Matt Roehr - Blitz & Donner

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VÖ: 26.08.2011
Bandinfo: Matt Gonzo Roehr
Genre: Modern Rock
Label: Gonzo Multimedia
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Lineup  |  Trackliste

Die zweitälteste Stimme der deutschen Jugend

Dass MATT ROEHR (formally knowen as "Gonzo") die Gitarre recht gut bedient, ist schon seit seinen BÖHSE ONKELZ-Zeiten bekannt. Dass er musikalisch passable Lieder (mit-)entwickelt ebenfalls. Mit seinem zweiten echten Solo-Album (nach dem erfrischenden "Barra da Tijuca" 2007 erschien noch eine Live-CD und die "Friends & Relatives", aber kein echtes neues Solo-Werk), "Blitz & Donner", macht er einen multiblen Rückschritt (freundlicher: eine Rückbesinnung:

Musik: Garagenrock

Erstens musikalisch: "Barra da Tijuca" war, zumindest da man MATT ROEHR damals noch als Onkelz-Gitrarrist im Kopf hatte, nahezu experimentell. "Blitz & Donner" hingegen ist geradliniger, klassischer deutscher Rock. Bö(h)se Zungen würden vielleicht sogar Attribute wie "langweilig" oder "bedingt kreativ" in den Raum werfen. Eine kleine Ausnahme ist "Gedankenpolizei", das mit wirklich schönen Instrumentalteilen begeistert. Gesamt aber klingt es, als ob den Nummern der letzte Schliff bzw. die letzten kompositorischen Kniffe fehlen würden. Traditionalisten würden wohl meinen, dass musikalisch eben ein Stefan Weidner (melodiöser Mastermind der ONKELZ) fehlt. Ach ja: Singen kann MATT ROEHR nicht besonders - das stört bei dieser Musik aber nicht. Die Stimme klingt aggresiv genug, die Melodien begnügen sich mit einem ausreichend überschaubaren Tonspektrum und müssen von der Stimme nicht getragen werden.

Texte: Pubertät olé

Der zweite Rückschritt (freundlicher: Rückbesinnung) sind die Texte: MATT ROEHR ist feiert nächstes Jahr seinen 50. Geburtstag. "Never too old to rock" ist natürlich gut und richtig. Bei den Texten auf der "Blitz & Donner" trifft aber auch "Never too old to hit puberty" deutlich zu. Im Geiste des "Wir sind jung und dagegen" wird auf abgedroschene Themen wieder und wieder eingeschlagen. Von Konsumkritik, Massenmenschen, der bösen Medienwelt und -wie könnte es anders sein- Revolution reicht das Spektrum dessen, was Teenager (hoffentlich) beschäftigt. MATT ROEHR dazu: „Sozialkritisches in verständliche Formeln zu verpacken und damit zum Weiter- und Umdenken anzustoßen“ dass ist es, was ich mit meinen Texten bewirken will.“ Vielleicht bietet er deshalb in seinen Texten kaum Alternativen zu allem Bösen auf der Welt.

So wichtig die ersten gesellschaftspolitischen Diskurse in früher Jugend sind und so hilfreich inhaltliche Köder aus der Musik dafür sind - auswerfen sollten sie glaubwürdigere Interpreten. Millionen von Platten zu verkaufen ist schön und respektabel, aber dann noch gegen "Kommerz" zu wettern funktioniert einfach nicht. Sonst entsteht der drollige Eindruck, den "THE WHO" machen, wenn sie noch heute "My Generation" singen (etwa die Textzeile "Hope I die before I get old", dargeboten von in Österreich altersmäßig pensionsreifen Männern). Oder wenn Hans Söllner, Jahrgang 1955, auf der Bühne zwischen zusammenhanglosen Satzteilen seine eigenen Texte nicht mehr kann.

Fazit: Unverfänglich nett

Würde eine unbekannte Band die Scheibe "Blitz & Donner" veröffentlichen, so würde sie wahrscheinlich bei der vermuteten Zielgruppe (Teenager, die beginnen, über ihre makrosoziale Umwelt nachzudenken) recht gut ankommen. Zumindest dann, wenn diese keinen großen Wert auf virtuos komponierte und aufwändig ausproduzierte Alben legen. Bei "Blitz & Donner" sollte es ihnen zusätzlich nichts ausmachen, dass die Quelle ihrer Gedankenanstöße seit bald 30 Jahren jugendlich und "dagegen" ist.



Bewertung: 3.0 / 5.0
Autor: Ewald (19.08.2011)

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