t - Anti-Matter Poetry

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VÖ: 10.08.2010
Bandinfo: T, THOMAS THIELEN
Genre: Progressive Rock
Label: Prog Rock Records
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Lineup  |  Trackliste

Wer gedacht hat, DEMIANS-Mastermind Nicolas Chapel wäre der einzige Eigenbrötler am europäischen Prog-Sektor, hat wahrscheinlich (immer) noch nix von „t“ gehört. „Anti-Matter Poetry“ ist nämlich doch schon das dritte Album des ehemaligen SCYTHE-Gitarristen/Sängers Thomas Thielen, und auch hier lässt sich der eigenwillige Deutsche von Nichts und Niemandem ins Handwerk pfuschen. Ob es aber hilfreich ist, wenn ihn die eigene Plattenfirma deswegen als Kontrollfreak hinstellt, möchte ich bezweifeln. Eher stellt sich der gute Mann bewusst als Solokünstler heraus, der einen allzu korsetthaften Bandkontext nicht mehr benötigt.

Auch vom Aufbau der Songs und der stilistischen Ausrichtung erinnert „Anti-Matter Poetry“ mehr als einmal an DEMIANS, in seiner Gesamtheit ist es aber immens schwer in übersichtliche Genre-Grenze zu zwängen. Und das ist auch gut so. Der musikalische Spannungsbogen setzt bei frühen GENESIS an und reicht über Achtziger-Bombast-Prog á la MARILLION oder IQ bis in die Neuzeit mit Acts wie GAZPACHO, TRANSATLANTIC oder RIVERSIDE. Dass es nicht ganz simpel ist, ein Album, dessen Songs allesamt zwischen acht und fünfzehn Minuten dauern, bei der ersten Begegnung vollends zu durchschauen, sollte aber auch klar sein. Hier ist viel Feingefühl gefordert!

Thomas Thielen ist ein ungemein talentierter Musiker mit unzähligen schönen Ideen. Er macht jedoch nicht den Fehler, seine monströs langen Songkonstrukte als blosse Aneinanderreihung verschiedener Elemente erscheinen zu lassen. Es wird immer noch genügend Wert darauf gelegt, dass eines elegant ins andere fliesst. Die tausend kleinen Gefühle, die etwa in „Phantom Pain Scars“ oder der „Rearview Mirrors Suite“ stecken, bringen andere Bands mit fünf Leuten auf einem ganzen Album nicht zustande. Thomas’ angenehm unaufdringliche Stimme veredelt die Songs zusätzlich, und erinnert oftmals an Roine Stolt (FLOWER KINGS, TRANSATLANTIC).

Am Schluss muss man Herrn „t“ noch zugute halten, dass er mit seinen drei Alben keineswegs ein selbstverliebtes Klanguniversum zu erschaffen gedacht hat, um dann protzig mit „ätsch, ich bin so super, ich spiele alles selber!“-Statements um die Ecke zu kommen. Nein, hier geht jemand noch mit genau der Liebe zum Detail ans Werk, die ich bei vielen Protagonisten der heutigen (progressiven) Musikwelt leider schmerzlich vermisse. „Anti-Matter Poetry“ ist gedacht zum Hinsetzen, Augen zumachen und Träumen, und dann gespannt warten, welche Geschichte es einem wohl erzählt. Schade nur, dass man die Klangergüsse hier mit ziemlicher Sicherheit nie live erleben wird...



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: Mike Seidinger (03.12.2010)

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