Lance King - A Moment in Chiros

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VÖ: 11.11.2011
Bandinfo: LANCE KING
Genre: Progressive Melodic Metal
Label: Nightmare Records
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Lineup  |  Trackliste

Der späte Vogel fängt…, oder so ähnlich zumindest. Das Verbiegen hanebüchener Sprichwörter beiseite lassend, stürzen wir uns auf die bereits vor einigen Monaten erschienene, neue Veröffentlichung des amerikanischen Sangesgenies LANCE KING.
Freunde melodisch geschmiedeten Metalls sollten schon irgendwann über den Namen gestolpert sein, ist doch der Eigentümer von Nightmare Records schon seit gut zwei Jahrzehnten im Geschäft.

Ausgestattet mit einer stattlichen Stimme und einem Händchen für melodiöses Songwriting, dem auch die stimmige Härte nicht fehlt, beginnt "A Moment In Chiros" mit einem Intro, in dem kurz auf das Konzept eingegangen wird. Es dreht sich alles um das 11-11 Phänomen, welches außer dem Protagonisten scheinbar noch rund 75 Millionen Menschen weltweit täglich um Punkt 11.11 Uhr auf die Uhr starren lässt (kein Scherz!). Das gesprochene Intro geht in den ersten, noch kurzen Song "A Sense Of Urgency" über, welcher die Fahrtrichtung vorgibt. Angenehm harte Gitarren ruhen auf einem Hochbeet (man muss mit der Mode gehen) von geschickt eingesetzten, flächigen Keyboards und der wirklich starken Stimme vom Chef selbst.

Song zwei, "Awakening", bietet dem geneigten Hörer dann schon den ersten Höhepunkt. Leicht angeproggt, aber auch eingängig durch die griffige Melodielinie des Sängers, ergibt das eine Punktlandung wie sie besser nicht hätte sein können. Die Stimme, sollte es jemanden geben der den Herren noch nicht kennt, liegt irgendwo zwischen Geoff Tate und Andi Deris, hat aber durch ihr sattes Ruhen in den unteren Höhenlagen eine sehr eigenständige Färbung. Dazu ist der Chorus mächtig stark.
Sehr gelungen auch die Keyboards, die, obschon sehr präsent, nie den Song zukleistern. Musikalisch ist hier alles vom Feinsten, auch der Soloausflug der Gitarre zeigt einen wahren Könner.

"Manifest Destiny" ist ein weiterer starker Song, der mit diesem unheimlich dichten Soundbild beginnt, welches uns durch das gesamte Werk begleitet. Die Melodie klingt anfangs leicht orientalisch, bis der Gesang übernimmt und das Stück souverän Richtung Refrain führt. Gelungen, kamma sagen.

Der nächste Höhepunkt kommt mit dem vierten Opus "A Given Choice", welches mit einem mächtigen Chorus punkten kann. Keine Atempause gibt es zum nächsten Hammer hin. Der Titeltrack "A Moment In Chiros" beginnt balladesk und äußerst melodiös, bevor die Handbremse angezogen wird und das Stück zu einem mächtigen Stampfer wird und es getragener weitergeht. Der Song braucht etwas bis er zündet, verweilt dann aber umso länger im Hirn des Hörers.
Bis hierhin keine Ausfälle, ausschließlich mächtige Hooks untermalt von feiner Orchestrierung, die einerseits recht zügig Wurzeln schlagen, andererseits aber auch durch die gekonnt vielschichtige Instrumentierung zu punkten wissen. UND man darf sich begeistert zeigen ob der Gesangsqualitäten von LANCE KING. Fürwahr ein Ausnahmetalent, wenn man zu einem Herren im gesetzten Alter noch Talent sagen darf...

Leider wird das hohe Niveau in Sachen Songwriting über den Rest des Albums nicht ganz gehalten, auch wenn man locker noch über dem Durchschnitt verweilt. So vermag "Dance Of Power" zwar mit einem souveränen Chorus begeistern, der Rest des Songs mäandert aber etwas im Wellenbad der Beliebigkeit.
Die Pianoballade "Kibou" folgt und bildet etwas wie eine Insel der Ruhe zwischen den härteren Songs. Nicht wirklich aufregend, aber mit einer süßen Melodie (tatsächlich!) gesegnet.

Der Beginn von "Infinity Divine" erinnert mich ein wenig an "Pull Me Under" von DREAM THEATER, der Aufbau ist mehr als ein wenig an den Singlehit der Progkönige angelehnt. Wobei auch hier wieder die geschickten Arrangements, respektive die wirklich mehr als gelungene Instrumentierung und der harte, druckvolle Sound auffallen. Der Chorus rutscht wieder sofort ins Ohr und ich werde nicht müde, den Gesang zu preisen. Endlich wieder eine Metal-Scheibe mit herausragendem Gesang. Davon kann man nicht genug haben!
Nicht ganz auf dem Niveau der ersten Albumhälfte, aber für einen Song wie dem eben genannten würden viele andere Bands töten.

"Joy Everlasting" sticht etwas aus dem bunten Strauß Melodien heraus, da er eben das vermissen lässt: Melodien. Melodien die ansonsten einen zentralen Punkt des Albums darstellen fallen hier leider etwas flach. Nicht unbedingt einer der Höhepunkte des Albums.

Ein wenig technischer wird´s mit "Sacred Systems", wobei man hier nicht lupenenreinen Prog Metal erwarten darf, sondern nur ein klein bisschen filigranere Gitarren und einen etwas verspielteren Rhythmus. Auch hier vermisse ich die mächtigen Melodien, wobei der Song meiner bescheidenen Ansicht nach auf jeden Fall eine sehr lange Halbwertszeit hat. Ich denke, der wächst noch, der Song.

Das abschließende, mit einem an die THX-Werbung im Kino angelehnten Keyboard, über sieben Minuten lange "Transformation", beginnt recht zügig und schickt uns mit einem sehr harten Song ans Ende des Albums, welches in seiner letzten Minute mit einer esoterischen Keyboarddarbietung für Verwirrung sorgt.

Kurzum: Die erste Hälfte von "A Moment In Chiros" ist sensationell starker Power Metal mit Melodien für die Ewigkeit, Hälfte Nummer Zwei fällt etwas ab, liegt aber noch immer auf hohem Niveau. Der Schnitt ergibt die Wertung.
Starkes Album!



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: Christian Wiederwald (26.05.2012)

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