EASTERN HIGH - HALO

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VÖ: 30.07.2021
Bandinfo: EASTERN HIGH
Genre: Progressive Metal
Label: Eigenproduktion
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Lineup  |  Trackliste

Während es im Westen nichts Neues gibt, scheint es im Osten hoch herzugehen. Denn EASTERN HIGH, die ja fast aus dem östlichsten Land Europas, nämlich Schweden, stammen, bringen ihre zweite Scheibe "HALO" in Eigenregie auf den Markt. Natürlich sind die Nordeuropäer, um das mal hier richtigzustellen, auf der ganzen Welt für ihre Musikexporte rund um den Metal bekannt und dieser langen Tradition schließen sich auch EASTERN HIGH an. Progressive Geräusche metallener Klangfarbe warten sehnlichst den Weg in das Gehör zu finden und so viel vorab, es lohnt sich, den Svensson-Brüdern und ihren Mitmusikern zu lauschen, was diese aus dem nicht mehr so kalten Norden in das mitteleuropäische Sommerklima hinauslassen. 

Bei dem Opener "Erosion Of Hearts" geht es keineswegs um Eisenmangel im Blut, sondern vielmehr um das generelle Erkalten des muskulösen Zentralmotors der menschlichen Geisteshülle. Mit einem Intro, welches stetig mehr an Spannung gewinnt, bis es endlich in ein treibendes Gitarrenriff kulminiert und auch der Gesang einsetzt, macht die Scheibe direkt Lust auf mehr. Noch bleiben die ganz harten Töne unangeschlagen und der Refrain begnügt sich mit einer sehr melodischen Atmosphäre. Gerade in der zweiten Strophe tritt die Musik kurz in den Hintergrund, um einer Erzählerstimme den Raum zu gewähren, der nötig ist, um die textliche Botschaft nochmals klar zu formulieren. Das Stück ist insgesamt sehr stimmig und facettenreich, so wie man es auf einem Prog-Metal-Album haben will. Vor allem am Ende dürfen noch mal die wummernden Gitarren ran und die Hörer*Innen ganz für sich einnehmen. 

Ohne große Umschweife startet der zweite Song "Emperor" direkt mit einem packenden Riff und der Kopf bewegt sich mit der ersten Note vor und zurück. Der Refrain nimmt das Tempo etwas raus, leitet damit aber perfekt auf das bekannte Riff zurück. Vielleicht bildet das Stück somit auch den Kampf von geistlicher Gesundheit gegen den Wahnsinn ab. Mag etwas zu weit dahergeholt klingen, aber allein der Gedanke macht den Track noch kompletter. Auch dieses Stück ist also in sich absolut gelungen, auch die harten Riffs dürfen zum Ende nochmal was von sich geben, um das musikalische Thema des Songs beizubehalten. 

Wer noch nicht genug von Texten rund um Corona hat, der wird sich sehr mit "Notorious Enemy" zufriedengeben können, aber auch diejenigen, die nur für geniale Gitarrenmusik Gäste auf der Party sind, werden sich freuen. Harte Riffs und die ersten geschrienen Passagen des Albums machen ordentlich Druck und wirken fast wie eine Kriegserklärung an das Virus, oder zumindest wie eine Art Selbsttherapie gegen die immer noch aktuellen Umstände. Wenn Musik gegen Corona impfen könnte, wären die Jungs auf jeden Fall nah dran. Passend zu der langen Reise, die wir mit diesem Semi-Organismus haben, wallt langsam der nächste Track namens "Journey" heran.

Bei diesem Begriff haben sich unsere Skandinavier allerdings eher an den Wikingern orientiert, die Amerika entdeckten. Die Musik passt unfassbar gut zum Thema. Man kann die gehörnten Gallionsfiguren quasi auf die Küste zusteuern sehen und die fast gruselfilmähnliche Atmosphäre der Musik taucht die Szenerie in eine Düsternis, die sich erst im Verlaufe des Songs etwas legt. Die Gitarren sind ab der Mitte des Stücks nicht mehr so tief unterwegs und auch der klare Gesang sorgt dafür, dass sich der Song öffnet. Aber wie schon zuvor wird hier zum Ende abermals das musikalische Thema des Songs, welches sich zu Beginn etablierte aufgegriffen und mit einem wummernden Bass entlässt das Stück uns aus der Traumreise in den Song "Morning Star". 

Von der Reise der Wikinger geht es thematisch nun zu einem Spaziergang im All, dieser ist ja vor allem bei Milliardären aktuell sehr beliebt. Textlich stellt sich hier die Frage, wie allein wir wirklich sind. Also viel Spaß an alle Fans des Fermi-Paradoxon. Musikalisch ist auch dieser Song wieder sehr gelungen. Gerade der gedoppelte Gesang gibt dem Stück durch den vermeintlichen Hall eine Weite, die sehr gut zum Thema passt und natürlich bleiben sowohl die Riffs als auch die Soli eingängig und mitnickbar. Zum Ende darf auch wieder geschrien werden, vielleicht auch um Kontakt zu extraterrestrischen Lebensformen aufzunehmen. 

"Dystopia" geht direkt in die Vollen. Zu den Lyrics muss man wohl kaum ein Wort verlieren, bei einem derart klaren Titel. Die Musik ist zum Glück nicht dystopisch, wobei das ja auch subjektiv ist. Denn wie erwartet dürfen versiertes Gitarrenspiel und auch gute Drums nicht fehlen. Dicht gefolgt von Dystopie kommt nun, wie könnte es anders sein, der Titeltrack "Halo". Fast ein wenig mysteriös führt uns das kurze Intro in den Song hinein, der, laut Band, mehr Fragen stellt als er beantwortet. Episch baut sich der Song auf und gewinnt immer mehr an Fülle. Der Refrain mutet fast orchestral, ja psychedelisch an, die Strophen hingegen bleiben von harten Gitarren geprägt, die sich von dem eher ruhigen Gesang nicht in ihrer Tiefe erschüttern lassen. Langsam und so mysteriös wie er begann, faded der Song aus und macht Platz für das letzte Stück "Ahes to Ahes".

Diese ist mit Abstand das ruhigste auf der Platte und auch textlich am melancholischsten. Dabei ist die Gesangsstimme jedoch eher fast aufmunternd, während der Song über den Verlust von geliebten Menschen philosophiert. Ein emotionaler und gelungener Abschied, den EASTERN HIGH hier finden und das nicht ohne nochmal einige beeindruckende Gitarrensoli und das obligatorische Piano einzustreuen. 

Obschon eine solche Ballade natürlich ihre Vorzüge hat, sind es vor allem die harten Stücke, die hier wirklich zu begeistern wissen. Die Varianz der einzelnen Stücke, die alle in sich, aber eben auch gemeinsam als Platte funktionieren ist clever umgesetzt. Jeder Song hat sein textliches und musikalisches Thema und reißt somit mit. Wie hoch EASTERN HIGH noch hinauskommen wird zu beobachten sein, für einen Heiligenschein reichts dann vielleicht auch irgendwann im Metalolymp, wobei Hörner sowieso angesehener sind, wenn man drüber nachdenkt. 



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: Joel Feldkamp (26.07.2021)

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