ROCKAVARIA FESTIVAL 2015

Veröffentlicht am 06.06.2015

Die Creme de la Creme der internationalen HardRock und Metal-Szene samt den Headlinern KISS, MUSE und METALLICA hatte sich angekündigt und der Olympiapark erwies sich als ideale Spielwiese für eine Festival-Extravaganza, die mit einem hochklassigen Line-Up brillierte und für ein Großevent dieser Güte den idealen Rahmen samt amtlicher Rundumbedienung bot. Das Wetter spielte auch mit, somit stand einem musikalischen Event der Extraklasse ohne Regen und mit viel Sonne nichts im Weg. Abwechselnd gaben sich im Olympiastadion (Fassungsvermögen insgesamt rd. 70.000 Zuschauer, davon 58.000 Sitzplätze) sowie in der Olympiahalle (bis zu 16.000 Personen) die ganz großen Stars der Rockszene die Klinke in die Hand, während sich im Theatron, einer kleineren Open-Air-Bühne am See sich eher die jüngere Generation an Härtnercombos ein Stelldichein gab.

Zwar wurde im Vorfeld der fehlende Festivalcharakter der Veranstaltung bemängelt (Zelten und Campieren im Olympiagelände war untersagt worden), dennoch wurde dieser Umstand durch ein fast gänzliches Fehlen von Alkoholleichen, Schlamm-Golems, Festivalzombies und sonstigen Camping/Event/-Klamauks locker aufgewogen. Zwischen kolportierten 40.000 (Freitag) und 49.000 (Sonntag) Zuschauer bevölkerten jeden Tag das Gelände, das eine perfekte Infrastruktur bot (Gastro, WCs etc.) und einen fast stressfreien Ablauf gewährleisteten. Warteschlangen waren nur beim Einlaß zum Theatron, der kleinen Open Air-Bühne zu verzeichnen, die sich ob der Klasse der dort spielenden Bands größter Beliebtheit und großen Zustroms erfreute, sodass der Einlaß des Öfteren gestoppt werden musste. Hier ist sicherlich in Zukunft mehr Feingefühl bei der Besetzung der Bands bzw. der Bebuchung der Locations gefragt. So wurde wahrscheinlich auch die anhaltende Beliebtheit von LIMP BIZKIT unterschätzt, die trotz des gleichzeitigen KISS-Gastspiels die mehrere tausend Zuschauer fassende Olympiahalle füllten.

Verbesserungspotential sollte den Veranstaltern allerdings zugestanden werden, schließlich handelte es sich um die Festivalpremiere, nach der sich im weiteren Veranstaltungsverlauf noch vieles einspielen und regulieren wird. Die teils fehlende Infrastruktur im Stadion-Innenraum (WCs) etc. sorgte bei so manchem ebenfalls für schlechte Stimmung. Dazu ist aber zu sagen, dass die teils flugs in den Social Media-Kanälen geäußerten Kritikpunkte teils auch überzogen waren, da fairerweise auch gesagt werden muss, dass ansonsten eine reibungslose und schnelle Vollbedienung in Sachen Verpflegung wie Notdurft bestens sichergestellt war und einem in manchen Punkten modifizierten ROCKAVARIA nach der heurigen Megaparty im Zeichen des Rock im Jahre 2016 nichts im Wege stehen sollte.

Für mich persönlich bedeutete das Festival auch eine Rückkehr an eine mit vielen Musikerinnerungen verbundene Location, wo ich 1995 und 1996 beim damaligen „Rock im Park"-Festival unvergessliche Gigs von BAD RELIGION, FAITH NO MORE, VAN HALEN, RAGE AGAINST THE MACHINE oder auch STING sehen konnte. Doch zurück ins Hier und Jetzt...das Line-Up dieses neuen Festivals versprach schon von Anfang an Großes, im Folgenden meine subjektiven Eindrücke und Erfahrungen von drei tollen Tagen:

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[TAG 1 - Freitag, 29.05.2015]

MUSE, INCUBUS, LIMP BIZKIT, THE HIVES, ARCANE ROOTS, BABYMETAL, BLACKBERRY SMOKE, BONAPARTE, BRANT BJORK, CHEVELLE, EISBRECHER, KVELERTAK, ORANGE GOBLIN, ORCHID, PARADISE LOST, POETS OF THE FALL, PURSON, SAINT VITUS, THE PICTUREBOOKS, TRIGGERFINGER, TRUCKFIGHTERS

TRUCKFIGHTERS

Nach der ersten Orientierung mit Bändchenabholung, Merchandise- und Gastro-Überblick bestand die erste "Amtshandlung" des heutigen Tages darin, sich in die Warteschlange für das Theatron (das in den nächsten drei Tagen vor allem Stoner/Hardcore-Combos ein Bühnen-Zuhause sein sollte) einzureihen. Wie des Öfteren war nämlich die kleine Seebühne wegen Überfüllung gesperrt. Nach zum Glück überschaubarer Wartezeit kamen wir noch in den Genuß des Gigs der Skandinavier. Hatte ich den Auftritt im heimischen Innsbruck verpennt, bot sich nun die Gelegenheit zur Wiedergutmachung. Nicht fad, ließen sich die Schweden nicht lumpen und wuchteten ein zünftig staubendes DesertRock-Paket ins Auditorium. Auch live vermochten die Drei die auf Tonträger gezeigten Qualitäten zu bestätigen, während man beim Verzehr eines 4,5 Euro-Biers endlich am Festival angekommen war und die Sonne bei der kleinen Open Air-Bühne genoß, bevor es sound- und lokalitätstechnisch gleich um einiges düsterer werden sollte. Dass ich die darauffolgend angekündigten, aber zwischenzeitlich verfrüht auf die Hauptbühne verlegten ORCHID verpasst hatte, vermochte meine Stimmung aber doch ein wenig zu drücken.


