ENSLAVED - Heimdal

Artikel-Bild
VÖ: 03.03.2023
Bandinfo: ENSLAVED
Genre: Progressive Metal
Label: Nuclear Blast GmbH
Hören & Kaufen: Amazon
Lineup  |  Trackliste

Der Zyklus "Utgard" ist mitsamt all seinen Ehrenrunden durch die Zwischenwelt der pandemiebedingten Streamingshows und -veröffentlichungen endgültig für ENSLAVED abgeschlossen. Wie wir heute wissen, ist er das sogar schon seit dem EP-Release namens "Caravans To The Outer World", denn das namensgebende Stück trägt in Kürze auch zur Ergründung des Wächters der Götter, namentlich "Heimdal", bei, wovon ich bei der Ankündigung dieses Werkes  gelinde gesagt  ein wenig erstaunt war. Normalerweise fiebere ich dem Veröffentlichungsdatum entgegen, wenn die Norweger die Kunde eines neuen Albums verbreiten, jedoch fiel die Reaktion trotz des zweifelsohne gelungenen Artworks dieses Mal eher unterkühlt aus, zumal mit "Kingdom" bereits seit dem Sommer 2022 ein weiterer Song bekannt ist, den man eher als Standalone-Single vermutete.

Ich könnte mich hier jetzt stundenlang über die aktuelle Veröffentlichungspolitik von Nuclear Blast, die sich mit ihrer Marktstrategie schon vor geraumer Zeit den neuzeitlichen Gepflogenheiten angenähert haben, auslassen, aber auf der anderen Seite fühle ich mich trotz meines körperlichen Alters von gefühlt 70 geistig noch nicht alt und verbohrt genug, um ebendies zu tun. Sprich: Man kann dazu stehen, wie man will. Bei IN FLAMES war nach dem Erscheinen von "State Of Slow Decay" schließlich auch klar, dass da irgendwann wohl ein komplettes Album erscheinen würde. Dennoch lässt mich insbesondere bei "Heimdal" der Gedanke nicht los, dass es sich hierbei um einen Schnellschuss handeln könnte, denn der Nachfolger des famosen "Utgard" lässt mich überwiegend fragend zurück.

Mein Problem lässt sich dabei ziemlich genau benennen: Mir passiert hier schlichtweg viel zu wenig  nicht nur im Vergleich zum direkten Vorgänger, sondern grundsätzlich zu allem, was seit einschließlich 2010 im Kosmos des Quintetts stattgefunden hat. "Axioma Ethica Odini", "Riitiir", "In Times", "E" und "Utgard" sind bei mir allesamt Heavy-Rotation-Material, aber bei "Heimdal" fühle bzw. spüre ich nichts, was mich langfristig an es binden würde. Als im starken Opener "Behind The Mirror" zum ersten Mal angenehm das Wasser plätscherte und in der Ferne das Horn des Heimdall erklang, war ich noch guter Dinge, doch die Vorfreude wurde bereits kurze Zeit später abrupt vertrieben. Passable Fragmente wie eine prägnante Keyboard-Passage ("Congelia"), ein verdreht-psychedelisches Riff-Keyboard-Duett ("Forest Dweller") oder einprägsam-harsche Gitarren ("The Eternal Sea") können nicht darüber hinwegtäuschen, dass man sich auf "Heimdal" stilistisch ein bisschen verlaufen hat und keine neuen Akzente setzen kann. Das wäre an sich auch gar nicht so schlimm, wenn die Vorgängerwerke all das nicht schon wesentlich besser ausgeführt hätten.

Kurzum: "Heimdal" klingt, zumindest für mich persönlich, wie eine Ansammlung von halb ausgearbeiteten Überresten aus längst vergangenen Sessions, von denen man sich nicht trennen konnte. Selbstverständlich wird man hier keiner Vollkatastrophe lauschen, weil ENSLAVED ein gewisses Niveau innehaben, das sie genau davor schützt, aber von ihrer Meisterwerksform sind sie hier dennoch um einiges entfernt. Leider. 



Bewertung: 3.0 / 5.0
Autor: Pascal Staub (24.02.2023)

ANZEIGE
ANZEIGE