UNDERTOW - Bipolar

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VÖ: 08.07.2022
Bandinfo: UNDERTOW
Genre: Alternative Metal
Label: El Puerto Records
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Lineup  |  Trackliste

Seit 1993 sind die süddeutschen Alternative Metal-Urgesteine nun schon unterwegs. Und seit dem 1997er Debüt "Slope" haut das (in Bezug auf die Musik) schwergewichtige Quartett in schöner Regelmäßigkeit eine hochkarätige Scheibe nach der anderen raus. Umso befremdlicher ist es, dass UNDERTOW nie wirklich über den Status eines Geheimtipps hinausgekommen sind. An der Qualität ihrer Veröffentlichungen kann es nicht liegen. Auch nicht an der extremen stilistischen Bandbreite des Kleeblattes. Es ist den Baden-Württembergern also von Herzen zu wünschen, dass sie sich vielleicht mit "Bipolar" eine größere Bekanntheit erspielen. 

Der neue Dreher spiegelt einmal mehr die enorme Vielseitigkeit von UNDERTOW wider. Die Versatzstücke, die die vier Herren zu einem einzigartigen, homogenen Ganzen verarbeiten, reichen von Thrash und Groove, über Doom und Sludge bis hin zu Gothic und Nu Metal. Ein Stilmix, der die Bezeichnung wahrlich verdient hat.

Bereits der Eröffnungstrack "When Tears Became Scars" ist ein Mega-Brocken. Achteinhalb Minuten lang türmen UNDERTOW ein wahres Riffgebirge auf, das dezente CROWBAR-Anleihen nicht verleugnen kann. Diese scherwiegende, untergrasnarbige Brachialität wird angereichert mit diversen Gothic Metal- und Dark Rock-Elementen, bei denen man sich zuweilen leicht an Michelle Darkness und END OF GREEN erinnert fühlt. Aber im Falle von UNDERTOW dienen die genannten Bands wirklich nur der Verdeutlichung des Stils. Auch und gerade durch die markante, unverwechselbare Stimme von Frontaxtschwinger Joschi sind und bleiben UNDERTOW zu 100 Prozent UNDERTOW.

"On Fire" bricht danach aus der Schwermütigkeit des grandiosen Openers aus, und haut der Hörerschaft satte Grooves in gehobenem Midtempo um die Ohren. In die gleiche Kerbe schlägt auch "Life Kills". Beide Stücke sind hart und aggressiv, allerdings wird die Brutalität immer wieder durch großartige, hochmelodische Parts aufgebrochen.

"Call Of The Sin" ist moderner Thrash Metal der Extraklasse und ein Headbang-Monster vor dem Herrn. "Shadows" tritt als Kontrastprogramm danach ziemlich stark auf die Bremse und zeigt die melancholisch-bedächtige Seite von UNDERTOW. Eine Modern Metal-Powerballade, wenn man so will, mit kleinen Reminiszenzen an die großartigen Slowtracks von FIVE FINGER DEATH PUNCH, was keinesfalls als Kritikpunkt zu verstehen ist.

Für "The Longest Breath" braucht man in der Tat einen etwas längeren Atem, ist das Stück doch der (anfänglich) sperrigste Track auf dem neuen Longplayer. Es braucht schon einige Zeit und diverse Durchläufe, ehe sich die Nummer der Hörerschaft vollkommen erschließt.

Mit "Unstoppable" folgt ein flotter Feger mit schmissigem Refrain. "Undertow" dagegen entpuppt sich als vielschichtiger Longtrack, der so unterschiedliche Stile wie schleppenden Doom und Highspeed Thrash miteinander verbindet. Dazu gesellt sich ein instrumentaler, ruhiger Gitarrenpart, der klingt, als wäre er nicht von dieser Welt. Beschlossen wird "Bipolar" von der ergreifenden, komplett unkitschigen Akustik-Ballade "I Remain", die dem Album einen ruhigen, aber dennoch würdigen Abschluss beschert.

Fazit:

Bislang veröffentlichten UNDERTOW acht durch die Bank sehr gute Alben, und "Bipolar" reiht sich als neunte Full Length-Veröffentlichung nahtlos in den erstklassigen Backkatalog ein. Vom Songwriting über den Sound bis hin zu spielerischen und gesanglichen Qualität stimmt auch auf der aktuellen Scheibe das Gesamtbild. "Bipolar" ist einmal mehr eine absolut runde Sache geworden und es ist UNDERTOW wirklich zu wünschen, dass sie endlich einen größeren Bekanntheitsgrad erlangen. 



Bewertung: 4.5 / 5.0
Autor: Ernst Lustig (10.10.2022)

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