Der Stormbringer Jahresrückblick 2016

REDAKTIONSRÜCKBLICK 2016: CHRISTIAN WILSBERG

Der Jahresrückblick 2016 fällt mir persönlich aus mehreren Gründen besonders schwer. Zum einen, weil es mein (vorläufig) letzter für Stormbringer.at sein wird (wir hören alle ein imaginäres "Ooooohh...."). Leider verlagern sich Beruf und Hobby inzwischen so arg, dass ich (vorläufig) mit dem Schreiben aufhören muss. Aber kein Grund für Sentimentalitäten, denn Stormbringer bleibt qualitativ sowieso die Spitze aller deutschsprachigen Onlinemagazine und vielleicht ist der Abschied ja auch nur...ihr wisst schon...vorläufig.

Schwer fällt mir der Jahresrückblick aber auch, weil nach meiner bescheidenen Meinung nach 2016 als qualitativ eher mageres Jahr in die metallische Geschichte eingehen wird. Naja, mager ist vielleicht etwas streng gesagt, aber echte Highlights gabs ja nicht, oder?

Das traut sich einer zu sagen, der da genau weiß, dass ein ganzes halbes Jahr über nichts anderes als das neue METALLICA Album gesprochen wurde. Natürlich habe ich die Platte ausführlich gehört und mit gefällt sie, aber als Doppelalbum funktioniert "Hardwired" einfach nicht - es ist zu langatmig und laaaaangsaaaam. Es gibt wunderbare Hits auf dem Album, aber die zweite Halbzeit verdient im wahrsten Sinne des Wortes einfach keine eigene "Scheibe". Weils jeder macht und ich auch grad Lust drauf habe, hier meine persönliche Wunschtracklist von "Hardwired...To Self Destruct":

1. Hardwired
2. Atlas, Rise!
3. Moth Into Flame
4. Dream No More
5. Halo On Fire
6. ManUNkind
7. Murder One
8. Spit Out The Bone
(Gesamtspielzeit 43:51)

Daher greife ich als geneigter Thrasher wesentlich lieber zur neuen DEATH ANGEL, MEGADETH oder TESTAMENT, auch die neue SODOM hat nicht enttäuscht. Wenn man mich nach dem schlechtesten Thrash Album des Jahres fragt, dann niese ich ein lautes ANTHRAX vor mich hin und drehe den Rücken zu.

Ein gänzlich anderes Doppelalbum, welchem ebenfalls Langatmigkeit vorgeworfen wird, ist "The Astonishing" von DREAM THEATER. Hier habe ich mich ja schon ausführlich zu geäußert, aber auch jetzt noch lege ich das Stück gerne immer mal wieder auf. Im Gegensatz zu "Hardwired" wird "The Astonishing" nämlich von Mal zu Mal interessanter. OPETH noch als Prog zu bezeichnen ist faktisch eigentlich verkehrt, aber da ich im psychedelischen Bereich nicht zuhause bin, reihe ich "Sorceress" einfach mal hier mit ein. Ebenfalls gut, anstrengend, aber gut! Mein Prog-Highlight des Jahres lautet dennoch "The Passage" und ist von der illustren Kapelle DGM, ein Album, was als eines der wenigen dieses Jahres das Potential zum Klassiker hat.

Was gab es sonst noch für Prominente Releases? Im klassischen Heavy Metal Bereich ist ja immer leichte Nervosität zu verspüren, wenn RUNNING WILD eine neue Platte veröffentlicht. Und "Rapid Foray" war nicht schlecht, oder? Kein Klassiker, aber immerhin die beste Scheibe seit der Reunion. HAMMERFALL haben im Spätherbst ein Grundsolides Stück Pathos abgeliefert, und da die Schweden heuer nicht allzu arg versuchen, wie ACCEPT zu klingen, gefällt mir "Bulit To Last" wesentlich besser als das missratene "(r)Evolution". RAGE haben bewiesen, dass sie auch ohne Smolski ein gutes Album abliefern konnten, Smolski selbst bewies mit ALMANAC, das auch mit ihm weiterhin zu rechnen ist. VICIOUS RUMORS konnten mit "Concussion Protocoll" einen schönen Hassbatzen servieren, GRAND MAGUS hatte im Sommer die "Sword Songs" in Petto, aber sonst war die traditionsreichste aller Spielarten dieses Jahr eher durch Newcomer oder Underground Bands geprägt als von ausdrucksstarken Gassenhauern. Daher gibt es gerade hier kein einziges wirkliches persönliches Highlight zu melden. Da muss 2017 auf alle Fälle nachbessern.

