HARPYIE - Blutbann

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VÖ: 28.01.2022
Bandinfo: HARPYIE
Genre: Mittelalter Rock
Label: Eigenproduktion
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Lineup  |  Trackliste

Ja, der hiesige Rezensent fabulierte schon häufig darüber, dass die diversen mittelalterlich orientierten Strömungen der harten Musik zwischendurch drohten in selbstlimitierter Belanglosigkeit zu versinken – und hob dabei immer wieder die löblichen Ausnahmen hervor. HARPYIE sind eine dieser Kapellen, denen es schon seit Jahren lohnt zu folgen, und die verlässlich alle zwei Jahre ein neues Studioalbum in die Regale wuchten. Nach dem witzigen Coveralbum-Zwischenspiel „Minnewar“ vom Vorjahr ist nun der legitime Nachfolger von „Aurora“ am Start – mit dem gewählten Titel „Blutbann“ darf man sich durchaus auf düstere Themen freuen. Wurde mit dem letzten Vollrund der Vergleich mit dem Genre-Urgestein SUBWAY TO SALLY hervorgekramt, so untermauern HARPYIE auf ihrem brandneuen Album, dass sie inzwischen musikalisch in derselben Liga spielen und ihre eigenen Trademarks entwickelt haben.

Das Intro des Openers „Blutbann“ präsentiert einen dezenten Elektro-Einschlag, ehe der Song derb und mit auf RAMMSTEIN-Tiefe gestimmten Gitarren losrifft und grummelnd-kantigen Industrial mit einem melancholischen Refrain kombiniert. Zwischen Aellos Power-Vocals, klagendem Frauengesang und grantigem Gekeife ist das genau diese abstruse, aber dem Gehörgang höchst willkommene Mischung, die man von HARPYIE erwartet.  Weiter geht es mit „Angst im Wald“, einem astreinen Melodic Metal Song mit Biss und wunderbarer Hookline die sitzt. Nach dem rifforientierten „Die Geister Die Ich Rief“, inhaliert das vertrackte „Dunkelschwarz“ die SUBWAY TO SALLY-Essenz und gibt sie in modernerer Form mit streckenweise schön harschen Vocals und ruppigen Riffs wieder, die einen starken Gegenpart zu den reduzierteren Passagen bilden.

Hymnisch und mit einprägsamer Spieluhr-Melodie markiert „Nachtfalter“ einen der Höhepunkte des Albums, der gemeinsam mit ASP entstandene Song beißt sich durch sein großartiges Duett sofort im Gedächtnis fest und der Refrain wandert direkt ins Langzeitgedächtnis weiter. In „Verräterisches Herz“ setzen HARPYIE dann vermehrt auf elektronischen Einschlag in den satten Gitarrenwänden, welches ein noch stärkeres Industrial-Feeling aufkommen lässt als im Opener. Die derbe Bridge gibt dem Song dabei den finalen Schliff, und sorgt dafür, dass man die soundtechnische Abwechslung sehr gerne annimmt.

Nach dem verspielten „Fang Mich Ein“ baut „Wir Sind Die Nacht“ als Interlude gekonnt Spannung auf, ehe „Vampir“ in den Strophen astreinen, schön kantigen Powermetal serviert, der von dramatischen Arrangements und mehrstimmigen Refrain gekrönt wird. Dabei ist immer wieder gerade bei den Gitarren ein gewisser moderner Einschlag zu bemerken, der HARPYIE dieses gewisse Etwas gibt. Die derben, irgendwo zwischen modernem Metal und Industrial wabernden  Klänge finden sich dann auch in „Okkult“ wieder, bevor „Ich Glaub Dir Nicht“ das Album mit sanfteren Tönen beschließt – der zerbrechlich beginnende Titel entwickelt sich hinten raus zur breitwandigen, ergreifenden Powerballade und bietet den perfekten Abschluss der äußerst vielseitigen Langrille.

Mit „Blutbann“ haben HARPYIE nun endgültig ihren Stil, nein, nicht gefunden, sondern perfektioniert. Vom wuchtigen Soundgewand, das gekonnt in der Grenzregion zwischen modern-kantigem Metal und eingängigen Melodien im Mittelalter-Stil tanzt, über das Cover, das die Blutgräfin zeigt, bis hin zur morbiden Thematik stimmt auf „Blutbann“ einfach alles. Dazu kommt, dass sich HARPYIE in den zwölf sehr variantenreich arrangierten Titeln bis auf zwei, drei nicht ganz so packende Songs, keinen einzigen Ausfall leisten. Die Skip-Taste kann hier getrost einstauben, denn der Fünfer haut mit „Blutbann“ sein fraglos bestes Album raus!

 



Bewertung: 4.5 / 5.0
Autor: Anthalerero (26.01.2022)

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