BANG YOUR HEAD FESTIVAL 2016 (Tag 2 & 3)

Text: Thomas Patsch | Fotos: Gerhard Masuccio, fg
Veröffentlicht am 24.07.2016

FREITAG (Tag 2, 15.07.2016)

Open Air: TWISTED SISTER, TESTAMENT, ANNIHILATOR, METAL CHURCH, SACRED REICH, IMPELITTERI, MANILLA ROAD, FREEDOM CALL, NIGHT DEMON / Halle: KILLCODE, SATAN, GRAVE, NAZARETH, TIGERTAILZ

 

HALLE

TIGERTAILZ

Da zeitgleich zum Start der Show der Hair-Spray-Ikone TIGERTAILZ noch METAL CHURCH über die Open Air-Bühne fegten, wurde das Quartett in der Messehalle zunächst von einer eher überschaubaren Menschenmenge begrüßt. Doch schon binnen weniger Minuten fanden sich nach und nach immer mehr Schaulustige in der Halle ein, um das Treiben des Vierers mitzuverfolgen. Zwar wirkt die Tatsache, dass Frontmann und Vince Neil-Lookalike Rob Wylde das „UK“ als Herkunft des Vierers angibt, tagespolitisch irgendwie eigenwillig, doch „Brexit“ und ähnliches scheinen überhaupt keine Themen für die vier Herren aus „Bales“ zu sein. Warum auch, die vier Poser-Könige stehen seit jeher für nichts anderes als pures Rock‘n‘Roll-Entertainment und daran hat sich selbstredend nichts geändert. Ebenso wenig am Unterhaltungswert ihrer Hits vom Schlage „Hollywood Killer“ oder „Shoot To Kill“. Doch auch auf den erst vor wenigen Monaten aufgelegten Dreher „Blaster“ griff der bunte und wild gestylte Haufen zurück und präsentierte daraus unter anderem das auf Anhieb zündende Hook-Monster „All The Girls In The World“. Da auch diese Nummer überaus positiv von den Fans aufgenommen wurde, lässt sich als Fazit festhalten, dass die Formation - allen Unkenrufen sowie sämtlichen Tragöden in den letzten Jahren zum Trotz - auch anno 2016  noch für ausgiebige Unterhaltung zu sorgen versteht, selbst wenn man aktuell wohl auf eher billigere Haar-Sprays zurückgreifen dürfte, wie man an den im Laufe der Zeit doch etwas ramponiert wirkenden „Gebilden“ auf den Häuptern der Saitenfraktion feststellen musste. [Walter Scheurer]

GRAVE

Während sich draußen der Headliner auf der Abschiedstour die Ehre gab, wurde in der Halle der Gitarrensound in den tiefen Keller verlegt. Eine echte Schwedentod-Legende hatte zum Elch-Halali gerufen, die Death-Ghouls folgten jedoch nur spärlich dem Ruf, so sehr und mächtig die grollenden Riffs auch gegen Dee Snider & Co. ankämpften. Jene, die nach einer Death Metal-Vollbedienung lechzten, schlurften jedoch gierig in die Halle, um ihren Anteil am verrotteten Blutbeuschl zu ergattern, das heute wieder besonders ranzig und bekömmlich verdorben zu schmecken vermochte. Kein Wunder, wurde von den Mannen um Fronter Ola Lindgren und ex-DISMEMBER Tobias Cristiansson doch Gift und Galle in Form von modrigen Death Metal-Classics wie "Into The Grave" oder "You´ll Never See" verspritzt. Der malträtierte Corpus des Sets rekrutierte sich vornehmlich aus Songs der Klassiker-Alben der Phase Anfang der Neunziger, als die ersten drei Alben mit fiesem Gitarrengesäge und röhrenden Vocals ihren Teil des blutigen Schwedendeath-Mutterkuchens beanspruchten. Die Veteranen wußten die Ansprüche der teils schon müden Meute, abseits der Titel vom 2015er "Out Of The Respect For The Dead"-Dreher, spätestens mit dem mächtigen "Soulless" zu erfüllen. Punktegewinn für Schweden trotz toll aufspielender Hardrocklegende TWISTED SISTER. [Thomas Patsch]

