Marty Friedman - Loudspeaker

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VÖ: 15.09.2006
Bandinfo: Marty Friedman
Genre: Progressive Metal
Label: Mascot Records
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Lineup  |  Trackliste

Das Resümee zuerst: Jemand wie Marty Friedman kann sich nicht neu erfinden. Egal was er spielt, überall klingt seine persönliche Note durch. Seine harten Riffs haben irgendwie auch eine Spur Correctness, seine Melodien haben diesen eigenen Seidensound und seine Mischung aus West und Fernost ist einzigartig. Bluesphrasen streut er ein, ohne sie so zu meinen und spielt sich dann schnell damit, wie ein junger Hund, der das alles nicht so ernst nimmt um dann wieder seine eigene Sentimentalität zu entwickeln. Er ist sicher einer der individuellsten Gitarristen dieses Erdballs - gut, ein bisschen außerirdisches ist vielleicht auch in ihm.

Somit ist "Loudspeaker" nicht unbedingt Friedmans bester Wurf, kein Wunder: er hatte auch schon so viele. Man findet hier zu viele davon wieder, ohne was essentiell neues zu bekommen. Aber: "Loudspeaker" ist ein echter ‚Marty Friedman’ und damit schon eine Kategorie für sich.

Die vielen bekannten Gastmusiker sind ein weiterer Grund genauer hinzuhören und geben den halben Punkt von 4,5 auf 5. Du legst Loudspeaker in den Player und drehst unvorsichtig ein bisschen zu laut. Und ohne Warnung drischt es los, wie zu guten alten CACOPHONY-Zeiten. Zack, Zack, Zack – die Snare knallt in Höllentempo und das Riff würde einem MEGADETH-Album alle Ehre machen.

Was von Anfang an auffällt, ist, dass sich die Produktionsmöglichkeiten und wahrscheinlich auch das Budget von Marty Friedman im neuen Jahrtausend deutlich verbessert haben. Der Sound ist wirklich dramatisch gut, transparent, starke Bässe – ich bin begeistert.

Der Starter "Elexier" ist wahrscheinlich nicht der tollste Song, den Friedman je geschrieben hat – Deutlich die Anlehnung an die breaklastigen CACOPHONY, mit den melodiösen Bridges und den eingestreuten Breaks und Fingerübungen. Gitarrenmässig zeigt Friedman ganz schön viel. Er ist nicht stehen geblieben und ist trotzdem einer der wiedererkennbarsten Gitarristen des Metal geblieben. Er hat Trademarks vor allem in seinem asiatisch beeinflussten Phrasing, wenn er die Töne scheinbar etwas zu kurz bendet, bevor er sie in die Mitte bringt.

Der Dritte Song "Black Orchid" ist mit den rythmischen Spielereien und dem sehr harten Riffing so etwas wie eine Zusammenschau des ersten Teil des Albums und sehr zu empfehlen. John Petrucci hat hier seine Gast-Appearance.

"Paradise Express" bringt Midtempo-Metal. Das Tom-Pattern in der Strophe erinnert wieder an MEGADETH aus der "Trust"-Zeit. Später im Song ist dann Zeit für eines von Friedmans feinen romantischen Solos. Billy Sheehan am Bass.

Song Nr. 5, dessen Titel in japanischen Schriftzeichen gehalten ist (Anm. d. Ed.: die "Übersetzung" in unsere Schrift lautet "Sekai Ni Hitotsudake No Hana", falls es jemand wissen will), fällt bei mir eher aus der Playlist.

Clycerine Flesh ist wieder besser, eine straighte Rocknummer mit charmanten Licks und nettem Feeling. Das harte Riff zwischendurch ist obligatorisch und nicht unbedingt nötig. Aber die Nummer macht Spass (beim zweiten Mal mehr, als beim Ersten). Jens Johanson am Keyboard! Es ist diese eigene Art, mit der Friedman Melodien zu einem Abschluss bringt, die vollkommen Abseits vom Herkömmlichen ist und den Hörer immer wieder entzücken kann. Die Melodien beginnen oft sehr unscheinbar und manchmal fast naiv und dann kommt dieser harmonische Abschluss, der einem niemals vergessen lässt: Hier spielt Marty Friedman auf.

"Stigmata Addiction" fängt wie "Viper" mit einem verfremdeten Sample an, was heute schon fast jeder mal macht und deswegen entbehrlich ist. "Viper" ist der kürzere und flockigere Song der beiden, weil lockerer und schneller. Außerdem spielt Steve Vai mit.

Auch "Static Rain" bleibt in diesem Stil und man wünscht sich eine Auflockerung und was Neues und das kommt mit "Coloreas mi vida". Ein bisschen klingt "Introspection" – Friedmans seltsamstes und vielleicht schönstes Soloalbum - durch und eine sanfte Stimme singt nur ein paar wenige Worte, die spanisch sind, aber japanisch sein könnten. Sehr schön.

Der Abschluss "Devil take tomorrow" drückt ohne Worte aus: lass die Sorgen Sorgen sein, leb heute ein schönes Leben und genieße was es da zu genießen gibt, wie eben die tollen Solos von Marty Friedman!



Bewertung: 5.0 / 5.0
Autor: ag (28.09.2006)

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