SKULL FIST - Paid In Full

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VÖ: 22.04.2022
Bandinfo: SKULL FIST
Genre: Heavy Metal
Label: Atomic Fire Records
Lineup  |  Trackliste

Wenn alles gerecht ablaufen würde, dann müsste dieses Album den Durchbruch für SKULL FIST bedeuten: Die Kanadier haben sich im Vergleich zu ihren drei vorherigen Alben derart bombig weiterentwickelt, dass man das einfach abfeiern muss. Spielte die Band, die sich 2006 in Toronto gründete, bis dato vor allem Speed Metal mit Querverweisen auf NWoBHM und waren damit in guter Gesellschaft von ENFORCER, EVIL INVADERS oder STRIKER, sind sie nun mit ihrem Viertwerk deutlich gereift. Statt vor allem auf Speed, Speed, Speed, setzt die auf ein Trio geschrumpfte Band (Gitarrist Johnny Nesta ist nach über zehn Jahren nicht mehr dabei) vermehrt auf Midtempo. Ein musikalischer Evolutionsschritt, denn SKULL FIST schaffen es, dass das geringere Tempo für mehr Dynamik und Schlagkraft sorgt und eben nicht für Langeweile, wie es bei so manch anderen Bands der Fall ist, die auf einmal langsamer zocken.

Gleich der Opener und Titeltrack zeigt eine weitere Verbesserung: Sänger Zach „Slaughter“ Schlotter hat merklich an seinem Volumen gearbeitet. Vielleicht ist es auch nur sein fortgeschrittenes Alter, dass er nicht mehr so flach und piepsig klingt, wie auf den Vorgängeralben. Woran es auch liegt, der Mann gehört auf einmal zur ersten Garde des klassischen Heavy Metal, schafft es, technisch sauber hohe Töne zu treffen, hat aber auch null Probleme, runter auf tiefere Töne zu switchen. Dadurch verleiht er „Paid In Full“ oder auch dem epischen „Madman“ eine wohltuende Tiefe, die gelegentlich an METALLICA erinnert, mal an JUDAS PRIEST der späten 80er und frühen 90er. Und auch die SCORPIONS kommen einem als Referenz in den Sinn, nicht nur, weil Slaughter das ein oder andere Mal gleichsam nasal tönt, wie Klaus Meine. Auch die ein oder andere Melodie erinnert an die Hannoveraner. Damit sind nicht die Schmachtfetzen der Deutschen gemeint, sondern ihre Weltklasse-Hard-Rock-Nummern. Genau das steckt im Opener: superber Hard-Rock, der aber gekonnt rüber zu US-Metal à la METAL CHURCH pendelt und zwischendurch kurz mal so richtig das Tempo anzieht – geiles Ding!

Und geil geht es weiter: Das vorab veröffentlichte „Long Live The Fist“ ist eine klassische Metal-Hymne vor dem Herrn. Wen das nicht mitreißt, der mag dieses Genre, diese Musik einfach nicht. Alle anderen werden mitgrölen und die Jungs für den Song hochleben lassen. Die Verspieltheit der früheren Alben kommt hier zwar auch wieder zum Vorschein, diesmal erscheint sie aber nicht als Selbstzweck, sondern songdienlich und bereichernd.  Und doch ist der Song auf den Punkt. So wie das gesamte Album, das nach acht Songs und nach etwas mehr als einer halben Stunde ins Ziel rauscht. SKULL FIST haben ihre Songideen nicht unnötig aufgebläht, sondern knackig gehalten. Die dadurch relativ kurze Spielzeit kann man doof finden. Oder man erfreut sich daran, dass somit auch keine wirklichen Filler auf dem Album sind. Zumal der Song „Crush, Kill, Destroy“ zeigt, dass unter vier Minuten wohl sogar besser gewesen wäre. Länger ist bei Metal kein Qualitätskriterium.

Dass das Trio seine Instrumente beherrschz, wusste man schon durch die drei Alben zuvor. Das hört man auch „Paid In Full“ an. Sei es durch das sehr tighte Klangbild oder durch Details wie die Flamenco-Gitarre zu Beginn von „Blackout“, das vor allem durch die Uptempo-Riffs und seinen durch ein Break eingeleiteten Mittelpart punktet. Bei „For The Last Time“ scheint alles beim Alten: Slaughter krakeelt eierquetschend wie früher und der Song ist Speed Metal pur. Doch dann treten der Frontmann und seine Mitstreiter auf die Bremse – und das hat sich gelohnt! Der Song gewinnt mit den Tempowechseln heftig an Variabilität und der Refrain an nachdenklicher Tiefe. Die Nummer wächst mit jedem Durchgang.

Die beiden letzten Songs sind nochmal Oldschool 80er Metal. „Heavier Than Metal“ rockt schön ab, kann wieder mit einem gelungenen Solo-Mittelteil überzeugen. Gut. Mit dem abschließenden „Warrior Of The North“ wildern SKULL FIST dann in den Gefilden von HAMMERFALL, nur etwas rockiger. Textlich will das nicht so recht zu dem restlichen Album passen, aber das Teil ist dennoch gut, flott und dynamisch mit seinen Tempowechseln. Unterm Strich wird das vierte Album von SKULL FIST all jenen großen Spaß machen, die auf flotten klassischen Heavy Metal stehen. Vor allem, weil Sänger Slaughter einen gewaltigen Satz nach vorn gemacht hat.



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: Tobias (17.05.2022)

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