SATAN

Erstaunlich wenig los war in der Halle als die NWoBHM-Veteranen loslegten. Waren wohl alle noch im TWISTED SISTER Feeling, die zeitgleich ihre letzten Songs live spielten (so das tatsächlich zutreffen sollte). Erst als Brian Ross und Co. anfingen, neue Songs von ihren letzten beiden wunderbaren Alben zu performen, füllte es sich indoor (wobei die Light-Show dieses Jahr verbessert war und die unpersönliche Note der Halle abmilderte). Russ Tippins und Steve Ramsey sind sicherlich eines der unterbewertetsten Gitarren-Duos der Metal-Szene. Ihr Zusammenspiel strotzt nur so vor Feinheiten und die Riffs sind vieles, aber niemals Klischee. Die neuen Songs von "Atom By Atom" offenbaren sich auch erst nach mehrmaligem Hören. Live daher für Neu-Einsteiger ein schwieriges Unterfangen. Die Redesalven von Brian Ross überraschten, ist er doch sonst eher wortkarg zwischen den Songs. Das zur Verfügung gestellte, anfangs verabscheute Wasser („This Is Not Rock´n`Roll“) hat er schließlich aber doch getrunken. Der feinen Performance mit dem fantastischen Abschluss-Uralt-Track "Kiss Of Death" tat dies keinen Abbruch. [Heinz Konzett]

Für den Gig der New Yorker KILLCODE um ca. 01:00 Uhr früh fehlte den Schreibern nach diesem "Super Friday" mit dem krönenden Abschluß TWISTED SISTER die Power, die Altrocker NAZARETH wiederum verfügen augenscheinlich über ebenso wenig über diesselbe, sodass sich keiner der Show der Schotten erbarmte. Auch FREEDOM CALL auf der Hauptbühne war den gestandenen Metal-Schreiber-Recken zu happy & cheesy, wobei der Sound der Deutschen beim BYH naturgemäß auf fruchtbaren Boden fiel. [Thomas Patsch]

 

OPEN AIR

NIGHT DEMON

Die Kalifornier gelten nicht umsonst als in ganz heißem Feuer geschmiedetes Metal-Eisen. Wenn es eine Band gibt, welche die traditionellen Werte des Metal in die Neuzeit zu transferieren vermag, dann gilt diese Truppe neben ENFORCER, RAM, WOLF und Konsorten als heißer Tipp. Doch damit nicht genug, zockte der Dreier heute ein famoses Opening-Set, das sich gewaschen hatte. Grundsätzlich ein Leichtes, mit grandiosen Smashern wie "Full Speed Ahead", "Heavy Metal Heat", "Screams In The Night" oder "Curse Of The Damned" im Talon. Ihr Gespür für traditionsbewußten, knackigen Heavy Metal, ohne mit aufgesetzten und offenkundig hingeschneiderten Brachialoutfits in Szene gesetzt oder überzogener Attitüde punkten zu müssen, merkte man der Truppe in jeder Spielsekunde an. Der bassende Sänger Jarvis Leatherby gebärdete sich wie ein absolutes Energiebündel und fegte über die Bühne, als gäbe es kein Morgen. Kaum einer anderen Truppe nimmt man das Feuer und die unbändige Leidenschaft für den Metal derart ab, wie den Ventura-Traditionalisten, die heute trotz Helligkeit und für ein Trio viel zu großer Bühne ein wahres Feuerwerk aus Leidenschaft, packenden Metal-Krachern und dynamischem Stageacting abbrannten. Der bei "The Chalice" über die Bühne huschende Tod sorgte für optische, wie auch das GOLDEN EARRING-Cover "Radar Love" für akustische Erheiterung, bevor das zündende Set mit der Bandhymne "Night Demon" beendet wurde. Und nicht zu vergessen...welcher Festivalopener darf schon auf satte "Night Demon"-Sprechchöre der Fans zählen? Dieser hier bei einem Opener noch kaum miterlebte Ausdruck der Ergebenheit darf wohl als zusätzliches Qualitätskriterium für die Ausnahmemetalband gezählt werden. [Thomas Patsch]

