INSOMNIUM - Anno 1696

Bandinfo: INSOMNIUM

Genre: Melodic Death Metal
Label: Century Media Records
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Lineup | Trackliste | Credits
INSOMNIUM stehen für vertonte Trauer und Melancholie. INSOMNIUM stehen für Perfektion in Klang und Komposition. Und INSOMNIUM stehen für Extravaganz, sei es in ihrer klanglichen Eigenständigkeit selbst, in Projekten wie ihrem gewichtigen Vierzigminüter "Winter's Gate" oder in ihrem neunten Album "Anno 1696", das mit einer von Niilo Sevänen verfassten Kurzgeschichte im Gepäck daher kommt und auf dieser basiert.
Aus dunklen Zeiten...
Wie der Albumtitel andeutet, reicht der lyrische Background der Scheibe weit zurück in die Vergangenheit, "in eine dunkle und unruhige Vergangenheit in Nordeuropa, eine Zeit der Hexen, des Aberglaubens, der Blutlust und des Wahnsinns. Und von Werwölfen". Die Hexenprozesse von Torsåker mit über siebzig enthaupteten Frauen, Kannibalismus und Kindermord während der Jahre der großen Hungersnot standen als "grausame Muse" Pate für Sevänens Geschichte und die Texte auf "Anno 1696".
Insofern bietet "Anno 1696" interessierten Hörern und Leseratten bereits eine abendfüllende Veranstaltung, ohne auch nur einen einzigen Ton zu spielen. Doch was würde besser zu erschütternden Zeilen über düstere Zeiten passen als die beispiellos emotionale und rundum transzendente Klangkunst INSOMNIUMs? Und die hat es mal wieder in sich! Die Finnen perfektionieren einmal mehr ihr gekonntes Spiel mit den Facetten, verwöhnen den Hörer mit vertrauten Melodien und Rhythmen, die zugleich immer wieder frisch und unverbraucht wirken. So kommt es, dass man sich schon im ersten Durchlauf quasi so unverhohlen heimisch fühlt, als wären einem die Noten bereits seit Jahrhunderten ins Urgedächtnis implantiert...und irgendwie dennoch neu.
...folgen dunkle Mixturen
Jede der bekannten Trademarks kommt gebührend zur Geltung, wobei jedoch gerade die ungestüme und stürmische Seite der Band stärker zum Ausdruck kommt. Hierdurch entsteht ein hervorragend abgestimmtes Verhältnis zwischen Verträumtheit und Wut, wodurch der geneigte Zeitreisende in der Konsequenz mit hämmernden Blastbeats und furioser Doublebass regelrecht durch die Düsternis gedroschen wird ("1696" nach der Intropassage, "Godforsaken", "Starless Paths"). Gegenüber der weitaus geruhsameren EP "Argent Moon" ein bemerkenswerter Kontrast und zugleich eine spürbare Rauheits-Steigerung gegenüber dem letzten regulären Langspieler "Heart Like A Grave".
INSOMNIUM haben rauere Töne versprochen und geliefert – doch so genial die neuerliche Mixkorrektur auch ist, so spielt doch das in meinen Ohren verdienteste und umwerfendste Stück Musik abermals in der verträumt-melodischen Liga: "Lilian" – ein Song vom Perfektionslevel von AMORPHIS' "The Moon", das einem mit seinem hollywoodreifen Melodiespiel die Tränen in die Augen treibt und das dank seiner ebenfalls durchgetretenen Doublebass auch die eingerosteten Kriegergene eines altgedienten Bürohengstes befriedigt (internes Redaktionszitat des Verfassers an einen Kollegen: "Oida, die neue INSOMNIUM is' so geil, da muss ich vor Freude heulen"). Bei so viel Zauber gehen die Gastauftritte von Johanna Kurkela und Sakis Tolis (ROTTING CHRIST) schon fast ein Stück weit unter...
Ich glaube, ich war schon verliebt, als ich "Anno 1696" das erste Mal gehört habe!
Professors Mund tut Wahrheit kund! So darf man summa summarum resümieren, dass INSOMNIUM mal wieder alles richtig gemacht und sich als eine der quintessenziellesten Kapellen im Melodeath erwiesen haben. "Anno 1696" ist nicht nur ein absolutes Vorzeigealbum seines Genres, sondern auch das in Komposition und Klang vollendete Zeugnis eines singulären Klangkosmos, der nicht kopiert werden kann. Ein Unikum, das nur die allerwenigsten Kapellen wie die bereits genannten AMORPHIS zu erschaffen vermögen. So bin ich in Anbetracht der verdienten Patt-Situation mit dem hochgelobten "Halo" bereit, zum Äußersten zu gehen und auch hier ein kongruentes High-Five auszusprechen. Meine persönliche Höchstnoten-Uhr schlägt damit sechs und INSOMNIUM haben sich ihren Ritterschlag redlich verdient.