KAMPFAR - Til Klovers Takt

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VÖ: 11.11.2022
Bandinfo: KAMPFAR
Genre: Pagan Metal
Label: Indie Recordings
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Lineup  |  Trackliste  |  Credits

Der Nachteil eines Ausnahmealbums ist, dass sein Nachfolger im Angesicht elefantöser Fußstapfen stets vor entsprechenden Herausforderungen steht – so auch das aktuelle KAMPFAR-Werk "Til Klovers Takt". Denn besagte Scheibe muss im beachtlichen Schatten von "Ofidians Manifest" (um nicht zu sagen "KAMPFARs Manifest"), das aus Sicht des Verfassers durchaus das Zeug zum Opus Magnum der Band hat, seine Rille stehen und eine nicht ganz unwahnwitzige Hürde überwinden.

Nur soviel vorweg: "Til Klovers Takt" versucht nicht, das Erfolgsrezept von "Ofidians Manifest" zu kopieren oder auch nur im Ansatz so zu klingen. In gewisser Weise geht es sogar in eine völlig andere Richtung – es ist weniger verspielt in seiner Komposition, konsequenter im Fokus auf den Black Metal als Kerngenre und setzt verstärkt auf lange Tracks um acht Minuten Laufzeit. Was insbesondere zur Folge hat, dass es im Vergleich weniger eingängig und kurz und knapp auf den Punkt kommend ist als sein Vorgänger. Dies und der weitgehende Verzicht auf schnell zündende Hooks und Melodien machen es dem Hörer schwerer, die Platte zu ergründen und zu verstehen. Aber wird sie dadurch automatisch zu einem schwächeren Album?

Mitnichten – vielmehr erscheint hier der angedeutete Terminus "anders" oder womöglich sogar "traditionsbewusster" zutreffend. Denn wenn man sich die nötige Zeit und Muße nimmt, "Til Klovers Takt" in Ruhe und Gänze aufzunehmen, wird man mit einer Dreiviertelstunde KAMPFAR in Bestform und norwegischem Düstertanz par excellence belohnt. Dann offenbaren sich die mit Bedacht eingearbeiteten Highlights wie das epochale Finale des Openers "Lausdans Under Stjernene", das so nur KAMPFAR auf die Rille bekommen und bis zu dem der Hörer schleichend, aber unweigerlich in den walzenden Downtempopassagen geplättet wird. Ebenso entfaltet sich dann die unheimliche Intensität der Songs, die ihre Kraft gleichermaßen aus doomiger Niedertourigkeit und ungestümer Raserei schöpfen und sich durch die gekonnt inszenierten Wechsel zwischen den Extremen einen zusätzlichen Push erspielen.

So dominieren in den Tracks wie dem Opener und "Urkraft" zunächst apokalyptische Scheinruhe und zermalmende Entschleunigung, nur um zur rechten Zeit mit Wucht und Geblaste einen farbenleeren Strudel zu entfesseln, der alles Umgebende unwiederbringlich in die Tiefe reißt. Und der bereits angedeutete stärkere Fokus auf originären Black Metal findet in den kompromisslos brachialen Eruptionen von "Flammen Fra Nord" einen furiosen Höhepunkt. Hut ab für diesen mehr als authentischen Wutsturm – Gänsehaut garantiert!

Auch in puncto Sound haben KAMPFAR ganze Arbeit geleistet und sogar noch eine Schippe draufgelegt. Im Resultat klingt "Til Klovers Takt" einerseits in vertrauter Weise nach "Ofidians Manifest", kann aber anderseits den warmen Wohlklang der Gitarren und die Wucht der nach wie vor organischen Drums noch um eine Stufe steigern. Bei angemessener Lautstärke rühren einem die Teile in den Därmen wie der gestreckte Leberhaken eines Terminators – sprichwörtlich der (Dampf-)Hammer, was die Herren hier abgeliefert haben.

Wie kann man ein solches Album angemessen bewerten? Wie schon angedeutet ist "Til Klovers Takt" anders und es hat auch nicht denselben Zauber wie "Ofidians Manifest"...was es – so fair muss man sein – auch gar nicht kann, weil die damaligen, besonderen und beinahe tragischen Umstände dieses singuläre Album überhaupt erst ermöglicht haben. Dolks Blick in das Auge der drohenden Verdammnis und sein Sieg über die destruktiven Kräfte wurden zum kreativen Kern und emotionalen Treiber des "Manifests", wodurch neben der fabulösen Musik noch eine weitere, nicht wiederholbare Facette entstand – ähnlich wie seinerzeit bei BEHEMOTHs bis heute unerreichtem Bravourstück "The Satanist".

Doch statt einem nicht wiederholbaren Ausnahmewerk nachzueifern, wählt "Til Klovers Takt" einen eigenen Ansatz und schafft es, sich von seinem Vorgänger abzugrenzen und durch den Fokus auf die Perfektion alter Tugenden eine Platte zu werden, die dem schwarzen Album in puncto Songwriting ebenbürtig ist und in der Produktion noch einen drauf setzt. Es hat den einzig richtigen Weg einer eigenen (nicht minder charakteristischen und mit beeindruckender Inbrunst vorgetragenen) Signatur gewählt und damit auf seine eigene Weise den Schulterschluss zu "Ofidians Manifest" vollzogen. Und aus diesem Grund ist für dieses vollendete Stück Hochkultur nicht weniger als die notentechnische Parität angemessen.



Bewertung: 4.5 / 5.0
Autor: Lord Seriousface (07.11.2022)

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