15 vs. 25 Jahre LORDI - eine Retrospektive

Veröffentlicht am 03.01.2017

Scarchives Vol. 1 - Rückblick und ein Neubeginn

Trotz des erneut unerfolgreichen und von Fans äußerst gespalten aufgenommenen Albums, schien mit dem frischen Wind von Otus im Rücken und einer in diesem Zuge höchst erfolgreichen Tour, die Formkurve von LORDI endlich wieder nach Oben zu zeigen. Doch das Schicksal sollte es dann doch wieder nicht gut mit den Monsterrockern meinen...

Zunächst aber konnten sich die Fans darüber freuen, dass Neu-Drummer Otus mit seinem großen Erfahrungsschatz die Live-Performance der Monster ganz gewaltig entstaubte, und ihnen mit einem deutlich flotteren, metallischeren Beat ganz gewaltig Feuer unterm Hintern machte. Es war wohl genau die Frischzellenkur, die LORDI zu diesem Zeitpunkt brauchten, hatte man doch die teils schon etwas hüftsteifen Musiker noch nie so agil und voller Spielfreude gesehen – trotzdem „Babez For Breakfast“ keine Glanztat in der Diskografie der Finnen war, entwickelten sich die Shows der dazugehörigen Tour mit zu den Besten, die man von LORDI bis dato zu sehen bekommen hatte. Auch mich konnten meine Lieblingsfinnen damit noch ordentlich überraschen – vor allem die von Otus angestoßene Entwicklung, hin zu spontaneren Showeinlagen und technisch exakterem Spiel, ließ mein Fan-Herz vor Freude hüpfen. Denn damit lieferten LORDI nun endlich für all die Unkenrufer einen Grund, sie auch als Musiker ernst zu nehmen – nicht nur als die kostümierten Kasper, die Europa bei einem Liederwettbewerb einen gehörigen Schrecken eingejagt hatten.

Nach einem erfolgreichen Jahr, in dem auch mit den Dreharbeiten an einer Lordi-Dokumentation begonnen wurde, kam es 2012 dann knüppeldick für die Band. Im Februar verstarb „Otus“ Tonmi Lillman, den Metalfans hauptsächlich bekannt von SINERGY und TO/DIE/FOR, im Alter von nur 38 Jahren an einer Herzattacke. Für die noch anstehenden Festival-Auftritte verstärkten sich LORDI kurzzeitig mit einem Interims-Drummer, ehe auch noch Keyboarderin Awa ihren Rückzug bekannt gab. Als die „Scarchives Vol. 1“, als kleines Spezialgoodie für Fans in nur 200 Stück starker Auflage, angekündigt wurden, dachte man zunächst noch an ein Abschiedsgeschenk einer Band, die nach genügend Rückschlägen letzendlich aufgegeben hatte. Doch weit gefehlt! Mit den neuen Monstern Hella (Keyboard) und Mana (Schlagzeug) im Bandgefüge und AFM Records als neuem deutschen Label im Rücken, setzten LORDI noch im gleichen Jahr wieder in die Staaten über, um mit Michael Wagener ihr sechstes Album aufzunehmen.

Trackliste:
CD: "Bend Over And Pray The Lord"
1. Playing The Devil (Bend Over And Pray The Lord)
2. Cyberundertaker
3. Steamroller
4. Almost Human (KISS Cover)
5. Idol
6. Paint In Blood
7. Death Suits You Fine
8. I Am The Leviathan
9. Take Me To Your Leader
10. Monstermotorhellmachine
11. The Dead Are The Family
12. White Lightning Moonshine
13. With Love And Sledgehammer
14. Get Heavy (Bonus)
15. Hulking Dynamo (Bonus)

DVD: "Live At Nosturi Helsinki 2002"
1. Getting Ready
2. Scarctic Circle Gathering
3. Get Heavy
4. Hellbender Turbulence
5. Devil Is A Loser
6. Dynamite Tonite
7. Icon Of Dominance
8. Enary Solo
9. Biomechanic Man
10. Monster Monster
11. Not The Nicest Guy
12. Last Kiss Goodbye
13. Rock The Hell Outta You
14. Would You Love A Monsterman

