OVERHEAD - Telepathic Minds

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VÖ: 31.03.2023
Bandinfo: OVERHEAD
Genre: Progressive Rock
Label: Eigenproduktion
Lineup  |  Trackliste  |  Credits

Denke, das letzte rezensierte Album aus Finnland entstammt der Feder von ODDLAND, deren Werk „Vermilion“ nicht gerade die kleinsten Fußstapfen im Schnee hinterließ. Die 1999 formierte Band OVERHEAD, nicht zu verwechseln mit gleichnamiger Band aus Portugal, schickt zur allgemeinen Begutachtung ihr Album aus der finnischen Ideenschmiede auf eine Reise. Den Titel „Telepathic Minds“ finde ich an sich witzig, denn, soviel ich weiß, widerspricht Telepathie allen physikalischen Gesetzen.

Der Opener „War To The End All Wars“ offenbart eine Band, der man anmerkt, dass sie bereits Jahrzehnte auf dem Buckel hat. Jedes Instrument ist austariert, gleichermaßen fügt sich der Gesang zu einem großen Ganzen, das Songwriting besticht durch Stringenz.

Ghosts Of The Future" grätscht mit der Besonderheit aus der Kategorie Extended Version rein. 12:40 Minuten fein gesponnener Mid-Tempo-Prog-Rock. Einen Kritikpunkt möchte ich trotzdem ins Felde führen. Wieder wurden die Lyrics löblicherweise mitgeliefert, allerdings kann ich damit wenig anfangen:

„… We're ghosts from the future
with scary eyes in the dark
Then the darkness became us
intertwined our lives
better shoot in silence
right between the eyes…“

…ähm, was?

Sail Across The Universe“ verstärkt meine Bedenken, die Lyrics betreffend. Der Titel ist ein Widerspruch, nicht? Ist es eine metaphorische Reise? Im Gegensatz steht dazu weiterhin die musikalische Ausformung, die geradezu klassisch anmutet: Intro, Strophe, Refrain, etc. ohne große Experimente. Geht gut ins Ohrwaschl.

The Pilot Is Not Fit To Fly“ ist wieder eine Nummer jenseits der neun Minuten Spieldauer. Zum wiederholten Mal fällt das Querflötenspiel auf, da hat mich die Band sofort, ich meine „Stairway To Heaven“ von LED ZEPPELIN, alles gesagt. Das sehr lange, klassische Solo ist gefällig, hört sich nach einer Single-Coil-Gitarre an, das verstärkt diesen nicht schlecht gemachten Retro-Schick, allerdings glaube ich, der Gitarrist spielt hauptsächlich IBANEZ JEM777. Wurde ich in Loki-Manier [Anm. d. Verf.: Loki, nordischer Gott] geprankt? 

Sleep Tight Tonight Sweetheart“ ist meiner Meinung zu schwach, um es auf diese Langrille geschafft zu haben.

Im Gegensatz zum vorangegangenen Lied steht wohl „Telepathic Minds“, das mit 17:17 Minuten DEEP PURPLE und Co. aufschließt, zumindest was die Spiellänge betrifft, musikalisch ist man nicht ganz auf dieser Höhe. Ein wenig mehr Fett hätten die Riffs und Hooklines doch verdient. Das Keyboard, na ja, auch das hätte zielführender eingesetzt werden können. Vergleiche mit John Lord, dem Organisten von DEEP PURPLE, sollen hier keine herangezogen werden, da würde jede/r abstinken.

Tuesday That Never Came“: Grundsätzlich geht das gepickte Gitarren-Intro plus Streicher in Ordnung, der Gesang dito, allerdings sind wir bei Lied sieben angelangt und das bisher gehörte weicht wenig von diesem Duktus ab. Etwa das Tempo könnte mal variieren. 

Planet Of Disorder“: Hier ist die Bridge wahrlich gut gelungen. Abermals gepickte Gitarren, die das Querflötenspiel tragen. Das folgende Gitarren-Solo ist ein wenig verhalten ausgefallen, passt allerding zum Sound von OVERHEAD.

Sheep Stay Silent“: Ah ja, 8/4-Takte sollen es also zu Beginn sein. Selbst bei den eher, sagen wir mal, rockigeren Passagen, wirkt das Spiel der Musiker zurückhaltend, womöglich ist das eine beabsichtige Hommage an 70er-Rock-Bands wie JETHRO TULL, wo man eher nuanciert dezent zur Sache ging.

Almost Always Near The End“: Der Song kredenzt zum Ende für OVERHEAD typischen Sound. Hab mich jetzt echt an die Querflöte gewöhnt und finde es sehr lohnend, wenn eine Band mit Instrumenten abseits der üblichen Verdächtigen aufwartet.

Fazit: Der Sound von OVERHEAD klingt für meine Ohren ein wenig Retro, was an sich keine Wertung sein soll. Insgesamt eine runde Sache und das könnte gleichermaßen Fluch und Segen bedeuten. Zu wenig Kanten lassen das Profil des Sounds womöglich zu glatt wirken, andererseits am Strand liegend, "... a Bottle Rotwein in da Hond...", bietet die Band angenehm ins Ohr gehenden Klang. Die Lieder sind alle gut austariert, echte Schwächen sind nicht auszumachen, wirkliche Highlights für die Ewigkeit sind meiner Meinung auf dieser Langrille nicht zu erhören.



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: Richard Kölldorfer (24.03.2023)

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