BRANT BJORK

Realisiert hatte ich die Planänderung beim Erscheinen des ehemaligen bei KYUSS-Schlagzeugers BRANT BJORK auf der Bühne, der mit seiner Band im vollen Theatron, das mit Szenepublikum vollgepackt war, dröhnte. Gechillt walzten die schweren Rhythmen und Riffs in das gestufte Halbrund und begeisterten die Zuschauer. Der gar nicht so wüstenhafte, vielmehr liebreizende Olympiapark und die große Entfernung zwischen Bühnenrand und den ersten Stehreihen ließen jedoch keine rechte Stimmung aufkommen. Zwar wurde brav kopfgenickt und applaudiert, jedoch pflegt der Genrefan gern sein verlangsamt-cooles Image, sodass die Chose zwar entspannt, aber gleichsam auch unspannend von Statten ging. So fiel auch ein im Publikum sitzender ONKEL Stephan Weidner nicht weiter auf, der ihm nicht von der Seite weichende Bodyguard wäre dabei nicht vonnöten gewesen, zu abgeklärt und gechillt ist das Stoner-Publikum. Hitze im gleißenden Sonnenlicht wäre zwar genug gewesen, allerdings wäre die Band im Club intensiver zu genießen gewesen als mitten am Nachmittag im helllichten Amphitheater.


PARADISE LOST

Es sollte heute überhaupt der erste PARADISE LOST-Gig seit dem Erscheinen der neuen Platte sein. Und die Briten stiegen auch gleich mit zwei neuen Songs vom "The Plague Within"-Album in das heutige Set ein. Ein mächtiges "The Enemy" donnerte in den erstaunlich gut gefüllten Innenraum des düster-dumpfen Runds der Olympiahalle. Mächtig cool folgte das ebenfalls neue "No Hope In Sight", bevor uns der bärtige Nick Holmes samt seinem mächtigen Gitarrenpart Greg Macintosh auf eine Reise in die Frühneunziger mitnahm, als das alte "Gothic" ertönte, bevor später der Mittneunziger-Hit "Hallowed Land" betörte. Der Finne Waltteri Väyrynen, der als (fähiger!) Ersatzdrummer die Tour bestritt, war zu jenen Zeiten mit seinen 20 Lenzen gerade geboren. Einen kleinen Wandel hinsichtlich der Interaktion mit den Fans hatte die Band ohnehin mitgemacht.

Wo sich Holmes früher in arrogant wirkender Unsicherheit übte, nahm ein gereifter Sänger Kontakt mit dem Publikum auf, dies jedoch ohne dem Bühnengeschehen durch unnötiges Gelaber die Würde zu nehmen. Auch wenn die Setlist alles andere als zufriedenstellend war ("Victims Of The Past") und man der cool aufspielenden Band gerne noch länger zuschauen wollte, durfte man einen wuchtigen, ehrwürdigen Gig genießen, der nach dem faden "Faith Divides Us..." mit dem kleinen Hit "Say Just Words" ihr würdiges Ende fand. PARADISE LOST waren weder in den Neunzigern noch in den Nullerjahren eine übermäßig gute Liveband, dennoch zog es mich auch dieses Mal vor die Bühne, zu prägend war die Band für mich und zu gut ist das Songmaterial, als dass es durch introvertierte Performances in seiner Klasse geschmälert werden konnte.

BABYMETAL

"Quietschbunter, zuckersüßer Reißbrett-Nippon-Nintendo-Castingshow-NuMetal-Piepsstimmen-Geisha-Manga-Comic-Retortenriff-Kindermusik-Zuckermelodien-Plastik-Klamauk für pädophil veranlagte Metaller oder Altersgenossen der, äh, "Künstlerinnen"." - 0,5 von 5,0 Punkten für die Soundqualität. So oder so ähnlich dürfte meine Besprechung der CD (zum Review) der drei Nippon-Gören ihr schnelles, aber passendes Ende finden. Obwohl eigentlich das Theatron mit Desert-Stoner-Doom-Staub warten würde, entschied ich mich, mir das neue Plastikprodukt aus Fernost auch live reinzuziehen. Wohlwissend, dass dies wohl das erste und einzige Mal sein würde, dass ich so eine Gelegenheit wahrnehmen würde. Nach einem Intro, das die Niederkunft der drei "Hasen" als DIE Sensation beschrieb, die eine größere Revolution als eine Riesenjam aller Metal-Götter zusammen sein sollte, nahm das Erwartete seinen grausamen Lauf.

Nerviges Gepiepse, Geriffe und Gehopse, ein berocktes Lolita-Gör das singt, flankiert von zwei Kleinmädchen-Hüpfdohlen vor einer leintuchweißgewandeten und geschminkten Band, die musikalisch Alarm machte und denen nicht mal ein ansprechender Sound gegönnt wurde. Das Kunstprodukt BABYMETAL mag in Japan großflächig funktionieren, Europa braucht so etwas definitiv nicht. Entsprechend auch die Publikumsreaktionen, die sich in höflichem Applaus erschöpften und eher in der Unschlüssigkeitskategorie versandeten. Begeisterung sieht anders aus, wenngleich ein paar Unverwüstliche alles für die größte Erfindung seit dem geschnittenen Brot zu halten schienen. BABYMETAL sind wohl als kurzfristiges Phänomen zu akzeptieren und wohl bald in den Untiefen der Historie verschwindend..zumindest in der westlichen Zivilisation, bitte bitte! Da inzwischen nur die Alternative-Rocker INCUBUS im Stadion gastierten, hatte ich trotzdem nichts Gravierendes verpaßt und war um die Erfahrung reicher, nämlich WIE ICH MEINEN METAL DEFINITIV NICHT HABEN WILL!


