CRISIX - Full HD

Wo wir neulich die Rede von der glücklichen Symbiose aus dachloser Freilfeldbeschallung und der neapolitanischen Scheibenspeise hatten: auch vor der Flimmerkiste lässt sich der allseits beliebte Tomaten-Käse-Dreher nahezu vorzüglich genießen. Und dies am besten, wenn das gebotene Rahmenprogramm in "Full HD" ausgestrahlt wird und einem der Sender das universalsensorische Erlebnis nicht durch halbgaren Grießpudding in der Optik versaubeutelt. In einer so glückseligen Konstellation bleibt einem neben akuter Gefäßverfettung lediglich das Risiko rektangulärer Augen, das sich allerdings stark relativiert, wenn die umgebende Rübe durch ungezügelte Impulsinjektion und Reizüberflutung in einem feierlichen Atompilz aus Gewebeproben, Körperflüssigkeiten und halb zerkauten Anchovi-Resten detoniert.

Womit wir bei der neuen CRISIX wären! Die immer fidelen Spanier melden sich wenige Monate nach dem Release ihrer "Pizza EP" mit einem neuen Vollrund namens "Full HD" zurück und erweisen sich einmal mehr als eine der essentiellen Bands der neuen Thrash-Generation. Eine gewagte Feststellung, die der Verfasser auch auf dem Tanzfuße folgend mit Fakten untermauern möchte. Denn ein Statement wie dieses will selbstredend auf unstreitbaren Qualitätsmerkmalen wie virtuosen Fertigkeiten in Tateinheit mit einem hochkarätigen und ungenerischen Songwriting basieren. So auch ohne weitere Umschweife zu finden in den elf (naja eigentlich zehnkommafünf, siehe "W.N.M. United") neuen Songs des fünften Langspielers der Highspeed-Thrasher (die Coverscheibe "Sessions #1 - American Thrash" nicht mitgerechnet).

Die neuen Tracks und angehenden Live-Granaten bestechen, wie man es von CRISIX gewohnt ist, mit chirurgischer Akkuratesse und hauen bereits im ersten Anlauf rein wie Mike Tyson auf Zuckerbrühe. Mit Abrissbirnen wie "The Many Licit Paths" und "Extreme Fire Hazard" gehören die heißblütigen Sangesbrüder zweifelsohne zum härter thrashenden Sektor ihrer Zunft, doch Härte alleine ist nicht alles. Denn das Bemerkenswerte am Songwriting der Spanier ist die Tatsache, dass sie ihre rekordverdächtige Durchschlagskraft mit einer nahezu beispiellosen Eingängigkeit und einem ebenso besorgniserregenden Suchtfaktor zu verbinden wissen. Ein klares Alleinstellungsmerkmal, dass für mich klar auf ein bis dato nicht dokumentiertes Potpourri aus roher Gewalt, Drehzahlen an der Grenze des Möglichen, einer fetten Portion positiver Energie und einer gesunden Fraktion Wahnsinn zurückzuführen ist.

Allzu große Überraschungen mag "Full HD" nicht bieten, denn CRISIX bleiben CRISIX - dies aber mit hoch erhobener Fahne, ungebrochenem Eifer und ohne eine Spur von Verschleißerscheinungen. Ein kleines Geigen-Intermezzo im Stimmungs-Thrasher "Macarena Mosh", ein harmonisches Heavy-Metal-Intro im Tempolimit-Muffel "John Was Born For Metal" und eine krachende Thrash-Kommunionsfeier mit sage und schreibe zehn Gastvokalisten in "W.N.M. United", der Albumversion des "Pizza EP"-Tracks "World Needs Mosh" (darunter John Kevill von WARBRINGER und Diva Satanica von BLOODHUNTER und NERVOSA) - ein feuchtfröhliches Klassentreffen der neuen Thrash-Generation so to say.

Dies alles abgerundet mit einem wuchtigen Sound ergibt ein erstklassiges Thrash-Album, das man fernab der üblichen Verdächtigen auf dem Schirm haben sollte. Die Produktion ist zwar ein wenig gepimpter als bspw. auf der "Pizza EP", aber im Gesamtbild überaus stimmig. Alles in allem also eine sehr gelungene Platte, die auch gerade wegen ihrer offen ausgelebten Ausgeflipptheit und Lebensfreude begeistert. In diesem Sinne, liebe Thrash-Freunde: den explosionsfesten Integralhelm abstauben, die 3D-Brille auf und nichts wie rein in den nächsten "Macarena Mosh"!