THE CONTORTIONIST - Exoplanet

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VÖ: 31.08.2010
Bandinfo: THE CONTORTIONIST
Genre: Mathcore
Label: Good Fight Music
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Lineup  |  Trackliste

Um das Full Length-Debut der in Indianapolis beheimateten THE CONTORTIONIST am Stück durchzuhören, braucht man vor allem eines: den grenzüberschreitenden musikalischen Weitblick. Es ist einerseits fein, wenn eine junge, überaus talentierte Band diverseste Einflüsse in einen Topf schmeisst, umrührt und – hossa! – fertig ist der Metal, der für offene Münder sorgt. Andererseits wissen wir, dass solche Ergüsse abseits des Mainstream nicht gerade leicht konsumierbar sind. Da is dann nix mit headbangen, weil spätestens beim ersten Break hat man auch im Genick einen solchen.

Das erste, was einem beim abstrakten Songmaterial einfällt, ist MESHUGGAH („Vessel“, „Flourish“). Als nächstes kommt einem DILLINGER ESCAPE PLAN in den Sinn („Primal Directive“). Und irgendwann bemerkt man wahrscheinlich noch, dass CYNIC einen grossen Eindruck bei den Jungs hinterlassen haben dürften („Expire“). Zwischen diesen drei Eckpunkten - und mit teils kräftiger BETWEEN THE BURIED AND ME-Schlagseite - ergehen sich die Fünf in allen nur erdenklichen musikalischen Abstrusitäten. Dass das Album von der Besiedelung fremder Planeten handelt, ist eine hübsche Idee – wird durch die Musik aber nicht gerade optimal transportiert. Eher möchte man meinen, dass hier alle arschlang irgend welche Attacken schräg aussehender Aliens auf die Protagonisten hereinbrechen.

„Exoplanet“ ist für die meisten Normalverbraucher wahrscheinlich wieder mal zu verzettelt, als dass man es am Stück durchhören, geschweige denn erfassen könnte. Aber wenn man sich die einzelnen Songs herauspickt, finden sich durchaus Perlen der metallischen Musizierkunst darunter: etwa das verschachtelte Aggro-Prog-Epos „Flourish“, das mit jazzigen Wohlfühlgitarren unterlegte „Advent“ und das nicht zuletzt durch seinen ruhigen Mittelpart verstörende „Oscillator“. Avantgarde-Anleihen schimmern wiederum bei „Axiom“ durch, einem sanften Intermezzo, bevor die fast vierzehnminütige, dreigeteilte „Exoplanet“-Suite noch einmal klipp und klar die musikalischen Fertigkeiten des Ami-Fünfers zur Schau stellt: dem vergleichsweise gediegenen „Egress“ folgt der Progcore-Höllenritt „Void“, gleichzeitig auch der straighteste Song des Albums – wenn man hier überhaupt noch von ‚straight’ sprechen kann.

Das finale „Light“ bereitet dem Reigen dann einen ebenso passenden wie abrupten Schluss. Danach ist erst mal tief durchatmen an der Reihe, und die wohlige Stille die einen jetzt umschwebt, ist genau so verstörend wie die Musik davor. Es dauert nicht lange, und schnell ist man versucht, diesen Mathcore-Moloch erneut herauszufordern. „Exoplanet“ hat zweifelsfrei seine grossen Momente, und wird wahrscheinlich Metalcore-Mützenträger genauso ansprechen wie Frickel-Fetischisten. Aber, seid gewarnt: ohne anfangs erwähnten musikalischen Weitblick würde ich mich nur mit Vorbehalt an das Teil herantrauen!



Bewertung: 3.0 / 5.0
Autor: Mike Seidinger (04.10.2010)

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