SAINT VITUS

Nach diesem selbstverordneten Kulturschock durfte es ruhig ein wenig stauben, aufgrund einer Planmodifikation hatte ich inzwischen zwar (wieder einmal) unverschuldet ORANGE GOBLIN verpaßt (die mich u.a. mit ihrem letzten Album "Back From The Abyss" begeistern konnten), da stand mir ein wahrer Culture Clash bevor. Von Kleine-Mädchen-BABYMETAL zum gänzlichen Kontrapunkt SAINT VITUS. Die Kult-Doomer waren ja statt mit Scott "Wino" Weinrich mit ihrem Altsänger Scott Reagers auf Tour und absolvierten heute ihr Premierenkonzert der laufenden Konzertreise. Entsprechend holprig und behäbig gingen die Herrschaften zu Werke. Zähe Pausen und ein recht eindimensionales Genöle von Reagers ließen den Auftritt zerfahren wirken. Auch wenn dies einer Majestätsbeleidigung nahe kommt, war der heutige Auftritt sowie auch die gesangliche Performance mitten am Nachmittag keine Glanzleistung. Doom Metal muß nicht zwingend anödend sein und wäre mit einem Wino am Mikro sicher um einiges dynamischer und intensiver geraten. Clubatmosphäre wäre ebenfalls nützlich gewesen, auch wenn sich die Doom-Heads nicht beirren ließen und ihre Helden anläßlich des Slo-Motion-"Sit-Ins" (im Theatron herrschte Sitzpflicht während der Auftritte!) ansprechend feierten. Die Mannen um Lava-Gitarrero Dave Chandler sind aber ohnehin coole wie gleichsam verstrahlte Säue mit mächtig Asi-Charme und dank Zeit-Verlangsamern wie etwa der gleichnamigen Bandhymne oder "Born Too Late" konnten die anwesenden Fans zufriedengestellt werden.

MUSE

Die Meldung auf der LED-Anzeigetafel brachte die Erklärung, warum ca. ein Drittel des Innenraums während des Gigs des Headliners leer blieb. In der Olympiahalle spielten nämlich LIMP BIZKIT, die sich anscheinend immer noch größter Beliebtheit erfreuen, obwohl die Band ihren Zenit schon lange überschritten hat. Ein Fassungsvermögen von über 10.000 Nasen sprach dennoch für sie, die Meldung auf der Tafel verhieß nämlich, dass aufgrund von Überfüllung keine Fans mehr in die Halle gelassen werden. Nicht schlecht, mehr leid tat des mir allerdings, dass ich die ebenfalls gleichzeitig auf der kleinen Bühne aufzockenden KVELERTAK verpassen sollte, die Augen- und Ohrenzeugen zufolge ein amtliches Brett fuhren. Derweil auf der riesigen Stadionbühne: Matthew Bellamy und seine Bühnenpartner zelebrieren eines ihrer eindringlichen Konzerte. Nebelschwaden, eine fantastische Lightshow und guter Livesound trugen dazu bei, dass die anwesenden, kolportiert 40.000 Fans in den Genuß einer eindringlichen wie stilvollen Performance des Trios kam. Ein besonderer Fan der Band war ich noch nie, dennoch vermochte mich das heutige Konzert zu begeistern.

Showelemente wie fliegende Papierschlangen oder über das Publikum hinweg tanzenden Bälle ergänzten die knapp 110minütige Show, die neben neuen Stücken vom eben erschienenen Album "Drones" (samt neuer Single "Dead Inside") ihre doch über Jahre gewachsenen Nummern und Hits enthielt. Bei bekannten Krachern wie "Stockholm Syndrome", "Supermassive Black Hole" oder dem tollen "Bliss" durfte auch meine MUSE-Unwürdigkeit mitgehen, ansonsten ließ ich mich durch das Set treiben, das sich als eine optische wie akustische Wunderwelt entpuppte und der Band trotz eines schrägen Einschlags und Gitarren-Gestromes einen immens großen Anteil an weiblichen Verehrerinnen bescherte (zuletzt miterlebt beim THIRTY SECONDS TO MARS-Konzert). Das Beste sollte wie üblich am Schluß auf die Fans warten, ein euphorisches "Uprsising", "Starlight" und "Knights Of Cydonia" (samt coolem "Spiel mir das Lied vom Tod"-Intro) beschlossen den Abend. Ein toller Gig, der für mich eindeutig in die Kategorie "Erweiterung des musikalischen Horizonts" einzuordnen war und sehr gefiel, die zehntausenden Fans brauchte man ob des stürmischen Jubels und der euphorischen Beteilung ohnehin nicht zu befragen. Ein lässiges Konzert, das vor Planende beschlossen wurde, beendete den ersten Festivaltag, der vom Samstag und Sonntag allerdings locker übertroffen werden sollte.

Setlist:
- Psycho
- Stockholm Syndrome
- Supermassive Black Hole
- Dead Inside
- Resistance
- Interlude
- Hysteria
- Animals
- Munich Jam
- Madness
- Apocalypse Please
- New Born
- Bliss
- Mercy
- Time Is Running Out
- Reapers
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- Intro: JFK
- Uprising
- Starlight
- Intro Man With A Harmonica (Ennio Morricone)
- Knights Of Cydonia

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[TAG 2 - Samstag, 30.05.2015]

KISS, JUDAS PRIEST, AIRBOURNE, FIVE FINGER DEATH PUNCH, ACCEPT, ANTI-FLAG, BEYOND THE BLACK, BLACK MAP, BLITZ KIDS, DR. LIVING DEAD!, EPICA, GALLOWS, HANG THE BASTARD, IGNITE, KISSIN´ DYNAMITE, LA DISPUTE, MAD CADDIES, SICK OF IT ALL, THE DARKNESS, THE DEAD DAISIES, TOXPACK, TURBONEGRO


