AGRYPNIE - Metamorphosis

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VÖ: 30.07.2021
Bandinfo: AGRYPNIE
Genre: Black Metal
Label: AOP Records
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Lineup  |  Trackliste

Metamorphose, die: Egal ob in Zoologie, Geologie, Botanik oder Philosophie - in jeder dieser Wissenschaftsdisziplinen bedeutet die Metamorphose eine Umwandlung, Umbildung oder Anpassung. Für AGRYPNIE macht ein Albumtitel wie "Metamorphosis" also unstreitbar Sinn, denn es hat sich, wie so oft im langzeitlichen Bestehen der Band, etliches verändert - mal wieder, muss man hinzufügen. Nach dem grandiosen "Grenzgænger" kam es nicht nur zu den fast schon üblichen Besetzungswechseln, nein, auch stilistisch gibt es, wohl auch wegen ebenjener Wechsel, kleinere Modifizierungen. Man könnte also auch behaupten, dass bei AGRYPNIE alles beim Alten sei, denn wenn in deren Sphäre eine Konstante existiert, dann wohl die der steten Veränderung.

Das spürt man schon beim Einstieg, der auf vorigen Releases in verschiedensten Variationen gestaltet wurde: Mal mit Akustikgitarren ("Exit"), mal mit Dark Ambient ("16[485]" und "Grenzgænger") und auf "Aetas Cineris" verzichtete man bis auf kurz gehaltene Synthies gar gänzlich auf den klassischen Prolog. "Wir Ertrunkenen - Prolog" führt die abwechslungsreiche Tradition jedenfalls fort und leitet mit drohend-düsteren, symphonischen Streichern das 68-minütige "Metamorphosis", was dem cineastischen Feeling des Albums durchaus zuträglich ist. Cineastisch deshalb, weil man trotz einiger Genretransitionen über eine Stunde lang in einem beklemmend-kaltem Streifen über die Abgründe des Menschseins gefangen ist - oder genau genommen gefangen sein will. Die stilistische Spanne reicht dabei von pointiertem Melodic Death Metal ("Wir Ertrunkenen") über mal unheildrohenden, mal melancholischen Post-Metal ("Am Ende der Welt -Teil 1", "Skulptur aus Eis" und "3327") bis hin zu zähflüssigem Dunkelmetall ("Untergang") und erreicht dabei - ich traue meinen eigenen Worten kaum - noch depressivere Tiefen als das ohnehin schon verzweifelte "Grenzgænger".

"Metamorphosis" ist dementsprechend keine leichte Kost. Die zahlreichen Lead-Melodien bohren sich bis in den Kern der Seele vor, die Drums des österreichischen Neuzugangs Florian Musil, von dem ich anfangs noch dachte, er agiere eine Spur zu übermotiviert für diesen Stil, hämmern auf markante Weise unerbittlich auf die fragile Psyche und Physis ein, und Torsten legt am Mikrofon erneut alles und noch mehr aus sich und seinem Innenleben frei, was u.A. in "Melatonin" besonders intensiv nachzuempfinden ist. In diesem Subgenre existieren, wie ich schon in meiner Rezension zum Vorgänger dargelegt hatte, unzählige Projekte und Bands, doch die Intensität und Authentizität von AGRYPNIE bleibt bis auf ganz wenige Ausnahmen unerreicht. Wenn man "Metamorphosis" hört, entfaltet sich eine Atmosphäre aufreibender Unbehaglichkeit, als wache man mitten im eisigen Ozean auf, verzweifelt und panisch nach Luft ringend nach dem rettenden Ufer suchend. Man leidet mit der Musik und den Künstlern, die diese erschaffen haben - großartige Kunst.



Bewertung: 4.5 / 5.0
Autor: Pascal Staub (27.07.2021)

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