BODOM AFTER MIDNIGHT - Paint The Sky With Blood

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VÖ: 23.04.2021
Bandinfo: BODOM AFTER MIDNIGHT
Genre: Melodic Death Metal
Label: Napalm Records
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Lineup  |  Trackliste

Sehr gut kann ich mich an ihn erinnern, den vergangenen Weihnachtsurlaub, in dem man für einige Tage das Seuchenjahr 2020 ausblenden konnte. Man hatte viel Zeit und Muse für Musik, Games, Filme und allerhand anderen Schabernack, für den man zuvor immer mal wieder temporär die Leidenschaft verlor, weil es eben kaum Aussicht auf Besserung gab. Doch dieser glückselige Zustand sollte abrupt abreißen, als sich am 04. Januar des jungen Jahres eine erschütternde Nachricht durch die sozialen Medien und diverse Foren verbreitete: Alexi Laiho, der für meine musikalische Sozialisation wohl wichtigste Künstler überhaupt, ist verstorben. Kurz wollte ich es nicht glauben, doch es bestand kein Zweifel daran. Nicht der geringste. Zu schnell breitete sich diese Nachricht aus.

Im Nachhinein könnte man wohl auch sagen, dass sich das vage andeutete, da Wildchild selbst allerspätestens seit der Promotion zu "I Worship Chaos" kein Geheimnis mehr daraus machte, dass der exzessive Alkoholkonsum in jungen Jahren bedeutende Spuren hinterliess, und er bereits auf den Pressefotos zu "Hexed" erschreckend mager aussah. Aber eigentlich ist das bestenfalls nebensächlich: Alexi Laiho war, ist und wird auch weiterhin ein Künstler, vor allem aber auch ein Mensch sein, der vielen Menschen eine Freude machte, macht und auch weiterhin machen wird. Ein Künstler, der mit seiner Band einen vollständig eigenständigen Sound entwickelte und mit seinem Gitarrenspiel etliche (aufstrebende) Gitarristen beeinflusste, beeinflusst und beeinflussen wird. Ein Mensch, der anderen Menschen dabei half, ihre innersten Probleme zu bekämpfen, indem er seine eigenen bekämpfte. Ein Mensch, der bis zum Ende, bis zum "Downfall", für die Musik lebte. Eine Legende durch und durch.

Egal ob mit CHILDREN OF BODOM oder bald auch mit BODOM AFTER MIDNIGHT, die auf "Paint The Sky With Blood" die zwei letzten Songs aus seiner Feder vorstellen werden - das musikalische Vermächtnis wird immer bestehen bleiben und an einen Menschen erinnern, der sich über zwanzig Jahre im Studio den Arsch aufriss und die große weite Welt live bespielte. Und ist da auch so manches Video, das für Schmunzler sorgt(e). Unterhaltsam z.B. der Moment, als er als Straßenmusikant freundlich von der Polizei abgeführt wurde, weil sich Passanten von der Musik gestört fühlten. Perlen wie diese wird findet man etliche auf Youtube und Co..

Ich selbst bin kein Musiker geworden, doch wenn ich heute ein "Hatebreeder" oder "Follow The Reaper" einlege, spüre ich immer noch dasselbe Kribbeln wie vor weit über zehn Jahren. Es fällt mir schwer, in adäquate Worte zu fassen, was ich empfunden habe, als CHILDREN OF BODOM bei tosendem Regen ihr geiles Oldschool-Set auf dem Summer Breeze Open Air 2017 gespielt haben. Da ist nicht nur eine Freudenträne geflossen, die man aufgrund der Wettersituation nicht sehen konnte. Ebenjene Tränen, dieses Mal allerdings aus Trauer, sind auch hinabgeronnen, als die Spielzeit der "Paint The Sky With Blood" verstrich und ich zum ersten Mal vollumfänglich realisierte, was da eigentlich am 04. Januar passiert ist. Die EP ist eine fantastische Zeitreise und wenn ich ehrlich sein soll, muss ich auch konstatieren, dass nicht mal "Hexed" so frisch, ehrgeizig und leidenschaftlich klang wie BODOM AFTER MIDNIGHT mit den neuen Kollegen Mitja Toivonen und Waltteri Väyrynen, die der EP durch eine ungeahnte Power und Spielfreude eine Dimension geben, die man CHILDREN OF BODOM in dieser Form - trotz weiterhin guter Alben - nicht mehr anmerkte. Der Titeltrack ist ein geiler Querschnitt aus den Alben bis einschließlich "Hate Crew Deathroll" und das anschließende "Payback's A Bitch", das einen anfangs noch mit moderneren Erinnerungsstücken auf die Falsche fährte lockt, mündet nach eineinhalb Minuten in einen fast schon schwarzmetallischen, symphonischen Gänsehaut-Part, der mit einem der berüchtigten Duelle zwischen Gitarre und Keyboard endet. Dass man sich dann auch noch einen DISSECTION Klassiker wie "Where Dead Angels Lie" zueigenmacht, rundet diese erstklassige EP ab.

Wie sagt man so schön? The sky is the limit. Das hätte auch auf BODOM AFTER MIDNIGHT zutreffen können, wenn der Schnitter nicht frühzeitig zugeschlagen hätte. Es ist in vielerlei Hinsicht wirklich traurig, besonders beschämend ist aber die mehr oder minder öffentliche Schlammschlacht um die Todesursache, das Begräbnis, etc. pp.. Tut oder tat das wirklich Not? Das müssten die beteiligten Parteien wahrscheinlich besser einschätzen können, einen faden Beigeschmack hinterlassen derartige Scharmützel aber trotzdem. Viel schöner finde ich da, dass CHILDREN OF BODOM aktuell in der Erinnerungskiste kramen und auf Social Media diverse Anekdoten mit der Außenwelt teilen. Und die "Paint The Sky With Blood"-EP ist der ideale musikalische Schlusspunkt für die bewegte Karriere einer Legende.

Ruhe in Frieden, Alexi!



Ohne Bewertung
Autor: Pascal Staub (20.04.2021)

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