ARCHITECTS - The Classic Symptoms Of A Broken Spirit

Artikel-Bild
VÖ: 22.10.2022
Bandinfo: ARCHITECTS
Genre: Metalcore
Label: Epitaph Records
Hören & Kaufen: Amazon | Webshop
Lineup  |  Trackliste

Der neueste Streich der einstmaligen Mathcore-Vorzeigebriten liegt schon einige Zeit zurück, aber manchmal sind sowohl die Wege der zum Rezensieren notwendigen Promos als auch die Pfade des realen Lebens mit unerwarteten Abzweigungen und Sackgassen bestückt. Nichtsdestotrotz darf "The Classic Symptoms Of A Broken Spirit" natürlich auf keinen Fall unter den Tisch fallen. Ist der neue ARCHITECTS-Dreher doch mit Sicherheit das am kontroversesten diskutierte und von Journaille und Fans gleichermaßen am stärksten kritisierte Album der Bandgeschichte.

Der musikalische Output, den uns die Architekten auf ihrem mittlerweile zehnten Longplayer darbieten, führte sogar dazu, dass die Band sich kurz vor dem Release der Scheibe für ihre Entwicklung und stilistischen Änderungen im Netz quasi entschuldigte, sich zumindest aber dazu bemüßigt fühlte, sich zu rechtfertigen. Für mich unnötig, denn (Weiter)Entwicklung ist ein essentielles Recht, das jede Band hat, ob es den Fans oder der Metal(core)Moral-Polizei nun passt, oder nicht.

Eigentlich lässt sich der momentane Stand(ort) der ARCHITECTS ziemlich schnell und kurz zusammenfassen: Mathcore war vorgestern, Metalcore war gestern. Im Hier und Jetzt präsentieren sich die Songs auf "The Classic Symptoms Of A Broken Spirit" als Mischung aus mit Core-Elementen angereichertem Alternative Metal (mehr)/Rock (weniger) und vermehrt elektronischen Elementen. Dazu viele cleane Vocals und ,zwar vorhandene, aber sehr selten gewordene Screams von Frontmann Sam Carter. 

Nun ist es in der Tat so, dass sich "The Classic Symptoms Of A Broken Spirit" um einiges von den Wurzeln der musikalischen Bauzeichner wegbewegt und man mit der Neuausrichtung näher an die Klanguniversen anderer Mitbewerber heranrückt. Aber es ist natürlich nicht so, dass man die typischen ARCHITECTS-Signaturen nicht mehr wiederfindet. Wer das behauptet, möge doch bitte die Brille putzen und noch mal etwas gründlicher auf die Suche gehen. 

Stücke wie der brachiale Opener "Deep Fake", das fett groovende "Tear Gas", das vom Titel her eher eine Ballade vermuten lassende "When We Were Young" (da sind sie, die Screams!), "A New Moral Low Ground" oder der obergiftige Rausschmeißer "Be Very Afraid" geben richtig Gas und treten ordentlich gegen das Fressbrett aller Nörgel-Pussies.  

Im Gegensatz dazu sind eingängige Ohrwurmkandidaten wie "Spit The Bone" und "Living Is Killing Us" sowie die Hitgranaten "Burn Down My House", "Doomscrolling" und "All The Love In The World" auch alles andere als seichte Popsongs. Klar, sie laufen wie Öl in die Gehörgänge, aber seit wann ist Eingängigkeit ein Synonym für mindere Qualität?

Die Architekten beweisen anno 2022 den Mut, bekannte Pfade zu verlassen. Von Anbiederung an den Mainstream kann hier keine Rede sein. Außerdem – wo fängt denn der Mainstream heutzutage an? Und wer legt diese Grenze eigentlich fest? Mir persönlich ist es sowieso scheißegal, ob Musik im Hauptstrom schwimmt oder sich in den Nebenarmen eines klanglichen (Genre)Flusses bewegt. Wenn mich eine Band, eine Künstlerin, ein Musiker mit ihrem Schaffen anspricht und begeistert, dann ist es (mir) total egal, ob dieser kreative Output Mainstream ist, oder nicht, und wie viele Einheiten davon verkauft werden.

Fazit:

Entgegen der Meinung vieler Kritiker hat mich "The Classic Symptoms Of A Broken Spirit" total abgeholt. Aber ich bin ja auch mit anderer "Weichspüler-Mainstream-Mucke" wie ESCAPE THE FATE oder WE CAME AS ROMANS zu begeistern. Wem es ebenso geht, der kann bei der aktuellen ARCHITECTS Scheibe bedenkenlos zugreifen. Alle Früher-war-die-Band-mal-richtig-gut-Heulbojen gehen dagegen gern ins stille Zimmer noch eine Runde weinen.



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: Ernst Lustig (09.02.2023)

ANZEIGE
ANZEIGE