CRYPTA - Echoes Of The Soul

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VÖ: 11.06.2021
Bandinfo: CRYPTA
Genre: Melodic Death Metal
Label: Napalm Records
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Lineup  |  Trackliste  |  Credits

Splits und Rosenkriege im Metal sind immer eine gefährliche Sache. Zwar gibt es auch hier Positivbeispiele wie die gelungenen Werke der beiden IMMORTAL-Splittergruppen, die die Sehnsucht nach einer Reunion der involvierten Streithähne nahezu verfliegen lassen. Weit öfter erlebt man jedoch, dass sich die Zerstrittenen mit ihren jeweiligen Neuprojekten einen regelrechten Überbietungswettbewerb leisten, bei dem das Niveau des gemeinsamen Ursprungs selten erreicht wird. Vor diesem Hintergrund haben mich die Werke der neu formierten NERVOSA und der aus dem Split hervorgegangenen CRYPTA nicht sonderlich gereizt. Auch die diesbezügliche Rezension meines geschätzten Kollegen Lustig war meinem Hunger nach Thrash-Reinkarnation nicht weiter zuträglich.

Da ich uns beide aber in gewisser Weise als eine Art eineiige Zwillinge betrachte, die abgesehen mal von zehn Jahren Altersunterschied, der Abwesenheit äußerlicher Ähnlichkeiten und gravierenden Unterschieden in den Beantwortung der wirklich wichtigen Fragen des Lebens (wie der Rezeption zeitgenössischer BURNING WITCHES-, HELLOWEEN- und BABYMETAL-Platten) in sehr vielen Punkten die selbe Meinung vertreten, sehe ich es als meine erste Bürgerpflicht an, das mit besagter Kritik eröffnete Werk zu vollenden und meinen Senf zum CRYPTA-Debüt "Echoes Of The Soul" zum Besten zu geben.

Und da ich in unserem geübten Duett zumeist den "good cop" gebe und für guten Death Metal sowieso immer zu haben bin, stürzte ich mich fröhlich hinein ins internationale Vergnügen. Doch wer beim Sprung vom Fünfmeterbrett versäumt, zuvor den Wasserstand im darunter befindlichen Becken zu prüfen, riskiert eine harte Landung - so auch der Verfasser im Fall der ersten CRYPTA-Langspielers. Denn auch, wenn die beiden Splitterparteien nunmehr getrennte Wege gehen und sich CRYPTA überdies einer angeschwärzten, VADEResken Spielart des Death Metal verschrieben haben, so haben sie doch eine Sache gemeinsam: einen ausgebildeten Sinn für Risikovermeidung. Denn was unser lustiger Ernst in Bezug auf den aktuellen NERVOSA-Dreher als "13-teiliges Sicherheitspaket" resümierte, kann ich auch eins zu eins für das CRYPTA-Debüt unterschreiben. Die Mädels haben technisch einiges auf dem Kasten, das steht außer Frage. Auch die Songs an sich können was... doch von elektrisierendem Death Metal sind sie noch weit entfernt. Der Quasi-Opener "Starvation" z.B. ist der Inbegriff generischen Songwritings und lässt meine nach Gewalt dürstenden Gehörgänge regelrecht "verhungern". Und eben dieser Eindruck verfestigt sich mit jedem Track der Platte. Kleinere Lichtblicke sind die profunden Heavy-Metal-Einlagen und Tappings in "Starvation" oder "Possessed" (die hart spekuliert möglicherweise auf Sonia Anubis [ex-BURNING WITCHES] zurückzuführen sind)... aber das alleine ist mir für ein mitreißendes Death-Metal-Schlachtfest zu wenig. Immerhin gibt es mit dem melodeathigen "Kali" und "Death Arcana" zwei echte Hinhörer - auch wenn zweitgenannter deutlich hörbar in der Danziger Bucht fischt.

Der erste Eindruck hat sich demnach verfestigt. "Echoes Of The Soul" ist kein schlechtes Album, aber weit weg von dem Potenzial, das man von so erfahrenen und erfolgreichen Musikerinnen wie Fernanda Lira und Co. erwarten kann. Bis auf die wenigen Ausnahmen wie "Kali" fehlen hier einfach der Reiz und Biss. Die Scheibe ist zu wenig melodisch, um zu verzücken, zu wenig brutal, um zu schocken und zu wenig abwechslungsreich, um über die volle Distanz interessant zu bleiben. Oder wie es jüngst bei "Perpetual Chaos" hieß: "Wo ist der Biss? Wo ist der Hunger? Wo ist der Mut?" Vielleicht war es auch einfach zu früh... zu früh für "Perpetual Chaos" und "Echoes Of The Soul". Die Zeit wird es zeigen.



Bewertung: 3.0 / 5.0
Autor: Lord Seriousface (23.06.2021)

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