Im Extrembereich hat ganz klar die neue VADER die Nase vor allen anderen ganz weit vorne. Perfekte Riffs, teilweise eingängig wie Hölle, thrashig, teils verworren, groovend, aber immer mit den eigenen Trademarks nach vorne: Das ist Death Metal! Auch ASPHYX haben nicht enttäuscht. Im melodischen Bereich gefällt DARK TRANQUILLITYs "Atoma" wesentlich besser als der direkte Vorgänger, AMON AMARTH haben ein unglaublich pathetisches, aber wirkungsvolles Blockbusteralbum aufgelegt. Wäre DORO nicht gewesen, hätte man von einem Klassiker sprechen dürfen, so aber denkt man bei "Jomsviking" fast automatisch an eines der katastrophalsten Stücke 2016. WITHERSCAPE hat sich mit "The Northern Sanctuary" auf jeden Fall in die Watchlist gespielt, hier freue ich mich auf zukünftige Platten.

Der Female Fronted Bereich musste dieses Jahr ganz ohne die Headliner NIGHTWISH, WITHIN TEMPTATION und ARCH ENEMY auskommen, aber immerhin eine neue EPICA gab es zu bestaunen. EPICA ist nach persönilchem Gusto eine dieser Bands, die die Welt nicht braucht, weils zig andere Namen gibt, die das Gleiche können, aber wesentlich besser präsentieren (wie zum Beispiel DIABOLUS IN MUSICA). Dennoch, "The Holographic Principle" gefällt ausgesprochen gut. Obwohl das wesentlich düsterer gelagerte DELAIN Werk einen bleibenderen Eindruck hinterlassen hat. Nicht mehr lange, und die Holländer spielen bei eingangs erwähnten Headlinern mit. BEYOND THE BLACK werden zum musikalischen Äquivalent von "Roman Reigns" bei der WWE: Ein von Strippenziehern generiertes Headlinerprodukt, der Hörerschaft mit Anlauf aufgezwungen, aber weitestgehend von eben solcher verspottet und abgelehnt. Nach dem großen Knall im Sommer bleibt es zumindest interessant zu beobachten, was aus der Truppe wird. Musikalisch reicht es auf jeden Fall nicht über "Grundsolide" hinaus. Ein ganz großes Genrehighlight gab es dann dennoch, dazu aber mehr im abschließenden "Melodic" Block.

Ferner liefen die ganzen Kirmes-und-Core-Bands, zu denen ich inzwischen auch IN FLAMES zähle. "Battles" ist ein fantastisch produziertes, toll geschriebenes Pop Album mit einer großen Portion Schmackes und energetisch vorgetragenen Hooklines. Ein paar Melo Death Zitate runden die Sache ab, auch wenn sie inzwischen zur Zierde verkommen. Dennoch, Ehre wem Ehre gebührt, "Battles" ist ein wunderbar kurzweiliges Stück Pop! Wer da absolut nicht mithalten konnte sind HEAVEN SHALL BURN, deren "The Wanderer" nichts als eine große, langezogene Gähntüte ist. EQUILIBRIUM und IN EXTREMO konnten mit ihren beiden fantastischen Platten meinen Sommer aufhellen, während J.B.O. und KNORKATOR beide Rohrkrepierer abgeliefert haben. Über VOLBEAT verliere ich im übrigen kein Wort - niemals nich!

