Leech - The Stolen View

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VÖ: 17.10.2008
Bandinfo: Leech
Genre: Post-Rock
Label: Viva Hate Records
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Lineup  |  Trackliste

Rein instrumentaler Postrock? Why not – schliesslich gibt’s in dieser Sparte jede Menge hochklassig musizierende Spannungskünstler wie Pelican, Red Sparowes oder Mogwai, welche durch geschickte Komponierkunst zahlreiche Freunde fernab des Mainstreams gesucht und gefunden haben…

Auch die seit 1995 zusammenspielenden Schweizer wissen wie der Hase läuft: Reich an Dynamik, verspielte wie grossteils melancholisch angereicherte Atmosphäre und ein reichhaltiges Konglomerat an Zusätzen verstärkt die Tiefenwirkung des nach einer längerfristigen Pause geschaffenen 4. Albums , welches in der Heimat schon vor rund einem Jahr in die Läden abgestellt wurde. Elektronisch verstärkt, jedoch spacigen Soundeinlagen sowie schroffen Gitarreneruption durchaus angetan handeln LEECH mit der legalen Droge namens Musik: berührend, aufbrausend, emotionsreich, farbenfroh, experimentell und alles andere als seelenlos – hier kommt der jahrelange Reifegrad in der individuellen Musikerschar den Kompositionen mehr als positiv entgegen.

Sanft und stimmig beginnt die Reise beim Ausgangspunkt „Silent State Optimizer“, welcher anfangs titelgerecht den musikalischen Fluss auf das menschliche Ohr projiziert, Pianoeinschübe sowie psychedelisch lautmalende Gitarrenthemen in bester Floyd-Manier durch die Seiteneingänge in den Song plaziert und auch ohne Vocals / Texte eine Geschichte in deinem Kopf entstehen lässt.
Stringent sowie ebenfalls ausladend arrangiert kommt einem „The Man with the Hammer“ am Wegesrand entgegen – von angestauter Wut keine Spur, stattdessen lässt er sein Werkzeug feinfühlig, aber bestimmend auf den musikalischen Boden nieder … da mäandern die Gitarrenwände stoisch durch die karge Landschaft, bestimmen den Weitergang auch mal akustisch und durchwaten die flirrende, leicht befremdlich wirkende Elektronika im hinteren Songdrittel ohne auch nur einen Funken Intensität einzubüssen!
„Inspiral“ – der nächste Monumentalbrocken wird umschifft von 2 elektronischen Ausritten (Zipfe & I was Reversed“) mit Introcharakter; bietet aber weit mehr als nur eine banale Weiterführung des Grundthematas. Der zartherbe Akustikeinstieg berührt mit voller Wucht die Synapsen, zaubert mithilfe schwebender Partikel die Sorgen des Alltags für etliche Momente aus der Gedankenwelt und lenkt die tribalartige Collage minutenlang in geordnete Bahnen durch den Raum - nur um nach und nach aufbrausend, mit zahlreichen Wendungen & warmtönenden Syntheffekten durch die weit aufgedrehte Anlage zu entgleiten . Stolze 13:08 Minuten, und nicht einen Moment wird hier Gesang vermisst!

Den grandiosen Schlusspunkt unter eine schlüssig ausbalancierte Wanderung bestreitet das fast 20minütige „Totem & Tabu“, welches alle Vorzüge des Quartetts an einem Tisch bringt: zerbrechliche, feingliedrige Strukturen - inkl. wabernde Sechssaiter, pumpende Basslinien und ein songorientiertes, dennoch alles andere als eintönig aufspielendes Schlagwerk sind auch hier die Basiszutaten. Aufbrechende Momente, die ein gesteigertes Maß an Härte zur Schau stellen fehlen hier ebensowenig wie zahlreich sich wiederholende Passagen die die Intensität gelungen untermauern. Unangenehm sowie leicht verstörend & endlosen Weiten erblickend macht der zweite Teil des Trips auf sich aufmerksam – vereinzelte Schreie gellen durch die Runde, verhallen im Klangkosmos und werden durch einen starren wie hypnotisierenden Soundwall vergessen gemacht. Vergessen? Hier wirkt jede einzelne Note lange nach dem Abspann nach…

„The Stolen View“ ist wunderbares Kopfkino ; so wie der Infozettel es mal treffend auf Punkt bringt: „A Soundtrack to an Individual Emotion Picture Mindmovie“ - dem ist von meiner Seite aus nichts hinzuzufügen!



Bewertung: 4.5 / 5.0
Autor: PMH (24.10.2008)

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