Dark Fortress - Ylem

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VÖ: 22.01.2010
Bandinfo: DARK FORTRESS
Genre: Avantgarde Metal
Label: Century Media Records
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Lineup  |  Trackliste

Das Jahr beginnt und die bayrischen Avantgarde-Schwarzheimer DARK FORTRESS legen den zahlreichen Fans einen weiteren Happen kunstvoller Schwärze in den Futtertrog. Was schon 2006 mit "Seance" und 2008 mit „Eidolon“ funktioniert hat, kann natürlich auch in diesem Jahr mit „Ylem“ nicht danebengehen. Astrologischen Themen haben sich die Bayern ja schon beim letzten Werk zugewandt, mit der sechsen Full-Length wird quasi nahtlos daran angeschlossen. Ylem ist übrigens der heiße Urbrei aus der 1948 veröffentlichten Theorie von George Gamow. Mit der Theorie des Ylem wurde Gamow zu einem der Begründer der Theorie des Urknalls.

Dass man sich von DARK FORTRESS alles außer standardisierten 08/15 Black Metal erwarten kann, ist allgemein bekannt und wurde auf „Ylem“ auch nicht verändert. Der eröffnende Titeltrack gibt die Richtung des 70 (!) Minuten starken Albums ganz gut vor: krude – teilweise hochkomplexe – Songstrukturen die sich schon längst in kein gewöhnliches Genre mehr einordnen lassen. Beim Opener wird wild geknüppelt und die Doublebass bis an ihre Schmerzgrenze bedient. Zwischenzeitlich erzählen die frostig-kalten Gitarrenläufe der beiden kongenialen Bühnenpartner Asvargyr und V. Santura Geschichten der atmosphärischen Soundmoderne. Ruhig und behutsam schält sich „As The World Keels Over“ aus seinem Kokon und versinkt auf bandtypische Weise in einem neuartigen Gebräu aus symphonischen Black Metal und konzeptionell gemischter Härte. Morean hat schon auf „Eidolon“ seine variablen Sangeskünste unter Beweis gestellt, auf „Ylem“ verschafft sich der Hüne einen noch größeren Radius der lyrischen Mitteilung. Der Ohrwurm des Albums ist das darauffolgende „Osiris“, das sich irgendwo zwischen unheimlich treibenden SATYRICON-Referenzen und thrashiger Riffarbeit wiederfindet. Das spärlich eingesetzte Keyboard unterstützt die kosmisch wirkende Atmosphäre ideal, hier besinnen sich die Landshuter auf – ihnen gut stehende – Eingängigkeit.

Mit „Silence“ steckt man einen Highspeed-Kracher hinten daran, der sich fragmentarisch leicht an die großen Namensvetter DIMMU BORGIR anlehnt, ohne sie jemals zu kopieren. Das (wie viele Songs) auf Sprechgesang aufgebaute „Evenfall“ ist nur für geübte Hörer geeignet. Sehr komplex und dissonant schallen die Laute aus den Speakern, hier setzt man auf rhythmisch-rollende Technik voller Verzerrungen und Überraschungen. Mutig, aber sehr stark! „Redivider“ schlägt in dieselbe Kerbe und lässt sich auch nach mehreren Hördurchläufen nicht vollständig erfassen. Mit „Satan Bled“ bewegen sich DARK FORTRESS dann plötzlich wieder zielgerichtet nach Norwegen. Black’n’Roll ist angesagt – Fenriz und Satyr werden sich hier vor den sechs Bayern verneigen. Zu den rockig-treibenden Mid-Tempo Passagen vermengen DARK FORTRESS auch gerne einen Schuss Wildheit und Geschwindigkeit. „Hirudineans“ beginnt sperrig und schräg, lässt sich aber auch recht schnell in eine Rockschiene lenken, wo sich der Track dann in seiner Vollständigkeit zu entfalten weiß. Auf „Nemesis“ vernimmt man gar Militärmarschmusik-ähnliches Getrommel, das den bösen Song noch weiter Richtung Hölle schiebt. Mit „The Valley“ und „Wraith“ beschließen DARK FORTRESS ihre anspruchsvolle Reise mit zwei pfundigen Achtminütern, die sich mit unglaublicher Bedächtigkeit und Ruhe durch die klanglichen Winkel quälen. Vor allem der Klargesang im Abschlusstrack ist gewöhnungsbedürftig, aber zum Gesamtkonzept passend.

DARK FORTRESS schaffen es mit unheimlicher Mühelosigkeit, ein Top-Album nach dem anderen aus den Hüften zu schießen. Man benötigt bei den Bayern aber viel Zeit, Ruhe und Geduld, um den gesamten Klangkosmos in seiner exorbitanten Aufbereitung vollends erfassen zu können. Die Ambivalenz von „Ylem“ ergibt sich aus dem wuchtigen Detailreichtum, den das Ausnahmesextett auch heuer wieder zu produzieren weiß. Dunkel, geheimnisvoll, intelligent und ungemein fordernd – DARK FORTRESS sitzen schon lange an der Speerspitze des avantgardistisch- komplexen Black Metals und haben diese Position mit „Ylem“ nun noch stärker gefestigt.



Bewertung: 4.5 / 5.0
Autor: Robert Fröwein (13.01.2010)

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