KISSIN´ DYNAMITE

Nach der zuletzt schwachen Show in Innsbruck (Livereport) sparte ich mir den Auftritt von DR. LIVING DEAD und fand mich pünktlich zum nachmittäglichen Auftritt der Schwaben von KISSIN´ DYNAMITE in der dunklen Olympiahalle ein, die allerdings bald von Glanz und Gloria dieser deutschen Hardrock/Glam-Institution erhellt wurde. Gleich vom Opener "DNA" weg gaben die Schwaben mächtig Gas. Ein flotter Smasher jagte den nächsten, mit "Running Free" oder "I Will Be King" haben die Deutschen ja genug durchschlagskräftige Munition im Revolver. Obwohl Deutschland niemals Glammer und Hairspray-Rocker wie die US of A oder Schweden hervorbringen wird können, hatte Sänger Hannes die Haare sehr schön und bestach abseits der blonden Fönmähne mit einer explosiven Show, fehlenden Berührungsängsten mit den Fans und einer tollen Stimme, die auf voller Linie überzeugte. Seine Band stand dem in nichts nach, poste amtlich, sorgte für mächtig Bewegung auf der Bühne und rundete die tolle Performance, etwa mit lässig-melodiösen Gitarrensoli, ab. Lässiges Songmaterial, eine mitreißende Bühnenshow und auch so mancher Sympathiepunkt überzeugten von den Qualitäten des Quintetts, bevor sich KISSIN´ DYNAMITE unter gebührendem Applaus mit "Ticket To Paradise" und einer Pyramiden-Hommage an die großen deutschen SCORPIONS von der Bühne verabschiedeten.


FIVE FINGER DEATH PUNCH

Die während KISSIN´ DYNAMITE im riesigen Stadion spielenden ACCEPT, welche für mich immer mit dem Dierkschneider-Dilemma behaftet bleiben werden, sparte ich mir aufgrund des baldigen Wiedersehens am "Bang Your Head"-Festival im Juli, sodass der heutige Erstkontakt mit der Sonne bei den US-NewMetallern FIVE FINGER DEATH PUNCH erfolgte. Und das US-Outfit ließ auch nichts anbrennen. In gewohnter Manier donnerte der FFDP-Bulldozer über die begeisterten Fans hinweg. Breitbeinig, prollig, dreckig und mit viel Groove und fetten Gitarrenriffs zogen die tätowierten "White Trash"-Abräumer alle Register ihres Könnens. Nichts für Oldschooler oder Feingeister, aber eine mächtige Abrißbirne für Breitwand-New-Metal-Aficianados. Sänger Ivan nützte auch die Chance klarzustellen, dass ihre Buddies HELLYEAH nichts für die Absage ihrer für heute geplanten Show konnten und sie sehr gerne hier gespielt hätten. FIVE FINGER DEATH PUNCH machten ihrem Namen alle Ehre, dank Smashern wie "Under and Over It" und "Burn MF" gab es bis hin zum Rausschmeißer "The Bleeding" fast unablässig auf die Fresse! Dicker Daumen hoch für die Band um den Cthulu-Bart-Bassisten, die im feinen Sonnenschein des Olympiastadion-Runds US-Stadionrock-Flair versprühte!

JUDAS PRIEST

An den Bühnenseiten prangten schon die riesigen KISS-Army Banner, als nach dem Intro eine der wichtigsten Metalbands überhaupt die riesige ROCKAVARIA-Bühne betrat. "Dragonaut" war die Ansage und gleich die ersten Töne aus dem Munde von Metalgott Rob Halford verhießen einen tollen Gig. Die Metal-Legende kämpfte ja in den letzten Jahren mit mäßigen bis schwankenden Liveleistungen, abhängig vor allem von Frontmann Halford. Nach diesem gelungenen Start konnten PRIEST in den folgenden rund 75 Minuten ihren Stahl recht befreit kochen. Beflügelt von amtlichen Fanreaktionen sang sich Halford durch einen dicken Strauß von Metalhymnen ("Metal Gods") und (einst geschmähten) Hits ("Turbo Lover"). Von Standards wie "Victim Of Changes" bis hin zu neuerem Material überzeugte Rob und ließ etwa "Halls Of Valhalla" erstrahlen.

Das leidige "Breaking The Law" mußte natürlich auch sein und ließ alle Anwesenden steil gehen. Apropos gehen...ein bißchen hüftlahmer ist Rob Halford über die Jahre auch geworden, aber klar, man ist keine 20 mehr und würdevolles Abschreiten der Bühne hat bei toller gesanglicher Leistung seine Legitimation. Zum Ende des Sets hin wurden noch amtliche Erinnerungen wach. Vor "Hell Bent For Leather" düste Rob wie einst vor dem "Painkiller"-Gig (der Opener jener Tour war übrigens PANTERA) vor knapp einem Vierteljahrhundert in der benachbarten Olympiahalle mit der Maschine auf die Bühne. So muß das, auch wenn alles nur Show ist. Für diese sorgte vor allem eine Frischblutinjektion in Person von Gitarrist Richie Faulkner, auch wenn mit dem Abgang von KK Downing typische JUDAS PRIEST-Synchron-Elemente verloren gingen. Ein zurückhaltender Glenn Tipton (wer hat dem Typen das Tragen einer Basecap auf der Bühne erlaubt?) suchte immer die Nähe zu Ian Hill, während sich Downing-Lookalike Faulkner am anderen Bühnenrand um eine zünftige Metalshow bemühte, für amtlich nach vorne treibenden Bumms sorgte Drummer Scott Travis.

