The Gathering - The West Pole

Artikel-Bild
VÖ: 08.05.2009
Bandinfo: THE GATHERING
Genre: Rock
Label: Psychonaut Records
Hören & Kaufen: Amazon | Ebay
Lineup  |  Trackliste  |  Credits

Nach dem Abgang von Goldkehlchen Anneke von vor 2 Jahren durfte man sich berechtigte Sorgen um den Weiterverbleib THE GATHERING´s in der Musikszene machen: über 12 Jahre veredelte die inzwischen verheiratete Mama (und - nebenbei - experimentelle Solokünstlerein) die unterschiedlichen, teils experimentellen - aber immer hochklassigen - Songs mit ihrer traumhaften Stimme und ebendiese treibt auch heute noch Alben wie „How to Measure a Planet“ oder „Souvenirs“ regelmäßig in meinen CD-Schacht. Erstklassige Songs mit einem Gesang der nicht von dieser Welt schien …

Gut, man hat mit der Norwegerin Silje Wergeland (ehemals Octavia Sperati) einen Ersatz gefunden, aber die Zweifel sitzen vor dem Erstkontakt tief - wie klingt die Neue ? Was darf man sich musikalisch anno 2009 erwarten ? Darf man sich einen neuen Meilenstein - oder doch nur Schadensbegrenzung – erhoffen ? 54 Minuten und 19 Sekunden später kann ich darauf keine wirkliche Antwort geben; es ist zwar klar The Gathering .. aber doch anders. Weniger Mut zum Risiko. Mehr Gitarren. Mehr Rock. Weniger Elektronika. Klare Songstrukturen. Leider daher auch manchmal zu geradlinig. Und - Anneke ist anscheinend doch unersetzbar…

„When Trust becomes Sound“ ist ein instrumentaler Einstieg, der vielleicht eine Spur zu lang ausgefallen ist – von Ms. Wergeland gibt’s nur einige sphärische Laute im Hintergrund; dafür treibende wie melancholische Gitarrenpower die schön langsam Lust auf den weiteren Weg macht. Und wenn Silje anschliessend (zB beim deutlich reduzierten Einstieg „Treasure“) ihren klaren Gesang über die erdig produzierten Tracks legt sind gewisse Parallelen zu ihrer Vorgängerin nicht zu überhören – aber trotzdem nicht auf diesem schwindelerregendem Niveau. An manchen Stellen klingt ihr Gesang einfach eine Spur zu zerbrechlich (um nicht zu sagen dünn), obwohl da schon genug Potential schlummert - freilich: es hätte schlimmer kommen können … und nach einer gewissen Eingewöhnungsphase kann man mit dem neuen Gesicht durchaus leben.
Zwischen den Polen Sturm und Drang marschieren The Gathering mit „The West Pole“ in ein neues Zeitalter – die Musik ist prägnanter, einer klaren Linie untergeordnet, wirkt bei weitem nicht mehr so introvertiert wie in der (erfolgreichen) Vergangenheit und fesselt auch in den ruhigen Momenten. Wie im durchaus berauschenden Titeltrack, welcher durch seinen Akustikauftakt und der durchaus gewohnten Dynamik einen altvertrauten Eindruck macht – ein paar Sprachsamples und der Genießermittelteil zum Anbeissen , schon kann man sogar mit dem neu eingesetzten Organ seinen Frieden schließen. Dazwischen gibts aber auch ein, zwei nur eher gutklassige Stückerl wie das etwas unspektakuläre "No One Spoke"; ein Mehr an Ideen wären dem Song als Ganzen sicher zugute gekommen - so plätschert das Stück (ungewohnt!) nur am Empfänger vorbei, was sicher auch nicht im Sinne der Band war / ist. Da war man in der nahen Vergangenheit schon fesselnderes Niveau gewohnt, ja musste man auch hier auf dem neuen Silberling durchgehend erwarten KÖNNEN - bei solchen Musikern...

„The West Pole“ ist also - trotz der Kritikpunkte - durchaus keine Enttäuschung, aber auch (leider) keine Offenbarung. Zwar dürfte die neue Stimme für Altfans einige Problemchen beim Ersthören darstellen, aaaber die Jungs (und Mädels) könnens immer noch: Songs wie das relaxt-betörende „Capital of Nowhere“ oder das abschliessende Großereignis „A Constant Run“ zeigen einfach die nötige Klasse; und meine Wenigkeit als alter The Gathering –Symphatisant kann hier einfach nicht weniger als 4 Sterne zücken…
Ist halt ein bisschen wie mit einer Geliebten, die fremd ging: man verzeiht ihr dennoch und liebt sie in guten wie schlechten Zeiten.



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: PMH (06.05.2009)

ANZEIGE
ANZEIGE