MANILLA ROAD

Wieviele Zuseher es tatsächlich waren, die bereits den ersten Auftritt der Epic Metaller MANILLA ROAD vor 16 Jahren an Ort und Stelle mitgefeiert haben, lässt sich nicht mehr wirklich nachvollziehen, schließt man jedoch auf die Publikumsreaktionen nach der Danksagung dafür von Gitarrist Mark Shelton, muss es eine gewaltige Menge gewesen sein. Seit diesen Tagen wurde nicht nur das Line-Up der Metal-Legende aus Wichita, Kansas mehrfach umgekrempelt, auch an Veröffentlichungen gab es einiges zu vermelden. Nachvollziehbar daher, dass der Vierer (der seit nun mehr gut fünf Jahren über ein stabiles Line-Up verfügt, das neben Mastermind Shelton aus Bryan "Hellroadie" Patrick am Mikro, Bassist Josh Castillo sowie der deutschen Drum-Ikone Andreas „Neudi“ Neuderth besteht, wobei letztgenannter vom Publikum gesondert mittels Sprechchören gefeiert wurde) einen Querschnitt durch sämtliche Schaffensperioden lieferte und neben Früh-80er Kult-Material wie „Necropolis“ oder  „Crystal Logic“ auch „Truth In The Ash“ von „The Blessed Curse“ aus dem Vorjahr zum Zug kam. Mit dem programmatischen „Heavy Metal To The World“, in dem sich Mark und “Hellroadie“ einmal mehr brüderlich die Gesangspassagen teilten, beendete die von unzähligen Anwesenden seit Jahren kultisch verehrte Band ihre Vorstellung, die jedoch nur bedingt für „Party-Feeling“ sorgte und eventuell in der Halle noch reizvoller gewesen wäre. An der Tatsache, dass MANILLA ROAD eine der intensivsten Shows des gesamten Wochenendes geliefert hatten und daher nicht nur in einschlägigen Fan-Kreisen entsprechend bejubelt wurden, ändert das aber selbstredend ebenso wenig wie an der Tatsache, dass die vier Musiker durch ihre unkomplizierte Art und ihre Fan-Nähe im weiteren Verlauf des Festivals auch noch zusätzliche Sympathie-Punkte einheimsen konnten. [Walter Scheurer]

IMPELITTERI

Lange hat man warten müssen bis man den Gitarrenhexer mit Band einmal in Europa begrüßen durfte. Nun war es soweit. Natürlich mit Rob Rock am Gesang. Viele werden den Meister nicht näher gekannt haben, aber seine Alben sind allesamt sehr gut bis großartig. Für Anhänger von melodischem, immer songorientiertem Metal mit fantastischen Soli ist und bleibt Impelitteri schon viele Jahre eine der ersten Adressen. Das neue Album "Venom" ist standardmäßig wieder eine Abfahrt an irrwitzigen Leads gepaart mit dem formidablen Gesang von Rob Rock. Einziger Wermutstropfen heute – die Spielzeit ist ca. 3 Stunden zu kurz…. Göttergaben wie "The King Is Rising", "Speed Demon", "Stand In Line", "Warrior", "Time Machine", "Garden Of Eden", "Lost In The Rain", "We Own The Night", "Wicked Maiden" oder "Answer To The Master" (verdammt, das ist ja schon die Setlist….) gibt es eben nur sehr selten. Meine sehr verehrten Damen und Herren - das ist die Musik, die von den Radiosendern dieser Welt gespielt werden sollte anstatt diesen verplanten DJs, die Knöpfe auf ihren Konserven-Boards drücken. Wird nie der Fall sein, ich weiß. Daher danke ans BYH, endlich mal diese erlesene Band nach Europa gekarrt zu haben. Mehr davon! [Heinz Konzett]

