutig schien, wer denn nun der kreative Kopf hinter der ursprünglichen Version von BATUSHKA war und wer nicht, hat sich diese Wahrnehmung mittlerweile ein wenig neutralisiert. Als wäre es unanfechtbar nachgewiesen worden, galt Bartłomiej Krysiuk als der unfähige Antagonist und Krzysztof Drabikowski für lange Zeit als der Brave, der Beraubte - eine Rolle die er natürlich auch auszufüllen wusste. Für einen Teil der Fanbase erwartungsgemäß Grund genug, um ihm heroisch zur Seite zu springen und tröstend auf die Schulter zu klopfen. Das Problem dabei: Wir alle wissen nur, was öffentlich, nicht aber, was hinter den Kulissen ausgetragen wurde und dabei man kann nicht oft genug betonen, dass im Falle solcher Streitigkeiten nicht selten das Internet als Kulisse für allerlei dreckige Wäsche, Lügen, etc. missbraucht wird oder werden kann. Das ist einerseits natürlich immer noch besser als sich abzustechen, zumal man den Unterhaltungsfaktor einer Youtube-Satire à la "The Fable Of Two Batushkas" nicht unterschätzen darf, aber andererseits ist es nunmal ein Disput, in dem zwei offensichtlich feindlich gesinnte Persönlichkeiten Recht haben und zugesprochen bekommen wollen, weswegen man in Betracht ziehen muss, dass dabei alle Register gezogen werden.

Dadurch entsteht - wie könnte es anders sein! - zwangsläufig die Frage, ob die Musik dieses Schauspiel auch rechtfertigt. Aber muss sie das überhaupt? Ich denke nicht. Und wie man unschwer erkennen kann, wächst auf toter Erde mittlerweile sogar wieder Gras; wohl auch deshalb, weil nicht mehr ständig mit Gift gedüngt wird. Wie lange dieser scheinbare Zustand des Waffenstillstandes anhalten wird, bleibt selbstverständlich abzuwarten, aber ich nehme an, dass beide Parteien grundsätzlich gut damit beraten sind, diesen so lange wie möglich aufrechtzuerhalten und alles andere weiterhin seriös auf gerichtlicher Ebene fortzuführen. Klärungsbedarf dürfte jedenfalls immer noch bestehen. Einen entscheidenden Vorteil hat das aber allemal: Die sensationsgeilen Hörer*innen wenden sich ab oder konzentrieren sich nun doch immer häufiger auf den musikalischen Teil, weil man ihnen dadurch nachhaltig die Möglichkeit entzog, das World Wide Web mit schwachsinnigen Ferndiagnosen zu belagern.

Und damit können wir dann auch kurz und bündig über "Царю Небесный / Heavenly King", die neue EP von Bartłomiej Krysiuks BATUSHKA, sprechen. Verpasst man etwas, wenn man diese auslässt? Möglicherweise. Wird man gut unterhalten, wenn man diese nicht auslässt? Definitiv. Das Konzept jedenfalls hat sich noch nicht abgenutzt und funktioniert deshalb natürlich genauso gut wie auf "Господи / Hospodi" und "Раскол / Raskol". Machen wir uns nichts vor: Die momentane Releasefrequenz wird höchstwahrscheinlich einem Konzept, einem "Hintergedanken" folgen. Der Idee, sich bis zum finalen Urteil ein gewisses Standing erarbeitet zu haben, beispielsweise. Trotz dessen sind Qualität bzw. Umsetzung bemerkenswert, wenn man da etwa an das wertige Streaming-Event "Черная Литургия / Czernaya Liturgiya" denkt, das sowohl die letzte EP als auch das vorangegangene Album jeweils in voller Länge vertont und verbildlicht - übrigens auch kostenfrei auf dem Youtube-Kanal der Band. Krysiuk hat eine schlagkräftige Band um sich geschart, die stilsicher agiert. Kritiker werden stattdessen von einer Vokabel wie emulieren Gebrauch machen, aber mit "Царю Небесный / Heavenly King" festigt man mittlerweile einen eigenständigen Stil zwischen bekannten Trademarks (beschwörende Chöre, ritualistische Atmosphäre, etc.), höheren Doom- wie auch Death-Metal-Anteilen und gut eingebundenen Gastbeiträgen regionaler Folk-Künstler.

Um die Causa BATUSHKA - zumindest von meiner Seite bzw. für mich persönlich - abzuschließen: Mir gefallen beide Mutationen, um bei einer zeitgemäßen (?) Formulierung zu bleiben. Sollte dieser Clinch jemals für beendet erklärt sein, wird sich zeigen, wer weiterhin unter dem Namen BATUSHKA firmieren darf und wer nicht. Aktuell ist jedenfalls alles dazu gesagt. Das wiederum zwar noch nicht von jedem, aber das Bedürfnis zum gen Null tendierenden Erkenntnisgewinn sinkt weiterhin rapide - zum Glück. Klar, schlussendlich hat das Theater auch mir einige Zeilen abgerungen, was mich aber mehr beschäftigte als die eigentliche Auseinandersetzung, waren die Aspekte, dass all das ohne die modernen Auswüchse des Cyberspace überhaupt nicht funktionieren würde sowie das dieser Tatsache inhärente, reflexartige Parteiergreifen für die eine oder andere Seite ohne Grundlage. Genauso wie Papier ist nämlich auch das geschriebene Wort im Internet oftmals sehr geduldig, wobei sich das Schwarz-Weiss-Muster selten als geeigneter Berater entpuppt. Löst man sich erfolgreich davon, ist auch "Царю Небесный / Heavenly King" ein grundsolider, charismatischer Output, der seinen Ursprung nicht leugnen und trotzdem eigene Akzente setzen kann.



Ohne Bewertung
Autor: Pascal Staub (22.03.2021)

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