Als Zugabe gab´s obligatorisch "Electric Eye", die Nagelprobe stand dem Metal God aber erst noch bevor. Einer DER Metal-Songs überhaupt, "Painkiller" stand als nächtes auf dem Programm und nicht wenigen dürfte das Herz ein wenig in die Hose gerutscht sein. Doch auch diese Hürde packte Halford, zwar nicht meisterlich (es klang ein wenig schrill und mit viel Hall), aber dennoch höchst eindringlich dargeboten, rettete er sich über diesen Song hinweg, um es beim Rausschmeißer "Living After Midnight" wieder etwas gemächlicher angehen lassen zu können. Musikalisch waren die Priester am heutigen Abend jedoch über jeden Zweifel erhaben, ein gut aufsingender Halford sorgte für einen amtlichen Co-Headlinergig, der außer ein paar (unvermeidlich) fehlenden Lieblingssongs und dem fehlenden Original-Gitarren-Duo für einen gelungenen Auftritt sorgten, derweil in der Halle THE DARKNESS und TURBONEGRO aufrockten.

Setlist:
- Intro: War Pigs (Black Sabbath)
- Battle Cry/Dragonaut
- Metal Gods
- Devil's Child
- Victim Of Changes
- Halls Of Valhalla
- Turbo Lover
- Redeemer Of Souls
- Jawbreaker
- Breaking The Law
- Hell Bent For Leather
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- The Hellion/Electric Eye
- Painkiller
- Living After Midnight

KISS

Doch bei aller guten Leistung von JUDAS PRIEST zeigte der sich beständig füllende Innenraum, wegen wem das Publikum heute gekommen war. Die zuletzt (Livereport) mächtig aufspielenden und alles abräumenden AIRBOURNE spielten leider ebenso zeitgleich mit dem Headliner des heutigen Abends wie die live ebenso bärenstarken SICK OF IT ALL (Livereport). Schade, aber absolut unvermeidlich. Und ich sollte es keinen Moment bereuen, die beste (klar!) und heißeste (logo!) Rockband des Planeten (mindestens!) gesehen zu haben. Der Headliner nahm den ertönenden Slogan "You Wanted The Best, You Got The Best...The Hottest Band In The World: KISS" wörtlich. Der Vorhang fiel, die Lichtshow blendete und Pyros knallten, als KISS mit "Detroit Rock City" einen Abend der perfekten Rock n´ Roll-Unterhaltung eröffneten. Das Schlagzeug auf der Hydraulik-Plattform senkte sich und KISS posten und rockten, als ob es das Selbstverständlichste und Leichteste auf der Welt wäre. In klassischer Maskerade und Schminke stieg die Rock-Party des Jahres. Einer perfekteren Inszenierung als dem von Projektionen und mit allerlei Gimmicks gewürzten "40th Anniversary"-Showcase durfte man in diesem Jahr wohl nicht mehr beiwohnen.

Flammenstöße verpufften in der Abendluft, bunte Lichter fesselten die Augen, während Gene Simmons, Paul Stanley & Co. unter dem übermächtigen Bandlogo die Ohren betörten. Dem optischen Feuerwerk folgte die volle Palette Jahrhunderthits ("Lick It Up", "Love Gun"), einzig "Do You Love Me" war total käsig. Egal ob älteren oder neueren Datums, die Songs rockten wie eh und je und ließen das Spektakel zu einer Rock n´ Roll-Party Deluxe mutieren. Besonders cool vor allem "Creatures Of The Night", "Psycho Circus" oder das uralte "Parasite". Paul Stanley, mit seiner Stimme oft ein wenig die Achillesferse von KISS, überzeugte (und war trotzdem etwa im Mittelteil von "I Was Made For Lovin' You" mächtig gefordert) ebenso wie auch Gene Simmons, der wie immer den wilden Mann markierte, bei "War Machine" unter ohrenbetäubenden Sirenengeheul Feuer spuckte und nach seinem diabolischen Basssolo in die Luft flog, um das mächtige "God Of Thunder" in luftiger Höhe zu singen. Bei "Black Diamond" durfte schließlich noch Drummer Eric Singer ran, der mit Tommy Thayer am Sechssaiter das Kernduo ideal ergänzte.

"Shout It Out Loud" und "I Was Made For Lovin' You" standen am Ende des Sets, das stilecht mit einem fulminanten "Rock n Roll All Nite" beschlossen wurde. Die Nebel stiegen hoch, es regnete Flitter und Papierschlangen und auch sonst feuerte der Headliner noch einmal aus allen Rohren, um bei allen Anwesenden mit einer perfekten Inszenierung in bester Erinnerung zu bleiben. In dieser Form dürfte das immerhin schon vier Jahrzehnte umfassende Kapitel der Rock-Legende KISS wohl noch lange nicht geschlossen sein! Eine perfekte Headliner-Show samt Entertainment-Vollbedienung fand leider viel zu früh ihr Ende, eine der einfluß- und erfolgreichsten Rockbands des Planeten und Millionenseller bescherte den Fans einen unvergesslichen Abend, der einen jede Sekunde des Auftritts aufsaugen und staunen ließ. Perfektes Entertainment, Las Vegas-style!