SACRED REICH

Erst neulich erinnerte mich Mit-Schreiber Heinz via Facebook-Posting an meine erste Livebegegnung mit den Arizona-Thrashern. Das Mörderpaket mit SEPULTURA und HEATHEN auf der "Arise"-Tour war 1991 ganz großes Kino. Mittlerweile zog ein Vierteljahrhundert ins Land, älter wurden dabei nicht nur die Fans, sondern auch die - zwischenzeitlich auch aufgelöste - Meute um Fronter Phil Rind. Doch von Alterserscheinungen war heute keine Rede. Die Arizona-Thrasher fackelten nicht lange und wuchteten gleich zu Beginn mit “The American Way” alles weg. Mit viel Spaß in den Backen hatte der etwas in die Breite gewachsene Fronter Phil Rind das Publikum gleich auf seiner Seite und nahm nicht zuletzt sich selber auf die Schippe. Gitarrist Wiley Arnett poste anständig und schien den Gig, der eine Anzahl von Klassikern wie „Death Squad“ oder „Love/Hate“ und natürlich das vielbejubelte und geil in Szene gesetzte BLACK SABBATH-Cover „War Pigs“ beinhaltete, sichtlich zu genießen. Einen unfreiwilligen Höhepunkt lieferte aber „Mr. Sexy“ himself – so zumindest wird Herr Rind von der Holden laut Eigenaussage genannt. Ein fett intoniertes „Who´s To Blame“ mußte abgebrochen werden, da Rind den Text vergessen hatte. Sei in 30 Jahren – außer zuletzt am Graspop-Festival und eben heute – noch nicht passiert. Egal, Schwamm drüber und mit dem Götz Kühnemund gewidmeten „Independent“ ging es weiter im Set. Mit dem flotten „Surf Nicaragua“ ging einer der groovigsten und tretendsten, ja besten Auftritte des gesamten Festivals der Down-To-EarthTruppe zu Ende. [Thomas Patsch]

METAL CHURCH (dreifachbehandelt)

Zugegeben, die Angst vor einer mittelschweren Enttäuschung war vorhanden. Zu wenig hat die aktuelle Besetzung mit dem METAL CHURCH-Line Up der glorreichen Tage zu tun, zu schwach fiel das neue Album „XI“ aus. Die Skepsis war also groß – und nach gefühlten 6,66 Sekunden war sie weg. Mike Howe tänzelte zum Schlagzeug-Intro des „Fake Healer“ auf die Bühne und spätestens beim ersten Refrain war klar, dass hier und heute alles gut wird. Es folgte Klassiker auf Klassiker, und genau das ist es, was Metal Church immer ausgezeichnet hat: Kein obskurer „Kult“-Scheiß, sondern grandiose Songs: „Date With Poverty“, „Start The Fire“, „Gods Of Second Chance“, „The Human Factor“,…. Vorgetragen von einer Stimme, die im Alter sogar noch besser zu werden scheint, vielleicht  kann sich da der eine oder andere Sangeskollege ein paar gute Tipps holen. Meister Howe lief mit spitzbübischem Grinser von einem Bühnenende zum anderen und versprühte dabei tonnenweise Leidenschaft und Charisma; die von Kurdt Vanderhoof angeführten Instrumentalisten grinsten mit den Fans ob deren Reaktionen um die Wette; „Metal Church!“-Chöre hallten über Balingen und für eine kostbare Stunde lang war die Welt eine bessere, schönere. Auch die neuen Songs „No  Tomorrow“ und „Killing Your Time“ fügten sich gut in die Live-Setlist ein, dazwischen sorgte „Watch The Children Pray“ für Gänsehaut bis Stuttgart, danach zollte man mit „Beyond The Black“ dem unsterblichem Debüt (mehr davon!) Tribut. „Badlands“ beendete schließlich eine Show, die zu den objektiven Höhepunkten eines an solchen nicht armen Festivals und zu den persönlich schönsten Konzerterlebnissen der letzten Jahre zu zählen ist. METAL CHURCH beim Bang Your Head!!! 2016: Ein Triumphzug. [Andi Appel]

