LUZIFER - Iron Shackles

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VÖ: 25.03.2022
Bandinfo: LUZIFER
Genre: Heavy Metal
Label: High Roller Records
Hören & Kaufen: Webshop
Lineup  |  Trackliste

Dieses Album ist keines im herkömmlichen Sinne, da es mit sieben Tracks, darunter ein Cover und ein kurzes Instrumental, viel zu kurz ist. Insgesamt kommt man auch mit den beiden Nummern nur auf rund 32 Minuten. Damit nicht genug, ist „Iron Shakles“ ein kleines Ärgernis. Weil hier offenkundig sehendes Auges (denn so blind kann man nicht sein), großes Potenzial verplempert wird. Dazu später mehr.  

Erstmal zur bisherigen Historie von LUZIFER: Die Band wurde im Jahre 2009 von Steeler (Bass) und Stefan Castevet (Gesang, Gitarre, Schlagzeug) in Hamm/Westfalen als Nebenprojekt der im Underground bekannten VULTURE gegründet. 2015 erschien mit „Rise“ eine EP, 2018 folgte die „Black Knight“-7”-Single. Mittlerweile ergänzt VULTURE-Drummer Gereon Deceiver die Besetzung von LUZIFER, der auch auf den sieben Songs des nun vorliegenden Debütalbums zu hören ist. Stefan Castevet gibt via Promo-Info zu Protokoll welche Referenzen reingespielt haben bei der Produktion und dem Songwriting: „Soundmäßig wollten wir auf dem Album so klingen wie QUARTZ bei ‘Satan's Serenade’ und da zusätzlich so ‘ne Sommer-Note reinkriegen wie in ROCKERS ’Mighty Thor’. Ob uns das gelungen ist, weiß ich gar nicht unbedingt. Vieles hat sich im Aufnahme- und Mixing-Prozess dann verselbständigt. Große gezielte musikalische Einflüsse besitzen wir in dieser Form gar nicht. Zumindest nicht bewusst. Viel 70er-Kram und dazu dann sowas in Richtung HEAVY LOAD trifft’s vielleicht am ehesten.”

Klingt etwas krude, kauzig und ungewöhnlich? Ja, ist die Musik auf „Iron Shakles“ auch. Insbesondere durch den Einsatz einer sehr präsenten Orgel und das eigenständige Organ von Sänger Stefan, der etwas an David Bower von HELL erinnert mit seinem theatralischen Timbre und seiner Stimmfarbe. Es gibt einen Mix aus Theatralik, 70er-Heavy-Rock bzw. okkultem Metal wie frühe BLACK SABBATH oder MERCYFUL FATE respektive KING DIAMOND sowie den oben benannten Einflüssen aus dem NWoBHM. Und er kann gut funktionieren. Das beweist der Titeltrack: „Iron Shakles“ ist mehr im Epic Metal verhaftet als der Rest des Albums und das steht der Band wunderbar zu Gesicht! Auch hier gibt’s eine fette Prise 70er und ein okultes Feeling. Aber: Der erst auch an Doom-Metal-Bands wie SOLITUDE AETURNUS, CANDLEMASS oder TYRANT erinnernde Song mit seinen superschweren Gitarrenriffs baut sich zu einem eingängigen klassischen Metal-Song auf, der durch die oben genannten Einflüsse einen ganz eigenen Charakter hat. Das klingt innovativ und doch vertraut old-school im positiven Sinne. Ein echter Hit!  

Diese Elemente aus dem Epic Metal und NWoBHM kommt leider bei den anderen Tracks weniger zum Tragen, das Obskure, der Hang zum okulten Rock, Gothic Rock mit 70er-Psychedelic-Rock-Einflüssen übernimmt mehr. „Barrow Downs“ klingt noch ziemlich stark nach NWoBHM der Marke HEAVY LOAD oder QUARTZ (die man beide als normaler Metal-Fan wohl eher nicht kennt), hat aber nicht mehr diesen zwingenden Refrain wie noch das Titelstück.

Das folgende Instrumental nimmt den obskur-okkulten-psychedelischen Faden auf, spinnt ihn fetter und leitet über zu „Hexer (In Dreiteufelsnamen)“, das plötzlich mit deutschen Texten überrascht. Dazu Stefan Castevet: „Wir hatten auch schon auf unserem ersten Release einen Track auf Deutsch. Wir finden das einfach sehr charmant. Damals war’s DDR-Heavy-Metal, den wir abgefeiert haben, diesmal hatten wir schlicht Lust drauf. Machen halt nicht so viele. Der Text stammt übrigens von unserem Freund Ela von Iron Kobra. Der kann sowas einfach besser als wir!” Hier drängen sich die Vergleiche zu HELL stark auf, aber leider auch zur musikalischen Extravaganz eines JOACHIM WITT. Muss man mögen diese Stilrichtung, ansonsten wird man es grundweg ablehnen. Passenderweise gibt es auf „Iron Shakles“ auch noch eine Coverversion des Neue-Deutsche-Welle-Hits „Der goldene Reiter“ von WITT. Spätestens hier werden viele Metal-Fans, die beim Titeltrack noch begeistert waren, ärgerlich aussteigen und schnell irgendeine andere Band abspielen, um auf andere Gedanken zu kommen.

Da helfen dann auch die beiden übrigen Songs „Wrath Of The Sorcerers“ (mit durchaus gutem, hartem Riffing) und die NWoBHM-Nummer „Attila (Blazing Hooves)“ (mit schönen, eingängigen Gitarren-Harmonien) nicht mehr, um den Gesamteindruck zu retten. Irgendwie hat man von nun an nur noch diese verkackten NDW-Hits im Kopf, die man damals schon nicht mochte. Klar, ist alles Geschmackssache. Aber diese NDW-Verfärbung, ja, Verwässerung des Hörerlebnisses war einfach unnötig. Zumal man bei sieben Tracks nun wirklich kein Cover brauchen sollte.

Insgesamt sehr schade. Denn das Album hat von Patrick W. Engel einen superben Sound verpasst bekommen und die Band könnte große Metal-Musik erschaffen. Wenn sie sich mehr auf die Elemente aus dem Epic Metal konzentrieren würde und weniger auf die gothic-gefärbten NDW-Elemente eines JOACHIM WITTs plus Okkult Rock der 70er. Und das mit dem deutschen Gesang war vielleicht in der Theorie eine nette Idee, in der Praxis wird es aber viele Fans des klassischen Heavy Metal verschrecken. Also bitte mehr Songs wie „Iron Shakles“!



Bewertung: 3.0 / 5.0
Autor: Tobias (18.03.2022)

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