TALES OF A SLEEPING GIANT - Myths, Tales and Disasters

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VÖ: 25.02.2022
Bandinfo: TALES OF A SLEEPING GIANT
Genre: Melodic Death Metal
Label: Eigenproduktion
Hören & Kaufen: Webshop
Lineup  |  Trackliste

"Myths, Tales And Disasters" bezeichnet nicht etwa unsere Arbeit hier auf STORMBRINGER.AT, sondern das Debutalbum dreier Jungs aus Göppingen, die mit ihrem ersten Longplayer versuchen, sich in die Herzen der Rock- und Metalfans zu spielen. Den Kern von TALES OF A SLEEPING GIANT bilden Martin Zapfl, Fabian Lenhardt und Uli Kerler. Für "Myths, Tales And Disasters" hat man sich aber an den unterschiedlichsten Stellen Verstärkung geholt. Allen voran hinter dem Mikrophon Chris Clancy, Lisbeth und Liv Kristine (die manchen von euch von THEATRE OF TRAGEDY bekannt sein dürfte) haben teils mehrfach den Tracks ihren stimmlichen Stempel aufgedrückt. Außerdem wolle man auch gleich ein neues Genre etablieren – den Mythical Metal – bei dem die unterschiedlichsten Einflüsse aufgegriffen werden, um neue Klangwelten zu erschaffen und den Hörer/die Hörerin in diese zu entführen. Ob dies gelingt, gilt es nun herauszufinden.

Kirchenorgeln eröffnen "Summers End" und Track Nummer eins bietet einen interessanten Einstieg in die nun folgenden 55 Minuten. Es dominieren Stil- und Tempowechsel. Cleaner Gesang von Liv Kristine wechselt mit tiefen Growls von Martin Zapfl – Mythical Metal mal voll auf die Zwölf, dann wieder reduziert und minimalistisch. Als wollte man in den Opener alle Trademarks der Band verpacken, um zu zeigen, was man kann. "Blut Und Alraune" schlägt in dieselbe Kerbe. Die Nummer zwei ist aber homogener und geht besser ins Ohr. Die (deutschen) Vocals in den Strophen greifen ins Death- und Blackregal eh der cleane, zweistimmige Chorus einsetzt. Die Stimme von Lisbeth passt wunderbar in den Song, der durch treibende Grooves befeuert wird. Obwohl das folgende "Wild Flames" auch von Beginn an aufs Tempo drückt, biegt man hier musikalisch doch plötzlich in eine völlig andere Richtung ab. Die von Chris Clancy eingesungene Nummer ist weniger Mythical Metal als radiotauglicher Mainstream-Rock. Der Refrain hat Mitsingpotential und funktioniert live sicherlich ganz gut. Trotzdem bleibt ein schaler Beigeschmack, weil es doch ein sehr generischer Rocksong ohne Höhepunkte ist. 

"Lost In Emptiness" könnte man wohl als (Power-)Ballade bezeichnen. Hier darf Liv Kristine wieder zeigen, was in ihr steckt. Die Vocal-Performance ist sehr gut. Für Abwechslung sorgt hier das Wechselspiel in und mit den Stimmen – weniger die Instrumentierung, die ist ziemlich straight forward. "Drunken Truth" liegt zwar ein treibender Groove mit fetten Riffs zu Grunde, ansonsten will die Nummer aber nicht so recht zünden und bleibt infolgedessen auch nicht sehr lang hängen. 

"Fight" wird wie schon "Wild Flames" von Chris Clancy eingesungen und ist stilistisch auch daran angelehnt. Die Rockröhre von Chris kommt gut aber wie schon "Wild Flames" wirkt auch "Fight" wie ein Fremdkörper auf dem Album, weil es keinen roten Faden gibt, der diese beiden Nummern mit dem Rest verbindet. "Long Time Gone" ist eine weitere Power-Ballade die ohne wirkliche Emotionen auszulösen durch die Gehörgänge plätschert. Es wird zwar versucht, durch kraftvolle Vocals und den einen oder anderen Tempowechsel das Publikum in den Bann zu ziehen – so ganz mag das aber nicht gelingen. "Morgana" ist mit fast neun Minuten Länge des Opus Magnum von "Tales, Myths And Disasters". Der Einstieg führt einen wieder auf den Balladenweg ehe kurz vor der Vier-Minuten-Marke die Stimmung schwenkt, tiefe Growls übernehmen und das Tempo erhöht wird. Wieder wird mit Frauen- und Männerstimme gespielt und die fetten Riffs im zweiten Teil der Nummer gehen gut ins Ohr. Auf dem vorletzten Platz der Tracklist steht "Moonstruck". Hier ist man zwar auch mehr in Dark-/Goth-Rock-Gefilden unterwegs als im (mythical) Metal aber im Unterschied zu "Fight" spürt man die Verbindung zum Rest der Nummern. Es wird der gleich Vibe verströmt. Die Stimme von Lisbeth passt hervorragend und transportiert immer eine leichte Melancholie, die gut zur Stimmung des Songs passt. Der Chorus ist catchy und bleibt lang in den Gehörgängen. Raus geschmissen werden wir von "El Profesor" – einer Polka/Ska-Nummer, die an RUSSKAJA erinnert – auf dem Album aber irgendwie fehl am Platz wirkt – da es hier der Rausschmeißer ist, der sicher auf so manchem Festival gut funktioniert und ankommt, kann man wohl ein Auge zu drücken.

FAZIT: "Myths, Tales And Disasters" ist ein solides, gut produziertes Debutalbum einer Band, die sich und ihren Weg erst finden muss. Das proklamierte neue Genre Mythical Metal ist in Ansätzen zu erkennen, aber man streckt seine Fühler gleichzeitig noch in sehr viele andere, teils sehr generische, Richtungen aus. Das ist auch legitim für eine Band, die gerade ihren ersten Longplayer veröffentlich hat. Unterm Strich haben TALES OF A SLEEPING GIANT sicher das Potential, sich eine eigene Fanbase zu erspielen. Ob sich diese Fanbase bei einem Festival dann vor der Death/Black oder Rockbühne versammelt, wird die Zukunft zeigen. 

 



Bewertung: 3.0 / 5.0
Autor: Hans Unteregger (03.03.2022)

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