BOREALIS - Illusions

Artikel-Bild
VÖ: 07.10.2022
Bandinfo: BOREALIS
Genre: Power Metal
Label: AFM Records
Hören & Kaufen: Amazon
Lineup  |  Trackliste

BOREALIS sind für mich erst mit "The Offering" so richtig durchgestartet und konnten mit druckvollem Songwriting inspiriert von EVERGREY punkten. Dichte Atmosphäre, ein bisschen Pathos und immer genug Raum für starke Melodien. Dementsprechend hoch waren meine Erwartungen, was den Nachfolger "Illusions" betrifft. Große Sorgen kamen im Vorfeld nicht bei mir auf, da ich Minimum eine solide Melodic Power Metal Scheibe mit leichtem progressiven Einschlag erwartet habe.

Das stimmige Intro, das namensgeben für den Albumtitel ist, wird von wunderschönem Gesang seitens Christine Hals umrandet, die zumindest laut meinen Recherchen eine skandinavische Filmkomponistin zu sein scheint. Kurweilig, aber wohlig einstimmend auf den Opener "Ashes Turn To Rain". Das ausladende Intro zum Opener baut sich Stück für Stück auf gepaart mit fetzigen Synthie Sounds. Die druckvolle Produktion tut ihr übriges dazu bei, mir ein Grinsen ins Gesicht zu zaubern. Matt Marinelli hat eine unglaublich sanfte Stimme, die dennoch ordentlich Kraft und Herz versprüht. Die Parallelen zu EVERGREY wirken greifbarer dennje, stören aber auch nicht wirklich. Die Hook kriegt mich und die ganzen Layer, die im Background ihr Unwesen treiben, werten das gesamte Soundkonstrukt ungemein auf. Mit "My Fortress" erwartet uns anschließend sogleich Mal der zweitlängste Song der Platte, der das Gesamtwerk auch schnell etwas "sperriger" wirken lässt. Die melodischen Leads wissen zu gefallen und die ruhigen Strophen erzeugen ebenfalls ein angenehmes Gefühl. Musikalisch bin ich bei EVERGREY, gesanglich höre ich hier immer ein bisschen Russell Allen.

"My Fortress" wirkt unscheinbar, offeriert allerdings einen Refrain, der sich ins Ohr wühlt und mich ein stückweit an die Anfänge von ALLEN-LANDE erinnert ("The Battle"). Der Mittelteil ist erwartungsgemäß etwas ausladender, zeigt sich episch und geizt natürlich auch nicht mit einem fetzigen Solo. Mir gefällt  aber allen voran der Übergang in die fast balladesken und ruhigen Gefilde, woraufhin das Ganze wieder an Fahrt gewinnt und uns erneut ein nettes Solo spendiert. Gerade die höhere Tonlage seitens Matt knallt ordentlidch rein gen Ende. "Pray For Water" bildet eine solide Single ab, die auf Nummer sicher geht, dabei in meinen Augen aber nichts besonderes erzeugt, sondern eher im Schatten der zwei vorangegangenen Songs zurückbleibt. "Burning Tears" ist für mich eines der Highlights auf "Illusions" und präsentiert uns eine astreine Ballade. Die Vocals von Matt sind unglaublich eindringlich und spätestens in der Hook überkommt mich sogar Gänsehaut, die in den restlichen Minuten auch nicht mehr verschwindet. Das Duett mit Lynsey Ward (EXPLORING BIRDSONGS) ist der Hauptgrund dafür und lässt sogar minimal meine Augen feucht werden.

Leider wird das Album anschließend wirklich sehr sperrig und undurchsichtig. "Believer" verliert mich abseits von den tollen Leads gänzlich und wirkt etwas zu gleichförmig, auch wenn es bei weitem kein schlechter Song ist. "Light Of The Sun" bietet ordentlich Pathos, Orchestrationen und nett inszenierte Synthie-Einlagen. Die instrumentalen Parts sind es hier auch, die den Song frisch halten. Was die Hook betrifft, will der Song bei mir bis heute nicht wirklich zünden und erreicht dementsprechend nicht das Niveau des grandiosen Instrumentals. "Face Of Reality" ist eine astreine Powerballade, die leider nicht ansatzweise so tiefe Emotionen in mir auslöst wie "Burning Tears". Irgendwie fehlt hier und da der eine Melodiebogen, um den Song zu etwas "besonderem" zu machen und so macht sich bei mir eine gewisse Gleichgültigkeit breit. "Bury Me Alive" und "Abandon All Hope" haben leider exakt dasselbe Problem und lassen mich vollkommen gelangweilt zurück. BOREALIS schaffen es hier nicht, dass der Funke überspringen mag.

Letztlich ist es der Longtrack, der mich nochmal vollends in den Sessel drückt und das absolute Highlight des Albums markiert. "The Phantom Silence" hat alles, was ich mir von der Truppe wünsche: Emotionen, Energie, Tempowechsel und eine unglaublich dichte Atmosphäre. Die female Vocals im Background stellen eine wunderbare Symbiose mit Matts Lead Vocals dar und geben dem Song einen völlig eigenen Charakter. Selbst der lange Mittelteil offenbart viele Spielereien und hält die Spannung hoch. Allein die Orchestrierung ist hier absolut vereinnahmend. "Illusions" kann das Niveau von "The Offering" nicht bestätigen und wirkt gerade in Hälfte zwei leider zu sperrig. Dennoch hat es seine grandiosen Momente, die ich nicht missen möchte. Wenn BOREALIS es wieder nach dem Motto "weniger ist mehr" angehen, dann dürfte der kommende Longplayer wieder eher meine Bedürfnisse befriedigen. 



Bewertung: 3.5 / 5.0
Autor: Sonata (17.10.2022)

ANZEIGE
ANZEIGE