Setlist:
- Intro
- Detroit Rock City
- Deuce
- Psycho Circus
- Creatures Of The Night
- I Love It Loud
- War Machine
- Do You Love Me
- Hell Or Hallelujah
- Calling Dr. Love
- Lick It Up
- Bass Solo
- God Of Thunder
- Parasite
- Love Gun
- Black Diamond
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- Shout It Out Loud
- I Was Made For Lovin' You
- Rock And Roll All Nite
- God Gave Rock 'N' Roll To You

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[TAG 3 - Sonntag, 31.05.2015]

METALLICA, FAITH NO MORE, WITHIN TEMPTATION, KREATOR, ...AND YOU WILL KNOW US BY THE TRAIL OF DEAD, ANATHEMA, ANY GIVEN DAY, BLACK TONGUE, DECAPITATED, DEEZ NUTS, DIR EN GREY, EMMURE, ESKIMO CALLBOY, EXODUS, GOJIRA, GRAVE PLEASURES, HATEBREED, MESHUGGAH, RISE OF THE NORTHSTAR, STICK TO YOUR GUNS, TESTAMENT, UNEARTH


EXODUS

Der letzte Tag sollte gleich mit einem der fettesten Gigs des ganzen Festivals beginnen. Das Bay Area-Thrash-Urgestein EXODUS war angetreten, den heutigen Metal-Grosskampftag zu eröffnen, dessen Line-Up so manches frühere "Monsters of Rock"-Programm übertroffen hätte. Eine leichte Übung mit Genreklassikern wie "Bonded By Blood" oder "Strike Of The Beast" (was für ein schneller Riffer, was für ein Rausschmeißer!), dem mächtigen "Blacklist" und Brechern neueren Datums wie jenen vom letzten Album "Blood In, Blood Out" (Review) im Gepäck. Die Sonne strahlte, die Fans, welche die Rückkehr von Steve Souza am Mikro bejubelten (der zuletzt noch frontende Rob Dukes (Livereport) war ja alles andere wie unumstritten), ebenso. Die Welt war in Ordnung, auch wenn Bandchef Gary Holt heute wieder einmal nicht dabei war. Die Outfit-Twins (Schweißbänder, wehende Matte, schwarze Shirts) Lee Altus und Kragen Lum brieten wie gewohnt eine crunchy Thrash-Brett, arschtight und cool. EXODUS untermauerten mit dem heutigen Auftritt ein ums andere Mal, dass sie nicht nur eine DER Thrash Metal-Bands überhaupt, sondern darüber hinaus Live-Granaten wie auch Garanten sind!


DECAPITATED

Nachdem mich HATEBREED bereits am Novarock 2014 mächtig beeindruckt hatten (zum Festivalreport), stand meiner ersten Livekonfrontation mit DECAPITATED nichts im Wege. Also ab in die düstere Olympiahalle und eine amtliche Vollbedienung technisch orientierten MESHUGGAH-VADER-GOJIRA-Brachialmetals abgeholt. Mit tollem Sound und Licht versehen, lieferte die Polen-Crew eine mächtige und druckvolle (trotz nur einer Gitarre) Vorstellung ab. Modern und cool fegten die Titel vom bockstarken "Blood Mantra" (Review)-Album durch die Lautsprecher, vor allem der Titeltrack war dabei auch live eine echte Granate. Zwar hatten sich nicht allzu viele Bands zu dieser frühen Stunde in die riesige Halle verlaufen, bei jenen die sich eingefunden hatten, hinterließ das Quartett allerdings eine goldgefaßte Visitenkarte und begeisterte bis hin zum Rausschmeißer "Spheres Of Madness".

TESTAMENT

Komplett euphorisiert vom Thrash-Orkan und dem wuchtigen Gebolze sah ich dem Gig eines weiteren Festival-Faves entgegen, der alsbald von lautem Sirenengeheul angekündigt wurde. Der Einstieg mit einem irrsinnig schnell gezockten "Over The Wall" gelang noch vielversprechend, danach versank der Auftritt der kalifornischen Thrash-Legende jedoch im zu bassdominierten Sound. Zudem versuchte sich das sonst motiviert aufspielende Quintett zu sehr darin, die Anwesenden trotz knapp bemessener Spielzeit mit einem möglichst abwechslungsreichen Programm ("Rise Up", "Native Blood", "3 Days In Darkness") zu begeistern. Guter Versuch, kann man auf Headlinershows bringen, brachte nur heute eher wenig, die anwesenden Fans wollten Thrash-Abrißbirnen und Klassiker hören. Eine teils zu schrille Sologitarre besorgte dazu noch den Rest. Leider blieb der heutige Auftritt der ansonsten amtlich regierenden Herren Billy am Mikro bzw. dem Gitarrentandem Peterson/Skolnick hinter meinen Erwartungen zurück, der hinter seinem Drumkit thronende Gene Hoglan "tackerte" (in Tateinheit mit Basshexer Steve DiGiorgio) einfach alles weg. Das war nicht die amtliche Vollverpflegung, bei der Thrash-Fans wie mir das Herz aufgehen sollte, auf zu viele Smasher (abseits von "The New Order", "Practice What You Preach", "Into The Pit" und dem brutalen Rausschmeißer "Disciples Of The Watch") mußte verzichtet werden ("First Strike Is Deadly", "Raging Waters", "Trial By Fire", "Alone In The Dark" etc.). Der anschließend geplante kurze Abstecher zu UNEARTH ins Theatron scheiterte leider einmal mehr an der langen Einlaßschlange des wiederum temporär gesperrten Theatrons.


GOJIRA

KREATOR wurden anschließend aufgrund des in Bälde anstehenden Auftritts am Bang Your Head-Festival den in der Halle zockenden GOJIRA geopfert. Seit meinem ersten GOJIRA-Gig im Key Club von Los Angeles 2009 lassen mich die Franzosen nicht los. Trotz aller Sperrigkeit faszinierten die Franzosen die recht überschaubare Fanschar auch heute wieder mit ihrer grandiosen Mischung aus progressiv angehauchtem, technisch versierten Hartmetall zwischen Druck, Groove und Anspruch. Fronter Joseph Duplantier sparte mit Ansagen ("Love" wurde ihren ebenfalls heute hier gastierenden Brüdern im Geiste DECAPITATED und MESSHUGAH gewidmet) und machte die Band trotz toller Titel wie etwa "Backbone" oder "L´Enfant Sauvage" für Nichteingeweihte schwer greifbar, für ihre Anhänger jedoch noch eindringlicher und nachdrücklicher. Einzig neues Studiomaterial sollte bald an den Start, schließlich datiert "L´Enfant Sauvage" immerhin schon mit 2012. Ein kurzes, aber überzeugendes Gastspiel einer der (zumindest für mich) unterbewertetsten Bands überhaupt.

