DVNE - Etemen Ænka

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VÖ: 19.03.2021
Bandinfo: DVNE
Genre: Progressive Metal
Label: Metal Blade Records
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Lineup  |  Trackliste

Was ist da faul im Staate Schottland. Rezensierte kürzlich eine sehr leiwande neu formierte Prog-Band aus Edinburgh, und flugs flattert die nächste äußerst exquisite Scheibe aus der Hauptstadt der Kiltträger und Dudelsackbläser auf meinen digitalen Schreibtisch: DVNE, die ihrem Longplayer  den Namen „Etemen Aenka“ zueigneten. Apropos faul. Warum die Band Maische, die burgenländische Antwort auf eh alles, nicht mehr unter den Lebenden verweilt, kann wohl von niemandem beantwortet werden, außer diesen üblichen persönlich künstlerischen Differenzen. Um die Karten auf den Tisch zu knallen. „Etem Aenka“ ist wieder ein Konzept-Album und eines aus der Kategorie, das euch die Ohren schlackern lässt und das gleichermaßen text- wie musikbezogen.

„Enuma Elis“: Es dauerte erst mal, bis der Motorsegler bereit für die See war. Dachte die Datei war kaputt, weil 39 Sekunden nichts als wellenartiges Rauschen an mein Ohr drang. Hab in dem ganzen Lied keinen einzigen geraden Takt erhört und ehrlich gesagt, mag ich es ja, wenn ich konzentriert zähle, um diesen oder jenen Takt zu eruieren und es irgendwann aufgebe, weil, ja leiwande, Musi. Sollen sich doch babylonische Götter darum streiten, weil „Enuma Elis“ die Geschichte des steinalten, so Kategorie Keilschrift, babylonischen Schöpfungsmythos erzählt. Tafel 4: Marduks Inthronisation und flugs packt er alle Waffen aus, die es damals auszupacken gab. Peace, man.
Der Duktus wird sowohl rhythmisch wie gesanglich mehrmals gebrochen. Klitzekleiner Kritikpunkt ist der gescreamte Gesang, er uns von anderen Gottesboten na ja, sagen wir mal eindringlicher dargeboten wurde. Der Kampfschrei eines babylonischen Gottes sollte doch dem eines erzürnten Orang-Utans überlegen sein.

„Towers“: Der Einstieg folgt abrupt. Es wurde ein sehr dichte Klangteppich gewoben. Wieder nur ein kleiner Kritikpunkt, der gescreamte Gesang. Stelle mir vor Tatiana Shmailyuk von JINJER würde hier ins gesangliche Steuerruder greifen. Wer sollte diese Phalanx aufhalten können?

„Court Of The Matriarch“: Hoffe, das Gericht spricht den Sänger nicht schuldig, denn vor allem in den langsamen Passagen passt der Gesang sehr gut ins Konzept. Musikalisch sind wir hier im Reinen.

„Weighting Of The Heart“: Nichts ist Befriedigender im musikalischen Bereich, als positiv überrascht zu werden. Mit diesem Lied, das sozusagen, einen Bruch des gesamten zu erwartenden bedeutet, wurden unsere Ohren gehörig beansprucht. Wunderbares Lied, das in etwas mehr als drei Minuten auf einer immer wiederkehrenden Sequenz aufgebaut ist. Was ist das: Keyboard, dann Gitarren, eine Stimme. Wo bleiben die Posaunen von Jericho, hm?

„Omega Severer“: Um es auf den Punkt zu bringen. Wow, großartiges Lied, anhören, in glitzernde musikalische Welten eintauchen. Purple Haze was in my Brain. Wir haben Gott gesehen. Tränen kullerten von meinen Wangen und hoben den Salzgehalt des Meeres. Wir sind im Flow. 10:14 Minuten. Was, schon aus die Maus? Noch dazu fast ein wenig zu eingängig für die Verhältnisse von DVNE. Das Lied ist durchwegs in 8/4-Takten gehalten ist. Alleine für den Text und die musikalische Umsetzung müsste hier ein 20-seitiger Aufsatz angefügt werden. Weil aber der Cheffe meint, sowas gehe nun wirklich nicht: voilà, das Video.



„Adræden“: Während des ganzen Liedes wummert es aus Synthesizern, aufgepeppt durch Gitarrenklänge, die sozusagen als Füllstoff fungieren.  Nicht die geringste Ahnung, was sich DVNE dabei gedacht haben, aber es passt einfach.

„Si-XIV“: Sehr gute Spannung zwischen heavy und soft, vor allem der cleane Gesang schmiegt sich schön an den gesanglichen Untergrund. Endungen und Wendungen ohne Ende.



„Mleccha“: Ähnlich wie bei „Omega Severer“ ein großes Lied, das uns abwechselnd heavy und soft umgarnt, atmosphärisch sehr dicht und abwechslungsreich, so stelle ich mir progressiv Metal 2021 vor.

„Asphodel“: Wieder ein Lied das überrascht, der Asphodeliengrund, ein Teil der griechischen Unterwelt erstrahlt im neuen Glanze femininen Klargesangs. Da wollen wir nicht nachtragend sein, dass es fast eine Minute dauert, bis überhaupt Geräusche erkannt werden, die als Musik bezeichnet werden können, ein dreiviertel Minuten später, setzt eine Gitarre ein und dann ist eh fast das Ende erreicht.

„Satuya“: Zum letzten instrumentalen Lied weiß ich gar nichts mehr zu schreiben, es durchdringen einen Schallwellen in einer Schönheit, dass man paralysiert zurückbleibt und sich fragt, warum diese verfluchten Schotten so gut sind.

Fazit: Es gibt Alben, etwa von den SMASHING PUMKINS: „Mellon Collie and the infinite Sadness“. Ein stilistisches Durcheinander ist das, Kraut und Rüben allen Endes und trotzdem ist dieses Album ein in sich geschlossenes Kunstwerk. DVNE knüpft Jahrzehnte später hier an. Es ist Mythos, Magie, musikalisches Meisterwerk in einem und das Beste, das ich 2021 zu hören bekam. 5 Punkte, okay, kleiner Schönheitsfehler, der gescreamte Gesang, einigen wir uns auf eine 4,5-Punkte-Wertung.

 



Bewertung: 4.5 / 5.0
Autor: Richard Kölldorfer (23.03.2021)

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