SEVENTH CRYSTAL - Delirium

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VÖ: 14.05.2021
Bandinfo: SEVENTH CRYSTAL
Genre: Melodic Metal
Label: Frontiers Records
Lineup  |  Trackliste

Schon irre die Musikszene in Schweden: Mit SEVENTH CRYSTAL aus Göteburg steht erneut eine brandneue Band mit internationaler Qualität am Start, um die Hörorgane von Fans des melodischen Metals zu beglücken. Entstanden ist die Band als Sänger Kristian Fyhr ein Solo-Projekt auf die Beine stellen wollte und schnell merkte, dass er doch lieber weitere Musiker mit an Bord haben will. Ein zuvor begonnenes Bandprojekt namens PERPETUAL ETUDE beendete er für SEVENTH CRYSTAL. Bandkopf Kristian sagt im Interview mit STORMBRINGER, dass ihm beim Songwriting vor allem Hooks wichtig sind. Und das hört man ihrem Debütalbum „Delirium“ auch an: Hooks, also Melodien, die sich schnell festkrallen beim Hörer, gibt es reichlich.

Los geht die Hook-Party mit „Say What You Need To Say“. Gleich auffällig: Die Texte sind alles andere als klischeehaft, sondern reflektieren über die großen Themen des Lebens. Das ist ein nettes Add-on und verleihen der Musik mehr Tiefe. Nicht, dass diese es benötigt, denn die Musik ist recht vielschichtig. Manchmal zu vielschichtig: Die irritierend aggressive Bridge vor dem Refrain bei „Say What You Need To Say“ ist eine Varianz zu viel. Davon ab kann der Song, der zwischen moderner harter Rockmusik und AOR der 90er pendelt, einiges. Allzu dünne Backing-Vocals bei „When We Were Young“ können der dennoch schön vorantreibende Nummer kaum etwas anhaben. Mit fetziger Gitarre zu Beginn, netten Hooks in den Strophen und spacigem Hintergrund-Lead (wo man sich fragt, ist das eine mit Effekten verzerrte Gitarre oder ein Keyboard?) versprüht der Song viel gute Laune.

„Broken Mirror“ nimmt deutlich das Tempo raus und ist trotz des großen Gesangstalents von Kristian Fyhr eine 08/15-Halbballade. Das Titelstück hat bessere Ansätze und klingt sehr nach moderner Rockmusik der Marke LINKIN PARK. Das getragene „When I´m Gone“ langweilt etwas mit seinem bedeutungsschwangeren Pathos. Halb-Balladen scheinen nicht so das Ding der Band zu sein, beziehungsweise von Songwriter Fyhr. Mitreißende Melodien sucht man vergebens. Bei „Should´ve Known Better“ ist der Refrain fluffig-locker mit Potenzial für einen typischen modernen Radio-Rocksong in Dauerrotation. Ziemlich poppig und seicht, flutscht aber gut ins Ohr.

Dass es SVENTH CRYSTAL richtig draufhaben, zeigen sie mit „So Beautiful“: Grandios gesungener Einstieg mit kristallinem Piano, flugsem Tempowechsel mit mitreißender Gitarren-und-Drums-Rhythmik sowie Detailverliebtheit durch kleinere Spielereien wie kurze, variable Backing-Vocals oder ein aus-, und eingeschalteter Hall beim Gesang. Oder ein Soundsample, das an eine Rassel erinnert. Und auch der kurz in den Vordergrund tretende Bass ist eine nette Note. Vor allem aber hat die Hauptmelodie alles, was gemeint ist, wenn man das Wort „catchy“ gebraucht. Generell ist der Song einfach toll gesungen. Dazu ist der Solo-Teil äußerst geschmackssicher. Stark.

Nach diesem Höhepunkt kommt „Time To Let It Go“ etwas verschachtelter und deutlich härter daher, baut sich aber mit jedem Durchgang zu einem Ohrwurm auf. Der Aufbau hin zum Refrain tönt sehr modern. Hier ist nix mit 90er-Jahre-Musik, das ist topaktuelle Rockmusik, singulär flankiert durch harte Gitarren. „Deja Vu“ steigt sehr pompös ein, gibt dann Fhyrs Gesang viel Raum, den er unglaublich gut nutzt. Weite Range, emotional und doch mit Punch. Für Liebhaber melodischer Rockmusik ist das hier Kredenzte eine echte Perle. Nicht zu Unrecht benannte Fyhr im Interview diese Nummer als eine seiner Favoriten des Albums.

„Bright And Clean“ hat es dann nicht ganz leicht, dagegen anzukommen. Die Melodien wirken etwas melancholisch und wieder wurde viel Wert auf Details gelegt, was man nicht nur am Schlagzeug-Spiel und der Gitarren-Arbeit festmachen kann (hier ein schickes Fill, dort ein nettes Lick). Am besten gefallen die Backing-Vocals, die schön catchy sind und es gefällt auch, dass der Song hinten raus irgendwann Tempo aufnimmt. Entspannte, coole Nummer. Die abschließende Ballade ist gesanglich erneut über alle Kritik erhaben, gibt einem aber überhaupt nix. Leider überflüssig.

Zieht man die zwei Halb-Balladen und die eine Ballade ab und vielleicht noch „Broken Mirror“, ist „Delirium“ ein Debüt geworden, dass man zurecht als erstaunlich bezeichnen kann. Der Mix aus 90er-AOR, moderner Rockmusik und hier und da skandinavischem Melodic Metal ist äußert professionell produziert, mit viel Liebe zum Detail ausgearbeitet, langweilt nicht mit 08/15-Texten, sondern liefert Denkansätze und bietet vor allem viel Futter für Melodie-Liebhaber. Vor allem überstrahlt Sänger Kristian Fyhr mit seinem ersten größerem Recording mal eben große Teile der Konkurrenz. Dass der Mann nach eigener Aussage keinen Gesangslehrer hatte, ist angesichts dieser Leistung kaum zu glauben.

Lies hier unser Interview mit Kristian Fyhr über das neue SEVENTH CRYSTAL-Album "Delirium"



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: Tobias (12.05.2021)

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