Wie habe ich mich gefreut – Mike Howe is back! Grandiose News waren das, stand der frühere MC-Sänger doch für eines – die Benchmark in Sachen Power-Gesang in einer richtigen Power-Metal Band. Die damalige Ultimate Power Force Euro-Tour 1994 mit VICIOUS RUMOURS (noch mit Carl Albert!) und KILLERS mit Paul DiAnno war nix anderes als genial. Nun ist er wieder da mit Mastermind Kurt Vanderhoof und ex-SAVATAGE Drummer Jeff Plate. Das Comeback-Album "XI" hat die Erwartungen kaum erfüllt, zu wenig zwingend sind die Songs, zu vorhersehbar die Refrains. Live sollte das weniger das Problem sein, gibt es doch Klassiker zu Hauf. Gestartet wird dann auch mit einem – "Fake Healer" und die Setlist passt grundsätzlich, neben den beiden neuen Pflicht-Langeweilern "No Tomorrow" und "Killing Your Time" gibt es die Über-Tracks "Date With Poverty", "God Of A Second Chance", "Badlands" und "The Human Factor". Das sind große Songs der besten Zeit des kraftvollen US Metal, zusammen mit ARMORED SAINT, RIOT, VICIOUS RUMOURS und SAVATAGE als deren wichtigsten Vorreiter. Die Songs seines Vorgängers David Wayne ("Beyond The Black", "Start The Fire", "Watch The Children Pray") sind ebenso unsterblich, auch wenn Mike hier hörbare Probleme hat, dieselbe raue Power abzuliefern. Die Stage-Performance der Band ist ein wenig statisch, die Verrenkungen von Mike Howe sind zwar energetisch, aber ab und an eigenartig unpassend. Trotzdem: ein angesichts der enormen Erwartungshaltung passabler Gig, für alle mit Tränendüsen-Potenzial empfiehlt sich wohl ein Konzert der US-Legende in einem kleineren Club. Dann auch bitte mit "Metal Church" in der Setlist. [Heinz Konzett]

Meine hochverehrten "Partners-In-BYH-Crime" genossen den MC-Auftritt in vollen Zügen. Mir war die Stimmlage von Sänger Mike Howe heute schlichtweg zu schrill. So sehr die Studioalben seiner MC-Phase tolle Werke mit echten Hits sind, so nervig waren heute Teile seiner gesanglichen Darbietung. Zudem brauche ich keinen Mike Howe bei den David Wayne-Tracks, die das Erbe dieser Götterband begründet hatten. "Start The Fire", "Watch The Children Pray" oder "Beyond The Black" hatte Ronny Munroe am Keep It True-Festival 2014 weit tiefer, rauer und Wayne-authentischer drauf als Sänger Howe, der diese Göttergaben in eigener Manier, für meinen Geschmack allerdings viel zu hochtönig darbot. Auch wenn Howe "seine" Tracks wie "Date With Poverty" und "The Human Factor" treffend intonierte, litt der Gesamteindruck doch unter den genannten Aspekten, sodass der Auftritt der US-PowerMetal-Legende für mich ein Runterholer war. Howe nervte mich teilweise mit seinem Gekreische. Und noch was: man beginnt eigentlich kein METAL CHURCH-Konzert gleich mit dem geilsten Rhythmusgroover und größten MC-Neuzeithit, nämlich "Fake Healer"! [Thomas Patsch]

ANNIHILATOR

Damit war der „Super Friday“ aber noch lange nicht vorbei, im Gegenteil. Auch ANNIHILATOR überzeugten mit einem fulminanten Gig, der auf einer wunderbaren Setlist und der Energie der deutlich verjüngten Backing-Mannschaft fußte: Drummer Fabio Alessandrini, Gitarrist Aaron Homma und Bassist Rich Hinks sind vermutlich alle gemeinsam nur halb so alt wie ihr Bandchef, verbinden aber perfekt das nötige musikalische Talent mit jugendlicher Leidenschaft. Klar könnte man jetzt über das seltsame Gesamtbild – „da Jeff Opa nimmt die Enkerl auf die Bühne mit“ – motzen bzw. die Frage aufwerfen, warum hier Genre-Klassiker von Musikern gespielt wurden, die bei deren Entstehung noch nicht mal ein feuchtes Glitzern in den Augen ihrer Erzeuger waren… Aber sei´s drum, Annihilator war, ist und bleibt sowieso Jeff Waters und was immer man von diesem verhaltensauffälligen Wesen halten mag: Es zeichnet für einige der geilsten Metal-Songs ever verantwortlich. Und die schallten dann auch, von Band und Fans intensiv abgefeiert, würdevoll übers Areal. Vom eröffnenden „King Of The Kill” bis zum finalen “Alison Hell”, dazwischen etwa “Welcome To Your Death”, “Never, Neverland”, “Set The World On Fire” und ein furioses “Phantasmagoria”. Waters hin, Küken her: So geht Metal! [Andi Appel]

