MASSACRE - Resurgence

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VÖ: 22.10.2021
Bandinfo: MASSACRE
Genre: Death Metal
Label: Nuclear Blast GmbH
Lineup  |  Trackliste

Einen gewissen Legenden-Status kann man MASSACRE ohne Probleme zuschreiben, schließlich gilt die Combo aus Florida als Mitbegründer des Death Metal. Nachdem es bei der Band MANTAS (später umbenannt in DEATH) zum Streit zwischen Chuck Schuldiner, Kam Lee und Rick Rozz kam, gründeten die beiden Letztgenannten 1984 MASSACRE. 1987 ging Rick Rozz zurück zu Schuldiners Band und nahm gleich noch Drummer Bill Andrews und den Bassisten Terry Butler mit. Wohl auch, weil DEATH bereits einen Plattenvertrag hatten. Der übrig gebliebene Shouter Kam Lee stand plötzlich ohne Mitmusiker da und musste sich ein komplett neues Line-Up suchen. Nach drei Demos (im Jahr 1986, 87 und 90), die den Geschichtsbüchern zufolge gut bei Tape-Tradern ankamen, ergatterte MASSACRE ebenfalls einen Plattenvertrag und veröffentlichte 1991 beim britischen Label Earache Records das Debütalbum „From Beyond“. Ein Klassiker des frühen Death Metal und eigentlich eine Steilvorlage für eine tolle weitere Bandkarriere. Aber Pustekuchen.  Nach einer EP 1992 und einer Best-of 1994 (nach nur einem richtigen Album wohlgemerkt!) floppte 1996 das Zweitwerk „Promise“ grandios und wurde von Fans wie auch Kritikern förmlich zerrissen.

Im Jahr 2007 fand eine einmalige Reunion-Tour mit Terry Butler (Bass), Kam Lee (Gesang), Steve Swansen (Gitarre), Sam Williams (Gitarre) und Curt Beeson (Schlagzeug) statt. 2008 folgte noch ein Auftritt beim Wacken Open Air. Vier Jahre später, also 2012, spielten MASSACRE in neuer Besetzung erneut beim WOA. Zu diesem Anlass veröffentlichte die Band eine neue 7" Vinyl EP. 2014 kam schließlich das Comeback-Album „Back From Beyond“ – allerdings ohne Lee am Mikro, sondern mit Edwin Webb (ex-DIABOLIC). Die Reaktionen hielten sich in Grenzen. Zwar wurden meist die Gitarrenriffs von Rick Rozz gelobt, wirklich übergesprungen ist der Funken bei Kritikern und Fans aber nicht. Wohl auch, weil die Erwartungen einfach zu hoch waren (kein Wunder, wenn man sie mit diesem Albumtitel noch extra schürte). Nur rund ein halbes Jahr später gab die Band erneut ihre Auflösung bekannt, da Sänger Ed Webb und Bassist Terry Butler die Band verlassen hatten.

Inzwischen sind sieben weitere Jahre vergangen und MASSACRE veröffentlichen wieder mit einer neuen Besatzung das Album „Resurgence“: Kam Lee sicherte sich 2019 gerichtlich die Rechte am Bandnamen und hat wie schon zu 80er-Jahre-Demo-Zeiten den Bassisten Mike Broders mit im Boot. Hinzu kommen die Gitarristen Rogga Johansson (PAGANIZER), Jonny Pettersson (GODS FORSAKEN, WOMBBATH, HENRY KANE) und Scott Fairfax (MEMORIAM, AS THE WORLD DIES) sowie Schlagzeuger Brynjar Helgeton (CRYPTICUS, THE GROTESQUERY). Als Gäste sind Marc Grewe (INSIDIOUS DISEASE), Dave Ingram (BENEDICTION), Anders Odden (CADAVER) und Pete Slate (DRUID LORD) zu hören. Die Platte wurde in Zusammenarbeit mit Produzent Dan Swanö (ex-EDGE OF SANITY, ex-BLOODBATH) aufgenommen, während Jonny Pettersson den Mix übernahm.

