DESERTED FEAR - Doomsday

Artikel-Bild
VÖ: 04.03.2022
Bandinfo: DESERTED FEAR
Genre: Melodic Death Metal
Label: Century Media Records
Hören & Kaufen: Amazon
Lineup  |  Trackliste  |  Credits

Die Zeit fliegt – der vierte DESERTED FEAR-Dreher "Drowned By Humanity" und die denkwürdigen Konzerte der zugehörigen Tour liegen nun drei Jahre zurück – und neben besagter Zeitspanne liegt zwischen gestern und heute ein wohlbekanntes und unüberwundenes schwarzes Loch, das jeden Kunstschaffenden an die Grenze des Belastbaren brachte und den Gedanken an die kreative Verrentung plötzlich wohlgefällig erschienen ließ. Für DESERTED FEAR hingegen kam die unfreiwillige Pause nach eigenen Angaben gelegen, weil die aufreibende Zeit, um die Entstehung und Promotion des hochgelobten Viertwerks an den Kräften des Trios zehrte und eine Phase der Ruhe verlangte.

Zeit zum Durchatmen, Zeit zur Regeneration der kreativen Reserven, Zeit um zu Kräften zu kommen – um mit frischem Tatendrang die Arbeit an Album Nummer fünf aufzunehmen und den Untergang – um nicht zu sagen den "Doomsday" – zu überstehen. Die hinter uns liegenden Monate waren nicht selten vom fauligen Geruch des Verderbens begleitet. Sie hatten den Hauch des Endzeitlichen. Sie belegten, dass die Zeile "Drowned By Humanity" mehr Prophezeiung als Albumtitel war. Und sie nährten die unheilvolle Befürchtung, dass die finale Konsequenz der globalpathologischen Evolution in einem unvermeidlichen "Doomsday" gipfeln wird. So vermutlich die gedankliche Verbindung zweier Alben, die dieser Tage auf tragische Weise eine weitere historische Untermauerung erfährt.

"Doomsday" – ein Album, das sowohl in Namensgebung als auch in puncto Optik wenig Grund zum Optimismus gibt, zeigt sich auch musikalisch bedrückt und nachdenklich. Klanglich stringent in der Tradition des Vorgängers gehalten, driftet die Stimmung des fünften Opus weiter ab in den Keller der emotionalsensorischen Wahrnehmung. Es legt sich über des Hörers Geist wie ein schweres, schwarzes Tuch, eine bleierne Weste oder zwölf Kubikmeter siedender Teer. Insofern ist die Musik nahezu perfekt auf den Albumtitel und auch das aktuelle Zeitgeschehen zugeschnitten. Doch wenn man fernab der zeithistorischen Interpretation der Musik ihren reinen Unterhaltungsaspekt unter die Lupe nimmt, fällt auf, dass die in Noten gefasste Schwere das Songwriting stark auf sein endzeitliches Zentrum fokussiert. Soll heißen, diese eine Komponente in der Komposition von "Doomsday" hat eine derartig gewaltige Dimension, dass andere Facetten kaum mehr nach außen dringen. Die Songs ähneln einander stärker als auf "Drowned By Humanity", die ungebundenen Überraschungsmomente werden seltener und – so ungern ich es sage – auch die Hits haben unterm Strich an Zugkraft verloren.

"Part Of The End", "Idols Of Triumph" oder "Follow The Light That Blinds" sind zweifelsohne starke Songs – so wie alle Tracks auf "Doomsday". Sie leben von der unkopierbaren Atmosphäre, die nur DESERTED FEAR in den Raum zu zaubern vermögen. Von den unvergleichlichen Melodien und eindringlich-emotionalen Leads, die ich so noch von keiner anderen Band gehört habe. Aber gemessen an Übersongs wie "All Will Fall", "The Final Chapter", "Reflect The Storm" oder "Scars Of Wisdom" ziehen sie – wenn auch mit moderatem Abstand – den Kürzeren.

Ein zweiter Wermutstropfen findet sich in der Produktion der Platte. Auf der einen Seite hat Saitenhexer Fabian Hildebrandt, der dieses Mal auch das Mixing und Mastering übernommen hat, den Äxten mehr Druck auf den Kessel gegeben, was bis auf den etwas trockenen und unkantigen Sound noch eher in die Kategorie "Geschmacks- und Philosophiefragen" fällt. Auf der Kehrseite dieser Entwicklung steht der Drumsound, der auf "Doomsday" eine gute Ecke klinischer als beim Vorgänger daher kommt und damit zumindest dem triggerkritischen Ohr am Hörnerv sägt.

Es ist also eine schwere Kiste, die Sache mit dem "Doomsday". Die geringere Hitdichte und der überzüchtete Sound servieren dem Verfasser ein hartes Brot, doch auf der anderen Seite klingen DESERTED FEAR immer noch nach DESERTED FEAR und untermauern einmal mehr ihren Status als Ausnahmeband, die sowohl in der heimischen Szene als auch im internationalen Vergleich gegen die meisten großen Namen anstinken kann. Abzüge in zwei Hauptdisziplinen und ein Bonuspunkt für die hohe Eigenständigkeit bei grundsätzlich hohem Niveau sprechen summa summarum für faire vier Punkte. Hätte gerne mehr gegeben, aber naja...vielleicht nächstes Mal!



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: Lord Seriousface (02.03.2022)

WERBUNG: Hard
ANZEIGE
ANZEIGE