FAITH NO MORE

Im Sommer des Jahres 1995 sollte ich eines meiner absolut besten und unvergeßlichsten Konzerte überhaupt erleben dürfen. Auf der Bühne an selbem Orte wie heute, hier im Olympiastadion, standen die großen FAITH NO MORE, die mir ein Liveerlebnis schenkten, das bis heute nachwirkt. Was sollte der heutige Gig bringen? Eingangs überstrahlte ein riesiges, reinweißes Backdrop die Szenerie, Blumendeko unstrich das Bühnenflair eines religiösen Zusammentreffens a la katholischer Kirchentag. Als dann die Bands selbst auch noch in weißem Gewande die Bühne (ein bewußter Kontrapunkt im traditionell schwarz dominierten Metal-Festival?) betrat, durfte man sich vollends wundern. Los ging´s mit "Motherfucker" vom guten, aber nach der langen Anlaufzeit nicht überragenden "Sol Invictus". Hier war aufgrund der Coolness der Nummer noch alles im Lot, doch schon bei "From Out Of Nowhere" offenbarte sich, dass die einst so spritzige und originelle Band ihre Energie und ihren Enthusiasmus ein wenig am Altar der Reife und des fortgeschrittenen Alters geopfert hatte bzw. opfern mußte.

Auch wenn Patton immer noch der gleich klamaukig-schräge Vogel wie eh und je zu sein schien, täuschte zumindest mich nichts darüber hinweg, dass Motivation und Dynamik nicht mehr zu den ganz großen Stärken einer der besten Bands überhaupt zu zählen schien, zumindest nicht am heutigen Tage! Neuere Nummern wie "Sunny Side Up" (cooler Tune), "Separation Anxiety" (naja) oder das bekannte wie affige "Easy" nahmen dem ganzen, ohnehin nicht gut choreographierten Set zudem den Drive, nach dem fetzigen "Superhero" verschwand die Band einfach und nachdem keine Rufe nach Zugaben laut wurden, war es das auch gewesen. Kein Ruhmeszeichen für die ewig bühnenabsent gewesene Band. Das schien zumindest mich in meiner subjektiven Meinung (vielen hatte die gediegene Performance gefallen) zu bestätigen, ein Co-Headliner hätte sicher noch eine Nummer spielen dürfen. Vielleicht hatte ich zu viel erwartet, frühere Energie und Magie ging heute nicht von der nach 18 Jahren wieder auf Tour gehenden Band aus, der Sound war auch keineswegs optimal. Dass ich bereits im Vorfeld schweren Herzens MESHUGGAH für die wiederauferstandenen FNM sausen ließ, tat mir in diesem Moment fast ein wenig leid. Die waren früher cooler und aufregender!

Setlist:
- Motherfucker
- From Out Of Nowhere
- Caffeine
- Evidence
- Epic
- Sunny Side Up
- Get Out
- Midlife Crisis
- Cuckoo For Caca
- The Gentle Art Of Making Enemies
- Easy (COMMODORES-Cover)
- Separation Anxiety
- Matador
- Ashes to Ashes
- Superhero

METALLICA

An den regierenden Kings Of Metal (alle anderen Headliner-Metalacts a la Achtzigergrößen wie MAIDEN, AC/DC oder SABBATH tendieren inzwischen ja eher Richtung Pension - womit wir umgehend beim leidigen Headlinerproblem der Zukunft wären, das sich weitgehend auf VOLBEAT oder RAMMSTEIN beschränkt oder sich in Rockacts a la FOO FIGHTERS, den TOTEN HOSEN oder GREEN DAY erschöft, aber keine wirklichen Metal-Acts aufbietet) schieden sich zuletzt viele Geister. Sell-Out- und Mainstreamvorwürfe, Ulrich-Bashing etc. waren ja vergleichsweise hip. Tatsache war heute jedoch, dass das Quartett seine musikalischen Muskeln spielen ließ, ohne Pseudo-„Voting“-Setlist. Fannähe wurde höchstens zu den Fanclub-Mitgliedern etc. praktiziert, welche die Show onstage verfolgen durften, eine zuletzt gern geübte Praxis. Tatsache war, dass das Quartett aus San Francisco den Zuschauermob bestens im Griff hatte und eine Headliner-Show ablieferte, die sich gewaschen hatte, vielleicht nicht die beste, aber mehr als grundsolide. Anders gesagt: Metal-Galavorstellung, aber keine Kür. Mit mächtig kernigem Gitarrensound drückten die Metal-Klassiker nur so reihenweise aus den Boxen. Die Massen begeisterten sich naturgemäß für Hits wie "One" (samt toller optischer Umsetzung mit Nebel und Lichtshow), "Sad But True" oder "Welcome Home (Sanitarium)". Hetfield gebärdete sich als cooler, auch sympathischer Fronter wie eh und je, seine Ansagen waren prägnant und auf seine "O Yeah´s" kann ohnehin kein Metaller verzichten. Verzichtbar hingegen das Hammett-Gitarrensolo sowie das mächtig tiefergelegte Trujillo-Basssolo. "Cyanide", "The Unforgiven II" oder das neue "Lords Of Summer" sind zwar bei Gott keine schlechten Nummern, dennoch hätten "Battery" oder "Harvester Of Sorrow" weitaus besser getan, ansonsten packten mich speziell das pfeilschnell gezockte, uralte "Metal Militia", "Disposable Heroes", "The Frayed Ends Of Sanity" oder "Fight Fire With Fire", bei dem Hetfield die weiße Flying V auspackte.