Der Albumtitel heißt übersetzt so viel wie „Wiederaufleben“: Per Titel also nochmal so etwas wie eine Comeback-Album. Und tatsächlich kann „Resurgence“ als legitimer Nachfolger von „From Beyond“ geadelt werden! Allein schon das dämonisch-atmosphärische Intro des Openers „Eldritch Prophecy“ und dann die einsetzende Gitarre – genau so hat MASSACRE zu klingen, werden ihre Fans ganz sicher jubeln. Sehr fett und old-school im Sinne von nicht digital glattgebügelt. Kam Lee zeigt, dass er zu einem der besten Growler weltweit gehört. Voller Kraft, finster klingend und immer wieder mit kleineren Variationen des Gebrülls. „Eldritch Prophecy“ ist vor allem wegen seiner einprägsamen Riffs, aber auch aufgrund der epischen Melodien (etwas, was schon „From Beyond“ von der Komnkurrenz abhob) gleich mal ein Death-Metal-Hit. Und ganz groß ist die Stelle bei 4:08 Minuten als Lee „Uuargh!“ brüllt und zehn Sekunden später shoutet: „I say it again: Uuargh!“ – einfach nur großartig!  

Beim folgenden „Ruins Of R'lyeh“ gibt’s akustisches Trommelfeuer mit einigen Tempowechseln, um groovige Parts einzustreuen. Die Nummer sticht insbesondere durch Lee`s Leistung am Mikro hervor, der mit einigen unheilvollen Screams klar macht, dass das hier nix für Zartbeseitete ist. Die Texte lagen zum Review zwar nicht vor, es soll sich aber alles um die unheimlichen Geschichten des Schritstellers H. P. Lovecraft drehen – die Texte und Musik dürften ziemlich sicher eine kongeniale Partnerschaft ergeben. Und so gut geht es weiter: Das Anfangs- und Hauptriff von „The Innsmouth Strain“ ist einfach messerscharfe Oberklasse, das allen Headbangern ein Grinsen ins Gesicht trümmert. „Whisperer In Darkness“ ist ein wütender Up-Tempo-Banger, bei dem gekonnt auch mal das Tempo herausgenommen wird – um so einen Schuss mehr Dynamik und Kontrast zum schnellen Geprügel zu bekommen.

„Book Of The Dead“ nimmt den Raserei-Faden auf und dreht noch etwas auf. Kranke Screams harmonieren prächtig mit den Gitarren-Riffs und -Leads. Und wem bei Minute 2:09 keiner abgeht, der sollte spätestens jetzt hier nicht weiterlesen, denn dann ist dieser Musikstil nix für ihn oder sie. Einfach nur krass! Nach den beiden Geschwindigkeitsbolzen könnte man nun etwas Drosselung erwarten. Aber nö. Nach einer langsameren Einleitung ballert „Into The Far-Off Void“ erneut drauf los – und lässt damit erstmals leise das Gefühl von „schon mal gehört“ aufkommen. Beim groovigen „Servants Of Discord“ bricht sich eine recht eingängige Gitarren-Refrain-Harmonie Bahn, die Potenzial für eine Langzeitwirkung hat. „Fate Of The Elder Gods“ braucht etwas mehr Durchläufe, um zu überzeugen, wobei Kam Lee erneut vielen der Konkurrenten am Mikro eine böse Harke über den Kopp zieht. So ein bisschen Abnutzungserscheinungen tun sich jetzt aber doch auf.

Und so ist es noch mehr ein Segen, dass mit „Spawn Of The Succubus“ der nächste Hit am Start ist. Gitarren-Riffs, die sich sofort ins Langzeitgedächtnis sägen und ein Refrain, der so simpel wie gut ist. Was braucht`s mehr? Naja, vielleicht einfach noch so eine Nummer? Okay, bitteschön: „Return Of The Corpse Grinder“, die Reminiszenz an die Debütalbum-Hymne „Corpsegrinder“, ist quasi der Bruder im Geiste und ebenfalls ein Hit. Und so stehen am Ende zusammen mit dem Opener mindestens drei Hits, wenn mit „Book Of The Dead“ nicht gar vier Hits zu Buche, zudem viermal starkes old-school Death-Metal-Geballer und nur zwei Nummern, die beim Hören etwas durchrauschen. Insgesamt ein Album, das die Genre-Klassikern nicht übertrumpft, sich aber immerhin mit ihnen messen kann und zwar sehr oft locker auf Augenhöhe.



Bewertung: 4.5 / 5.0
Autor: Tobias (21.10.2021)

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