THEIGNS AND THRALLS - Theigns and Thralls

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VÖ: 08.04.2022
Bandinfo: THEIGNS AND THRALLS
Genre: Folk Rock
Label: Rockshots Records
Lineup  |  Trackliste

Wer THEIGNS AND THRALLS sagt, muss auch SKYCLAD nennen: Nachdem Martin Walkyier, Frontmann der Folk-Metal-Institution, im Jahr 2000 die Band verlassen hatte und der neue Sänger Kevin Ridley sie zumindest am Leben hielt (die drei seitdem veröffentlichten Alben sind okay, haben aber keine Begeisterung entfacht), hat sich Ridley nun daran gemacht, mit einer Herrschar von Gastmusikern mit das beste Folk-Rock-Metal-Album seit „Folkémon“ (2000) einzuspielen. Ja, richtig, das ist das Fazit dieses Reviews. Und jetzt kommt noch die Begründung.

Eigentlich als Tourband geplant, um Ridleys Solo-Album „Flying In The Face Of Logic“ von 2011 live zu spielen, machte Corona einen Strich durch diesen Plan und stattdessen wurde mit rund 25 befreundeten Musiker ein neues Album eingespielt. Darunter sind bekannte Gesichter unter anderem von ENSIFERUM, WAYLANDER, KORPIKLAANI oder auch CRUACHAN. Bei so vielen Köpfen besteht das Risiko, sich zu verzetteln. Aber keineswegs, das klingt alles durchdacht, mit Ausnahme vielleicht ausgerechnet vom Titeltrack, der dann doch zusammengestückelt wirkt.
Ansonsten geht es von Großartigkeit zu Großartigkeit mit unterschiedlichen Stimmungen, Einflüssen, Tempi und Melodien, die an die besten von SKYCLAD erinnern, ohne sie zu kopieren. Insgesamt ist die Musik auf diesem Album weniger Metal als SKYCLAD, weniger E-Gitarre und mehr Folk als die letzten drei Alben der Briten. Und Ridley macht am Mikro einen so erstklassigen Job, dass man sich fragt, warum man damals bei seinem Einstieg bei SKYCLAD so seine Probleme mit seinem Gesang hatte.

Auf „Theigns And Thralls“ ist das anders. Was wohl vor allem an den Songs und ihrer Qualität liegt. Das Hit-Feuerwerk startet mit dem fröhlichen Party-Kracher „Drinking“, der nicht nur durch seine instrumentale Umsetzung mit Akustik-Gitarre, Flöte und Mandoline punktet, sondern auch textlich, da durch den Bezug auf ein altes Gedicht von Abraham Cowley elegant umschifft wird, dass der Song nur ein plattes Sauf-Geblödel ist. Das folgende „Strive“ hat einen ganz anderen Anstrich, eine andere Grundstimmung, nachdenklich und episch, textlich eine humanistische Lebensbetrachtung. Deutlich härter, beginnend mit einem kleinen, aber ser feinen Bass-Riff, dass dann aufgegriffen wird von E-Gitarre und sich durch den ganzen Song zieht. Wunderbar ausgearbeitete Songstruktur, angereichert mit spannenden Details.

Balladesker wird es dann mit „Lord Of The Hills“, der einen 70er-Jahre-Rock-Vibe hat, den ein oder anderen Hörer vielleicht an (folkige) BEATLES erinnern wird, letztlich aber ein Irish-Folk-Song ist mit schönen, reflexiven Storyteller-Strophen. Ruhig, poetisch anmutend und anrührend. Und Zack, geht es wieder in einer andere Richtung, die aber gekonnt für Abwechslung sorgt: „Life Will Out“ wartet mit einem sehr modernen Touch auf, insbesondere dadurch, dass der Gesang von Ridley durch ein Megaphon quakt. Allein der Beginn ist genial: Wie bei einer Marschmusik im Takt donnernde Drums sorgen sofort für eine alarmierende Stimmung, untermauert von bedrohlich-atmosphärischem Keyboard, dazu setzt ein Dudelsack ein und gibt dem Song einen mystischen Anstrich. Der Kontrast durch den dann einsetztenden hypnotischen Frauengesang und die feine, wirkungsvolle Gitarrenarbeit macht die Nummer schließlich zu einem echten Knaller mit Industrial-Einfluss. 

„The Highwayman“ kommt als klassischer Speed-Folk-Metal-Song ganz im Stile von SKYCLAD der 90er-Jahre daher. Eingeleitet durch ein Spoken-Word-Intro (eingesprochen vom Schauspieler John B. Kirtley) und basierend auf dem gleichnamigen Gedicht von Alfred Noyes wird das Tempo angezogen, was der Dynamik des Album wunderbar zur Gesicht steht. Die Nummer wird live sicher sehr gut ankommen. Geht´s noch stimmungsvoller? Na, klar: „Today We Got To Play“ hat eine fröhliche Singalong-Melodie, die sich wohl nur absolute Griesgrame verschließen können. Beginnend mit einem schönen Violinen-Part nimmt dann „The New Folk Devils“ die Partystimmung etwas raus. Inhaltlich sozialkritisch erinnert der Song stilistisch etwas an die The WHITE STRIPES. Allerdings ist die Nummer etwas zu lang geraten und der Refrain wird zu oft wiederholt.

Das nicht zu lange Instrumental „Flora Robb“ ist stimmungsvoll geraten mit Flöte, Akustikgitarre und galizischer Pfeife und könnte auch aus Filmen wie „Braveheart“ oder „Rob Roy“ stammen. Und noch ein Hit: „Not Thru The Woods Yet“ ist ein mitreißender Folk-Rock-Song mit fröhlichem Akkordeon und einem Singalong-mäßigen Refrain, der ein echter Ohrwurm ist. Mit Metal hat das zwar gar nichts zu tun, aber es melde sich der, der meint, bei der Nummer fehle die Härte. Nee, das passt alles so!

Bleiben noch die Bonus-Tracks: das schottisch-englische Volkslied „Over The Hills And Far Away“ in einer gelungenen Version, der SKYCLAD-Track „The Queen Of The Moors“ vom letzten “Forward Into The Past”-Album mit etwas mehr Zug, eine gekürzte „Drinking“-Version sowie eine ruhigere und noch folkigere Akustik-Version von „Strive“ sowie eine leider völlig überflüssige Crossover-Version mit Elektro-Beats von „Life Will Out“, die Kärtsy von WALTARI verbrochen hat. Aber gut, das ist ja nur einer von fünf Bonus-Tracks, da kann man bei solch einem starken Album auch mal beide Augen zudrücken. Fehlt nur noch, sich das Ganze mal live reinziehen zu können.



Bewertung: 4.5 / 5.0
Autor: Tobias (12.05.2022)

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