KEKAL - Envisaged

Artikel-Bild
VÖ: 15.07.2022
Bandinfo: KEKAL
Genre: Avantgarde Metal
Label: Elevation Records
Hören & Kaufen: Amazon
Lineup  |  Trackliste

Es ist schon zwei Jahre her, als Euer boshafter Stormbringer-Droog mit KEKALs Album Quantum Resolution sehr hart ins Gericht ging – zumindest rhetorisch. Irgendwie ergriff ihn nicht so recht die damalige Mixtur aus Pop, Electro und Einflüssen moderner Metal Genres. Im Gegensatz zu den Massen dünnhäutiger Musiker, die nicht fassen können, dass Rezensenten manchmal einfach nur Gift versprühen, weil sie gerade nicht in der rechten Stimmung sind, meldete sich der hauptverantwortliche Musiker aus Indonesien beim Verfasser des unvorteilhaft ausgefallenen Reviews und bekundete, dass er die Zeilen zumindest lustig fand. Eine würdevolle und respektable Reaktion. Nun liegt aber das neue Werk KEKALs auf dem Tisch, das den Titel "Envisaged" trägt und lässt den Rezensenten schon mit dem ersten Song "Anthropos Rising" interessiert aufhorchen, denn er klingt ein wenig, als hätte KORNs Jonathan Davies auf QOTSAs "Like Clockwork" gewütet. Ihr ahnt spätestens jetzt, dass die aktuelle Scheibe eine bessere Bewertung erhalten wird. Es soll aber keinesfalls der Eindruck entstehen, ich würde nun als Entschuldigung für zurückliegende Schelte Extrapunkte verteilen. KEKAL feuert diesmal einfach eine Melange ab, die gefällt.

"Born Anew" pachtet den urbanen Flow und besprenkelt eure Ohrläppchen mit elektronisch geladenen Metallspänen. Zum nächtlichen Autofahren im schwülen Sommer genauso geeignet wie als musikalische Begleitung für Erstkaffee im frostigen Winter, zur Tageszeit, an der der Rest der Welt noch am Zipfel der Bettdecke nuckelt.

"The Alchemy Of Creation" kennt keine Hast. Fünf Minuten lang wird das Trommelfell sanft auf das elektronische Massagegerät gespannt, bevor feinster Retro-Future-Pop-Rock das geistige Auge wie eine sterbende Neonröhre zu stimulieren beginnt.

"The Ascending Collective" peitscht das Blech melodisch mit feinen Stahldrähten, damit keine Beulen entstehen. Dreieinhalb Minuten später schleicht sich ein klassischer Metal-Stil in den Hintergrund der tendenziell kalten Komposition. Auch diese Nummer ist ein Erfolg.

"Conduit Of Light" eröffnet mit eigenwillig psychedelischen Flüssen und ebnet damit den Weg in einen düsteren Cyberpunk-Dschungel. So schön melancholisch bleibt es aber nicht, denn der Song wechselt seine Richtung komplett und brettert ungebremst in einen von Androiden geführten Wochenmarkt.

"Anarchy In The New World" beginnt mit dem vertonten Entsetzen, wenn man wieder zur Besinnung kommt und sich vor dem Schrotthaufen langsam wütende Roboter abzuzeichnen beginnen. KEKALs Stimme ist Anfangs wenigstens ein beruhigender, besänftigender Anker.

"Summer Harvest" ist ein ergreifender Sonnenuntergang im Großstadtsmog.

"Zero Point" geht ein klein wenig die Puste aus. Hätte meine Wenigkeit vielleicht im Dienste der Knackigkeit hier weggelassen und separat veröffentlicht.

"Destiny Recalibration" rollt raue Stimmverzerrer, blinkende Birnchen und Elektrosmog in die Teigtasche und schwenkt das Ganze im Wok.

FAZIT:

"Envisaged" bietet so viele Stärken und kurzweilige Tracks, dass es selbst im urbanen Chaos des Verfassers dieser Zeilen nicht untergeht, sondern sich wie ein Ohrknopf festhängt und grauen Wolken und Straßendreck eine fast romantische Note verleiht. Der Mann aus Jakarta reißt sich diesmal unangefochten 4 von 5 Punkten unter den Nagel. Avantgarde- und Elektrofutureambient-Feinschmecker schütteln bei dieser Scheibe sicherlich zusätzliche 0,5 Punkte aus dem Ärmel.



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: Daniel Hadrovic (16.01.2023)

WERBUNG: Innfield Festival
ANZEIGE
ANZEIGE