ZSK - Hass↯Liebe

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VÖ: 10.02.2023
Bandinfo: ZSK
Genre: Punk Rock
Label: Hamburg Records
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Lineup  |  Trackliste

Viel Hass, wenig Liebe und wenn man Glück hat, ein wenig "Hass↯Liebe" für die Masochisten unter uns – treffende Worte für unseren Zeitgeist und zugleich moralisches Resümee für eine Welt, die in jeder erdenklichen Disziplin so unfassbar irrational und surreal aus den Fugen gerät, dass man es fast schon mit einem schlechter Katastrophen-Science-Fiction made in Hollywood gleichsetzen muss. Und die reichlich Futter für sozialkritische Punkbands wie ZSK liefert. Nachdem die eigentlich immer verlässlichen ANTI-FLAG mit ihrem neuen Dreher überraschenderweise eine Bauchlandung hingelegt haben, bleiben wir gespannt, was das Jahr in Sachen Punkrock 2023 noch zu bieten hat.

Wenn wir die Antwort auf ZSKs siebtem Album "Hass↯Liebe" suchen, lautet sie wahrscheinlich: erleichternde Klartextpoesie! Denn wie der geneigte Hörer weiß, tragen Joshi und Co. das Herz auf der Zunge und am rechten Fleck. So wundert es nicht, dass die Texte einmal mehr kritisch, direkt und manchmal auch straight auf die Fresse sind. Sei es die unterschwellige Message des Openers "Darwin", dass die Menschheit sich in ihrer grenzenlosen Dummheit früher oder später selbst wegrationalisiert oder der schiere Frust auf unbelehrbare Quarkbirnen, die ihr Diplom an der YouTube-Universität gemacht haben, in "Beratungsresistent" – die Lyrics legen den Finger in die Wunde, hinterlassen einen mit dem Gefühl, dass man mit seinen globalen Sorgen nicht alleine ist und sind einfach die große Stärke des Albums. Und es tut gut, zu hören, dass jemand das Rückgrat hat, diese Dinge ungeschönt auszusprechen ("ich hasse wirklich jeden einzelnen von euch, eure beschissne Dummheit, eure Menschenfeindlichkeit. Da hilft kein gutes Argument, ihr seid beratungsresistent", "du glaubst an YouTube, ich an die Wissenschaft").

Die musikalische Umsetzung hingegen zeigt zumindest Optimierungspotenzial. Zwar sind keine echten Langweiler an Bord, doch beschränken sich für meine alten (und von "Riot Radio" und Co. verwöhnten bzw. versauten) Ohren die echten Pogoanheizer auf das oben genannte "Beratungsresistent", "Himmel", den Titelsong "Hass↯Liebe" und die Ode an den verlorenen Freund, den "Hipster" (ich hoffe aufrichtig, dass er noch therapierbar ist und die Finger von diesem seltsamen Chai-Latte-Gesöff lässt). Der Rest ist wie gesagt nicht verkehrt und für die bevorstehende Freiluftsaison tauglich, aber eben nicht überragend. Ein wenig mehr Wut (…jetzt mal Hand aufs Herz: wenn es dazu aktuell nicht Grund genug gibt, was dann?!), mehr Biss und eine entsprechende Flankierung mit einer etwas dreckigeren Produktion würden hier Wunder bewirken und den Lyrics, denen ich zu 100% zustimme, den nötigen Schub für eine authentische Klang-Text-Symbiose verleihen.

Insofern machen ZSK im fast schon obligatorischen Rennen mit ihren US-amerikanischen Amtsgenossen aus Pittsburgh zwar das Rennen, aber das muss noch nichts heißen. Das junge Jahr hat noch elf Monate und bis die Dosenbier-Fontänen den Treppchen-Höchsten in der Kategorie "Punkrock" benetzen, werden noch mehr als ein Pogo getanzt und Punkrock-Alben feilgeboten. Da geht bestimmt noch mehr – bei ZSK und auch im Genre allgemein. Aber Hinhören und vor allem über die Texte nachdenken lohnt sich! Ohren auf beim Plattenkauf!



Bewertung: 3.5 / 5.0
Autor: Lord Seriousface (03.02.2023)

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