TESTAMENT

TESTAMENT feuerten von der ersten Sekunde an aus vollen Rohren und pfefferten gleich das schmissige Riffmonster „Over The Wall“ raus. Was für ein Einstieg in eine äußerst eindrucksvolle und kraftstrotzende Performance! Chuck Billy beherrschte die Szenerie und röhrte wie ein brünftiger, mächtiger Hirsch. Apropos mächtig…dieses Adjektv bezeichnet den heutigen Auftritt der Bay Area-Legende am Ehesten. Begleitet von voluminösem und gutem Sound ließ das um Bassmeister Steve DiGiorgio und Drummerlegende Gene Hoglan aufgestockte Gespann, das ein wuchtiges Rhythmusfundament legte, musikalische Muskeln spielen und zog ein As nach dem anderen aus dem Ärmel. Nicht selbstverständlich, hatten die Bay Area-Thrasher zuletzt am Rockavaria ja mit einem schlechten Sound zu kämpfen, sodass man sich heute umso mehr auf klangliche Wiedergutmachung und auch ein längeres Set freute. Wenn es nach dem Geschmack der Meute gegangen wäre, hätten es ruhig noch mehr Klassiker sein können. Leider haben nicht alle neuen Songs das Format von „More Than Meets The Eye“, "Native Blood" und dem fetten „Rise Up“. "Dark Roots Of Earth" und auch die beiden "The Gathering"-Titel stanken im Vergleich zum Oldschool- und aktuellen Material schon ein wenig ab. Dennoch vermochten diese Schönheitsfehler das Gesamtbild einer agilen, dynamischen und auf einem erneuten Hoch segelnden Band nicht zu beeinträchtigen. Egal, mit Krachern wie „Disciples Of The Watch“ oder „The Preacher“ erteilte der Fünfer gleich reihenweise Thrash-Lehrstunden und ohrfeigte die Anwesenden mit mächtig geführter Schlaghand („Into The Pit“, „Practice What You Preach“) ab. Dicker Daumen hoch für die vom Duo Alex Skolnick/Eric Peterson mit griffigen Riffsalven befeuerten Thrash-Watschn, die sich eine große Menge beim heutigen Co-Headliner abholten. Mit viel Drive und wuchtiger Power wurde einem einmal mehr vor Augen geführt, welche Kracher diese Band im Laufe ihrer Karriere und hier vor allem mit ihrem Achtziger-Triple erschaffen hatte. Grundsätzlich könnte man nur Songs von diesen Alben spielen und noch immer blieben wohl Wünsche offen. Eine Machtdemonstration sondersgleichen, mit genau diesem Begriff umschrieben witzigerweise Augen- und Ohrenzeugen unabhängig voneinander den Auftritt der Thrash-Veteranen. Was für ein Abriß! [Thomas Patsch]

Setlist:
- Over The Wall
- Rise Up
- The Preacher
- More Than Meets The Eye
- Practice What Your Preach
- The New Order
- Dark Roots Of Earth
- Into The Pit
- D.N.R. (Do Not Resuscitate)
- 3 Days In Darkness
- Native Blood
- Disciples Of The Watch
- The Formation Of Damnation

TWISTED SISTER

TWISTED SISTER und Bang Your Head!!!, das ist bekanntlich eine ganz spezielle Geschichte. Hier feierten Dee Snider und Co. ihr vielumjubeltes Comeback, hier mussten sie natürlich auch im Rahmen ihrer Abschieds-Tour nochmal Station machen. Und die Art und Weise, wie sie es taten, fiel genauso aus, wie man es erwarten durfte – und wie die Band schon immer war, ist und in unser Erinnerung bleiben wird: groß, einzigartig, legendär. Dafür bedurfte es auch gar keiner speziellen Überraschungen, im Gegenteil: Dem obligaten „It´s A Long Way To The Top“-Intro folgte das auch nicht neue Eröffnungs-Doppel „What You Don´t Know“ & „The Kids Are Back“. Die zwei, drei Hansln im vollen Areal, die, aus welchem Grund auch immer, danach noch still standen,  bekamen ein fettes „Burn In Hell“ um die Lauscher geblasen und die Schlacht war gewonnen.

