VOODOO KISS - Voodoo Kiss

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VÖ: 19.08.2022
Bandinfo: VOODOO KISS
Genre: Hard Rock
Label: Reaper Entertainment Europe
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Lineup  |  Trackliste

VOODOO KISS? Nie gehört?

Gut möglich, denn die 1995 gegründete, vorrangig im Ostalbkreis bekannte Truppe verschwand bereits 2000 ohne musikalische Hinterlassenschaft in Form von Demos, Alben o.ä. wieder in der Versenkung. Bis heute: Wie Phönix aus der Asche sind VOODOO KISS zurück und präsentieren uns schlappe 27 (!) Jahre nach ihrer Gründung ihr Debüt- und gleichzeitig ihr Comeback-Album.

Warum das erwähnenswert ist? Nun, zum einen sind VOODOO KISS die Band, wegen der das Summer Breeze Open Air 1997 überhaupt ins Leben gerufen wurde. Zum anderen sitzt mit Achim Ostertag kein Geringerer als der Breeze-Chef höchst selbst hinter der Schießbude [ausführliche Infos zu diesem spannenden Thema und viele weitere Erkenntnisse zum Thema VOODOO KISS könnt ihr im umfangreichen Interview nachlesen, das ich mit Achim geführt habe. Anm. d. Verfassers]. Last but not least, sind die vier Herren (und gastweise eine Dame) trotz ihres räumlich begrenzten Bekanntheitsgrades nicht irgendeine Wald- und Wiesen-Combo mit qualitativem Garagen-Flair, sondern ernst zu nehmende Musiker, die hier mal eben eine arschgeile Platte eingespielt haben.

Das fängt schon beim Gesang an: Am Mikro hat es sich mal eben Mr. SACRED STEEL himself gemütlich gemacht. Unterstützt wird Gerrit dabei von der großartigen Stefanie Stuber, die für die Backing Vocals zuständig ist. In "The Prisoner" treffen die beiden stimmgewaltigen Sangestitanen dann sogar im Duett aufeinander. Mit dieser Information habe ich übrigens bereits auf einen der großen Hits des VOODOO KISS Debüts hingewiesen.

Bereits der Opener, die vorab ausgekoppelte Video-Single "The Beauty And The Beast", kracht ordentlich fett in die Gehörgänge! Gerrits unverkennbare Stimme trägt die einprägsame Hookline. Dazu gesellt sich ein herrlich mitsingtauglicher Refrain. Die Saitenfraktion kommt sofort richtig in Schwung, und auch Achim hat fleißig geübt in den letzten Monaten. Sein Drumming ist herrlich tight und auf den Punkt. Großartiger Einstieg.

In "The Killer" wird zwei Gänge hochgeschalten. Die Nummer entpuppt sich als melodischer Speedster, ohne die Geschwindigkeit jedoch ausufern zu lassen. Alles schön kontrolliert und wohl dosiert. Die NWOBHM- bzw. IRON MAIDEN Bezüge sind unüberhörbar, die Gitarrenläufe tönen herrlich old-school. Eine mit 2:45 Minuten ziemlich kurze, dafür aber umso überzeugendere Reise in die frühen Achtziger.

Ganz anders kommt dagegen "Nice Guys" daher, der Track klingt wie eine Mischung aus klassischem Hardrock und einer ordentlichen Portion JUDAS PRIEST. Gerrit verleiht dem Stück mit seinem formidablen Gesang zusätzlichen Glanz. Obendrauf gibt's noch einen dezent progressiv angehauchten Instrumentalteil und erstklassiges Solo.

Das exzellente "The Prisoner" hatte ich bereits gewürdigt. Im nachfolgenden "Bat An Eye" rotzen VOODOO KISS mit herrlicher Punk-Attitüde einen Kracher aus den Boxen, der MOTÖRHEAD und MIDNIGHT zu gleichen Teilen absolut gerecht wird. Das Stück verbreitet von der ersten bis zur letzten Sekunde gute Laune und lädt das Auditorium lautmalerisch zum wilden Pogo Tanzen ein.

Kehren wir noch mal zur Reminiszenz an die EISERNEN JUNGFRAUEN zurück. Kann es eine ehrerbietigere Verneigung von DER NWOBHM-Legende schlecht hin geben, als einen Songtitel wie "The Eagle In Sky"? Aber auch musikalisch huldigt man Eddies Truppe in vollen Zügen. Immer wieder kommt es mir beim Hören so vor, als würde Gerrit jeden Moment den Chorus von "Alexander The Great" anstimmen.

"No Time" fällt im Vergleich zu den vorherigen Tracks ein klein wenig ab, ist aber beileibe kein schlechter Song. Aber direkt im Anschluss geben VOODOO KISS im Albumcloser noch mal in allen Belangen Vollgas. "Thousand Steps of Goodbye", von Achim Ostertag liebevoll "Woho" abgekürzt, ist MAIDEN-Worshipping pur! Man kann sich dem Zauber des Songs einfach nicht entziehen, und der catchy Refrain kriegt einen direkt im ersten Durchlauf. Dann singt man von ganz allein mit: "Wohoho, wohohoho, wohohohohoho!". Was für ein grandioser Abschluss für das Album!

Es sollte vielleicht auch noch erwähnt werden, dass tatsächlich alle acht Songs bereits in den ersten anderthalb Jahren des Bestehens von VOODOO KISS entstanden sind. Das Alter hört man den Stücken allerdings zu keiner Zeit an. Die Tracks tönen frisch und irgendwie zeitlos mit gefälligem Retro-Flair in die Ohren der geneigten Hörerschaft. Das liegt nicht zuletzt auch am superbem Sound des Rundlings: kraftvoll, warm, kernig und doch detailliert. So muss klassischer Heavy Metal klingen.

Fazit:

27 Jahre nach ihrer Gründung hauen VOODOO KISS ihr Debüt-Album raus, das sich direkt ganz weit oben in meiner Favoriten-Liste für 2022 platzieren kann. Man spürt in jedem Riff in jeder Hookline, in jedem Chorus, dass vier Herren mit ganz viel Herzblut und Engagement zur Werke gehen. Das Songwriting lässt keine Wünsche offen, die musikalische und vokale Umsetzung ebenso wenig. Wer traditionellen Heavy Metal mit Bezug zur NWOBHM mag, muss hier unbedingt ein Ohr riskieren – es lohnt sich definitiv! Wer auf dem diesjährigen Summer Breeze Open Air am Dienstag vor Ort ist, der sollte sich die retrospektiv-emotionale Jubiläums-Show mit VOODOO KISS, APOPHIS, CRACK UP (last Live Show forever!), FLESHCRAWL und END OF GREEN nicht entgehen lassen.



Bewertung: 4.5 / 5.0
Autor: Ernst Lustig (18.08.2022)

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