Meine Kritikpunkte beschränken sich auf das zweifellos fanfreundliche, aber - vor allem nach dem KISS-Gig vom Vortag - blutleere Herumstehen der im Bewegungsradius eingeschränkten Fans auf der Bühne statt bombiger Bühnendeko. Die Setlist war für mich ebenfalls nicht das Gelbe vom Ei (wenngleich hit- und headlinerkompatibel). Dass METALLICA im Studiobereich bis 1991 unangefochten sind und diese Klasse wohl nicht mehr erreichen werden, braucht eigentlich nicht gesagt werden, das weiß jeder. Ab diesem Zeitpunkt punktete der Vierer nur mehr punktuell mit tollem Songmaterial, aber vor allem mit energetischen Liveshows. Für die Frühwerke, das Durchhaltevermögen, die Livepräsenz und ihre Verdienste um den Metal gebührt ihnen mein Respekt. Schelte gibt´s schließlich noch für die Epilepsie-hervorrufende, irrsinnige schnelle Kameraführung auf den Videoleinwänden. Trotz allem kamen die Fans auf ihre Kosten, sie durften das Gemeinschaftsgefühl erleben, wenn Songs wie "Master Of Puppets" oder "Creeping Death" im riesigen Rund aus zehntausenden Kehlen mitgebrüllt und zelebriert werden und quasi trotz Ansage für ergreifende Gänsehautmomente und Stadionrockatmosphäre deluxe gesorgt war! METALLICA als Thrash-Band auf kleinen Bühnen ist schließlich über 25 Jahre her, damit müssen sich die ewigen Nörgler abfinden, hier führt kein Weg zurück. Der Großteil der Kritiker, die der Band Massenkompabilität, Whimp-Out & Co. vorwerfen, dürfen sich dabei gerne mal vor Augen halten, dass sie die wirklich alten Clubtage allesamt ohnehin nur zu einem Bruchteil selbst mitbekommen haben und auch der Verfasser dieser Zeilen das Live-Triple 1991/1992/993 bereits in großen Hallen (Stadthalle Wien, Olympiahalle München) erleben durfte.

METALLICA sind schon lange im Mainstream angekommen und haben diesen - zuletzt vor allem auf den Bühnen - hart erarbeiteten Erfolg redlich verdient, auch wenn es die Band im letzten kanppen Vierteljahrhundert auf gerade mal vier Studioalben (und nicht mal sonderlich gute!) brachte. Allerdings gibt es heutzutage als Ersatz für einstige Heroes mehr denn je aufregende und coole Jungbands, welche die Bühnen in den kleinen Clubs in Schutt und Asche legen, welche es zu entdecken und fördern gilt. Man muß sie nur vor den Brettern, die die Welt bedeuten, für sich entdecken und nicht ewig "alten Zeiten" hinterhertrauern. METALLICA sorgten auch am heutigen Abend für jene unvergesslichen, wenn auch routinierten Metal-Momente, die sie zu Recht in den Metal-Olymp katapultierten. Da ändern auch schwache Alben und das Fehlen von neuem Studiomaterial nur wenig. Dennoch darf wie schon im Review zum "Some Kind Of Monster" DVD-ReRelease kritisch angemerkt werden, dass "Death Magnetic" mittlerweile gezählte sieben Jahre auf dem Buckel hat und die Band inzwischen zum wiederholten Male damit auf Tour war. Wenngleich zumindest ich unvermeidliche Zugaben wie DIE Ballade und DEN Hit einfach nicht mehr hören kann, lieferten die Kalifornier heute wieder eine Machtdemonstration, Stadionstyle ab, angeführt von einem gewohnt coolen Hetfield. Dennoch darf die Band gern mal ihren Studioarsch bewegen, um sich nicht weiter im Kreise zu drehen und mit immer neuen Aktionen (Alben am Stück, „By Request“) die alte Suppe wieder und wieder aufzuwärmen. Zu oft aufgewärmtes Gulasch verkocht schließlich auch irgendwann...


Setlist:
- The Ecstasy Of Gold (Ennio Morricone)
- Fuel
- For Whom The Bell Tolls
- Metal Militia
- King Nothing
- Disposable Heroes
- The Unforgiven II
- Cyanide
- Lords Of Summer
- Sad But True
- The Frayed Ends Of Sanity
- One
- Master Of Puppets
- Fight Fire With Fire
- Welcome Home (Sanitarium)
- Seek & Destroy
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- Creeping Death
- Nothing Else Matters
- Enter Sandman

WITHIN TEMPTATION hatten nach der METALLICA-Gala in der Halle kaum mehr viel zu melden, nur mehr wenige Zuschauer folgten dem Auftritt der Holländer, während ein Großteil bereits den Heimweg antrat. STORMBRINGER freut sich auf eine weitere Ausgabe von ROCKAVARIA 2016, welche das heurige, gelungene Musik- wie Infrastrukturprogramm noch übertreffen kann. Die leider unvermeidbaren Überschneidungen ließen leider keine noch umfassendere Berichterstattung zu und somit mußte ich leider auch einige ganz heiße Eisen der aktuellen Rockszene streichen (etwa AIRBOURNE). Der Rock durfte seine fulminante Rückkehr nach München feiern und die bayrische Landeshauptstadt endlich wieder festivaltechnisch rocken! Abertausende Zuschauer feierten in der optimalen Location eine riesige Rockparty und ein Spektakel, das sich gewaschen hatte. Man darf hoffen, dass das Konzept für die Veranstalter aufgegangen ist und ROCKAVARIA München auch 2016 für ein Wochenende zum Nabel der Musikwelt mutieren läßt.

Dank für die tollen Fotos geht an meinen Freund Michele Aldeghi, mehr von seinen tollen Pics könnt ihr HIER sehen!


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