Dee Snider zeigte mit jedem Ton, jedem Schritt, jeder Geste, warum er, wie immer man zu seiner Person stehen mag, als einer DER Frontmänner und Entertainer im Biz gilt, als einer der letzten Mohikaner im Hard´n´Heavy-Zirkus. Mit dem eigentlichen Bandchef John „Jay Jay“ French, dem superben – „I werd´ narrisch!“ - Eddie „Fingers“ Ojeda und dem seinen Spitznamen wieder alle Ehre machenden Mark „The Animal“ Mendoza hat das Großmaul genau die richtige Truppe an der Seite, der man das Gefasel der guten alten Kumpels, die gemeinsam 40 Jahre lang ihren Traum vom Rock´n´Roll lebten, gerne abnimmt. Und zum Gast an den Drums wusste Herr Snider eine schöne Geschichte zu erzählen, vielleicht kennen die sowieso schon alle, dann sorry, aber mir war sie neu: Dee zufolge haben alle TWISTED SISTER-Members ihren eigenen „Ersatzmann“ festgelegt, der sie im Falle einer schweren Krankheit oder gar ihres Ablebens bei einer etwaigen Abschieds-Tour vertreten darf. Und so hat sich der im Vorjahr leider verstorbene A.J. Pero quasi selbst Mike Portnoy als „Vertretung“ ausgesucht. Schön, dass die Schlagzeug-Ikone diese Ehre angenommen und im Hintergrund kräftig den Takt vorgegeben, sich dabei persönlich aber nobel zurückgenommen hat.

Zurück zum Programm, wobei es schwer in Worte zu fassen ist, was hier on stage und davor abging, wenn eigentlich watschen-einfache Songs a la „You Can´t Stop Rock´n´Roll“, „The Price“, „Destroyer“, und wie sie alle heißen, angestimmt wurden. Aber vielleicht ist gerade das bei all dem Wahnsinn und dem Kult um die Combo das wahre Erfolgsgeheimnis von TWISTED SISTER. Kaum eine andere Band bringt ihr Credo,  ihre „Message“, ihr und somit unser Lebensgefühl so kurz, knackig und authentisch (und mitsingtauglich) auf den Punkt: „I Believe In Rock´n´Roll“, „The Fire Still Burns“, „I Am, I´m Me“. Was soll man dem noch entgegen? Nichts, richtig. Und es bedarf auch keiner großartigen Kommentare, wenn der Sänger den Fans erklärt, dass dies eine echte Abschiedstour sei, kein „shitty SCORPIONS farewell“, kein „No More Tours“-OZZY-Blabla. Nicht minder unterhaltsam Jay Jay´s Vergleich zwischen seiner Band und einer Casting Show: „Danke für 15 Minuten lang SMS schicken… Danke für 40 Jahre TWISTED SISTER“. Seinen vielleicht intensivsten Moment erlebte das BYH!!!, als Dee Snider nach dem eigentlichen Ende des natürlich wieder von zigtausend Stimmen mitgesungenen „We´re Not Gonna Take It“ die Massen um einen Moment der Ruhe bat und sie dann – am Abend nach dem Nizza Attentat – aufforderte, ihre "middle fingers zu raisen" und noch einmal, alle gemeinsam, den Refrain zu singen, und zwar für "all the assholes in the world, die unsere Leben, unsere Werte, unsere Freiheit zerstören wollen". Ein Moment, der bleibt. This Is Our Life, This Is Our Song. Beinahe rührend dann der reguläre Konzertabschluss mit dem hervorgekramten „It´s Only Rock´n´Roll But I Like It“-Cover, mit dem TS zu Frühzeiten jeden Abend ihren Set zu beenden pflegten. „Come Out And Play!“ forderte schließlich das berühmte Intro und die Gruppe kam der Bitte mit gleichnamigen Song gerne nach. Es folgte „Under The Blade“ und nach, eh kloar, „S.M.F.“ war es dann endgültig vorbei, das letzte TWISTED SISTER-Konzert beim Bang Your Head!!! The Fire. The Fire Still Burns. [Andi Appel]

Setlist:
- It's a Long Way to the Top (If You Wanna Rock 'n' Roll)  (AC/DC-Song)
- What You Don´t Know (Sure Can Hurt You)
- The Kids Are Back
- Burn In Hell
- Destroyer
- Like A Knife In The Back
- You Can´t Stop Rock´n´Roll
- The Fire Still Burns
- I Am (I´m Me)
- I Wanna Rock
- The Price
- I Believe In Rock´n´Roll
- We´re Not Gonna Take It
- It´s Only Rock´n´Roll (But I LIke It) (The ROLLING STONES-Cover)
- Come Out And Play
- Under The Blade
- S.M.F.

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