VANISH - A Hint Of Solace

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VÖ: 31.03.2023
Bandinfo: VANISH
Genre: Progressive Power Metal
Label: El Puerto Records
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Lineup  |  Trackliste

Ganze sechs Jahre nach dem überraschenden und extrem starken „The Insanity Abstract“ sind VANISH endlich mit einem lang ersehnten kompletten Album zurück. Die Stuttgarter sind eine der wahrscheinlich spannendsten Formationen im Bereich der melodisch/progressiven Strömungen des Powermetal, dem man ja gemeinhin nachsagt, dass der ausgelutschten Hülse schon so ziemlich alles abgerungen wurde. Dennoch schaffen es die fünf exzellenten Musiker auf dem vorliegenden „A Hint Of Solace“ ihre Kompositionen hochgradig eigenständig zu halten, ohne dabei puncto Eingängigkeit in irgendwelche klischeehaften Fallen zu tappen, oder sich wahlweise in theatralischem Symphonic-Bombast oder entrückter Pog-Frickelei zu verlieren. Im Gegenteil, verschmelzen VANISH mit unheimlicher Raffinesse und Eleganz die Geradlinigkeit von drückenden, groovenden Riffs mit der leichtfüßigen, verspielten Atmosphäre ohrwurmlastiger Melodien und bieten damit ein extrem spannendes, lange nachhallendes Hörerlebnis abseits normierter Melodic Metal Kost.

„Crowdpiercer“ eröffnet den Reigen aus „nur“ acht Songs mit wuchtigen, mitreißenden Klängen, die von dezentem Keyboard unterlegt werden – und sogleich bemerkt man, dass die Experimente mit bereits vorhandenen Songs auf der vorangegangenen EP „Altered Insanity“ ihre durchschlagende Wirkung entfalten. Die Einbindung der Screams von Gitarrist Ben gibt dem Song trotz harmonischem Refrain das kleine Extra-Quäntchen Härte, welches man mit anerkennendem Kopfnicken zur Kenntnis nimmt. Ebenso wuchtig donnert „Walk With Me Through Fire“ aus den Boxen, das einmal mehr mit drückenden, harmonischen Riffs besticht und Sänger Bastian die Gelegenheit gibt, seinen kompletten Stimmumfang in Szene zu setzen, gekrönt von einem mächtigen Refrain dem man das Prädikat „Ohrwurm“ mit vollumfänglichem Recht umhängen kann, schüttelt man diesen doch wochenlang nicht mehr aus dem Schädel.

Eindringlich und emotional, doch mit mörderischem Groove in den Midtempo-Riffs kommt „Act Live Resolve“ einher und präsentiert sich dabei auf den ersten, oberflächlichen Hördurchgang unspektakulär, aber entwickelt nach mehrmaligem Hören eine zunächst gar nicht vermutete Dynamik und Tiefe. Die Ballade „The Crossing“ tut sich hier etwas leichter, baut sie sich doch geradezu monumental auf und erzeugt damit cineastisches Feeling, an dem einmal mehr Sänger Bastians emotionale Intonation maßgeblichen Anteil hat. Selbst wenn man kein allzu großer Fan von Balladen ist - und schon gar nicht von solchen, die mal locker die Sechs-Minuten-Marke knacken - kommt man nicht umhin, sich der Gänsehaut-Atmosphäre des Titels hingeben zu müssen.

„Voyage in Suffering“, das gegen Ende hin richtig Fahrt aufnimmt, greift dann das bedrohlich grollende Muster des Openers noch einmal auf und serviert wieder einen prägnanten Refrain. „Black Elaton“ hakt sich im Anschluss gleich ebenso im Gehörgang fest und zeigt mit enorm aggressivem, fast thrashigem Riffing in den Strophen die etwas ruppigere Seite von VANISH, zu der auch die erneute dezente Einbindung von Screams in Refrain und Bridge vorzüglich mundet und den Titel nicht zuletzt dank des epischen Refrains zu einem der zahlreichen Highlights des Albums macht.

Einzig der abwechslungsreiche Longtack „As Though The Dead Are Here“, der vor dem stimmungsvollen Outro „A Hint Of Solace“, welches für den Albumtitel Pate stand, den eigentlichen (musikalischen) Abschluss des Albums bildet, mag nicht so recht zünden. Zwar stechen einige wirklich großartige Passagen hervor, doch insgesamt mag der übergeordnete Spannungsbogen hier die einzelnen Teile nicht so ganz zu einem schlüssigen Ganzen zusammenkitten. Doch dieser kleine, einen Zacken zu komplexe Absacker zum Schluss hindert das Album nicht daran, ohne Frage zu einem der frühen musikalischen Höhepunkte des Jahres zu werden.

Die Rädchen auf „A Hint Of Solace“ greifen perfekt ineinander, ausgehend von den fein austarierten, unheimliche Tiefe erzeugenden Kompositionen der Stuttgarter, über die drückende, mächtige Produktion bis hin zu kleinen Details wie dem wunderbaren ebenso aus der Masse hervorstechenden Cover-Artwork verschmelzen bei VANISH alle Elemente zu einem so schlüssigen, wie eigenständigen Ganzen, das hart an der Bestnote kratzt. Wenn man als Rezensent sieht, zu welchen qualitativen Höhen sich eine Band, ausgehend vom ersten Kontakt (in meinem Fall das zweite Album „Come To Wither“ im Jahr 2014), emporzuschwingen vermag, so verdrückt man gerne mal ein Tränchen der Freude. Im Falle von VANISH' „A Hint Of Solace“ zu Recht.

 

 



Bewertung: 4.5 / 5.0
Autor: Anthalerero (28.03.2023)

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