Das bestgehütetste Geheimnis von LORDI wird auf den "Scarchives Vol.1" endlich gelüftet – nämlich wie das eigentliche Debütalbum „Bend Over And Pray The Lord“ geklungen hätte! Und dem Teufel sei dank, dass dieses Album die Öffentlichkeit nicht in dieser Form erreicht hat. Denn was die Monster, allen voran Mr. Lordi, der die meisten Instrumente selbst einspielte, hier zusammengeschustert haben, ist wahrlich kein Aushängeschild und hat mit den LORDI, wie wir sie seit dem 2002 erschienenen „Get Heavy!“ kennen, fast gar nichts zu tun. Ein kruder Industrial-Progressive-Hardrock-Bastard, am ehesten noch im Bereich von ROB ZOMBIE einzuordnen, donnert da in wunderprächtiger, scheppernder Homestudio-Produktion auf den Hörer ein. Und dennoch, kann man als Fan so manche Reminiszenz entdecken, das ein oder andere Riff und manche Textpassagen (etwa in „Steamroller“ oder „Death Suits You Fine“), die auf späteren Alben recycelt wurden, und auch der hintergründige Witz der Lyrics kommt in Titeln wie „Idol“ bereits ein wenig durch. Den Bogen zu LORDI wie wir sie heute kennen, schlagen einerseits die ursprüngliche Version des Titels „Get Heavy!“, als auch das aus dem Aufnahmen zum gleichnahmigen Album übrig gebliebene „Hulking Dynamo“, in denen die späteren Trademarks der Band unverkennbar in Erscheinung treten.

Auf der DVD ist schließlich der allererste Lordi-Gig, aus dem Jahre 2002 in Helsinki, filmisch festgehalten. Größtenteils mit Amateur-Kameras gefilmt kann die Aufnahme natürlich nicht mit einer professionellen Konzert-DVD mithalten, entwickelt aber durch die komplett ungeschnittene Aufnahme (mutig!) einen ganz eigenen Charme. So bleiben dem Seher auch die kleinen Hoppalas des ersten Konzertes nicht vorenthalten - seien das technische Pannen die eine unfreiwillige längere Pause zwischen den Songs verursachen, Ausfälle von Instrumenten oder Backing Tracks oder ein Lordi der seine Bühnenaccessoires verkehrt herum hält und sich dabei beinahe selbst die edelsten Teile röstet. Ein Dokument zum Schmunzeln, das dem Fan zeigt, dass früher nicht unbedingt auch alles besser war.

Dass dieser Output ein reines Service an den Fans war, dürfte anhand des eher... ähem, schmerzhaften Inhaltes klar sein. Als Fan freut man sich aber trotzdem auch über solchen wunderbaren Mist, denn es zeigt, dass auch die Lieblingsband einmal ziemlich kleine Brötchen gebacken hat. Ich habe jedenfalls recht herzlich gelacht, und halte das gute Stück noch immer in Ehren. Es war übrigens auch nicht teuer, oder so.


LORDI am Christmas Metal Festival in Lichtenfels 2011 (© lordicted.at)

 


 

Einleitung
Bend Over And Pray The Lord - Die Anfänge
Get Heavy - Das Debüt
The Monsterican Dream - Träume eines Monsters
The Monster Show
The Arockalypse und der Eurovision Song Contest
Deadache - Schwierige Zeiten
Zombilation & Dark Floors
Babez For Breakfast - Der Abstieg und ein Hoffnungsschimmer
Scarchives Vol. 1 - Rückblick und ein Neubeginn
To Beast Or Not To Beast - Sein oder Nichtsein?
Scare Force One & Monsterimies
Monstereophonic - Zurück zu den Wurzeln
...und es gibt sie noch immer! - Ein Fazit


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