Abschließend meine damalige Einsteigerdroge in die Gitarrenmusik und immer ein Genre, welches ich im Herzen trage: Der Melodic "Metal". Inzwischen setze ich den Zusatz "Metal" allerdings bewusst in Anführungsstriche, denn auch wenn der eine oder andere Vertreter dieses Genres durchaus knackige Riffs abliefern kann, so wurde mir dieses Jahr klar, wie weit sich dieses Genre aus Publikumssicht vom eigentlichen Metal entfernt hat. Waren vor rund zehn Jahren Bands wie STRATOVARIUS noch ganz oben auf den Billings unserer Festivals zu lesen, so ist man heutzutage schon verwundert, KREATOR und SONATA ARCTICA auf der gleichen Bühne stehen zu sehen. Wenn man HELLOWEEN ausklammert, dann würde von den klassischen Melodic Bands gar keine mehr in der Uppercard auftauchen. Erfolgreich bist du in diesem Genre eigentlich nur noch, wenn du ein Gimmick vor dich herträgst. Und wer fällt uns da dieses Jahr als erstes ein? Natürlich SABATON und deren erneuter Versuch, mit "Heroes" auch musikalisch ernst genommen zu werden. Und welch Überraschung: Wieder hat es nicht geklappt, und damit führen SABATON zusammen mit VOLBEAT die Liste der Bands an, die es mit absoluter Grütze auf Headlinerpositionen geschafft haben. Anders AVANTASIA: Ganz ohne Gimmick schafft es Tobi Sammet mit seinem zur Band gereiften Allstar-Projekt inzwischen ins Fernsehen und dem Grand-Prix-Chanson-Schöneberger-Gedöns-Dingens, bei dem Deutschland immer den letzten Platz belegt. Zurecht (bezogen auf AVANTASIA, nicht den letzten Platz....obwohl...) möchte man sagen, denn AVANTASIA liefern zumindest auf der Bühne nach wie vor einer der beeindruckensten Live-Shows, die man sich heutzutage anschauen kann. Musikalisch wollte es mit "Ghostlights" trotz kommerziellem Erfolg aber nicht ganz so gut klappen wie noch mit dem großartigen "Mystery Of Time". Die eben erwähnten SONATA ARCTICA haben mit "The 9th Hour" sogar eines der miserabelsten Alben des ganzen Jahres veröffentlicht. Daher, kein gutes Jahr für die Einhorn-Fraktion, oder? Doch, die immer-polarisierenden FREEDOM CALL haben mit "Master Of Light" ihr zweitbestes Album überhaupt veröffentlicht, und das ganz ohne penetrant mit dem Finger auf ihr Gimmick zu deuten. Und dann gab es da noch das den Meisten von Euch bestimmt unbekannte TEMPERANCE Album "The Earth Embraces Us All", dem ich in meiner Review "nur" eine 4,5/5 verpasst habe, welches aber zwischenzeitlich die volle Punktzahl verdient hätte. Männlich/Weiblicher Wechselgesang mal ohne "Beauty And The Beast" Klischee, Elektronik und Moderne, aber auch brachial krachende und klassische Riffs, progressive Songstrukturen, Atmosphäre, und Hooks, Hooks, Hooks....Kitsch, und Hooks! Wenns also nur eins dieser Alben aus dem Genre pro Metalhead/Jahr sein darf, dann dieses hier!

Klar, rückwirkend betrachtet gab es dann doch noch ein paar gute Releases. Hier, für Listenfetischisten, zusammengefasst meine

Empfehlungen:

DEATH ANGEL - The Evil Divide
MEGADETH - Dystopia
SODOM - Decision Day
DREAM THEATER - The Astonishing
OPETH - Sorceress
DGM - The Passage
RUNNING WILD - Rapid Foray
HAMMERFALL - Built To Last
RAGE - The Devil Strikes Again
VADER - The Empire
ASPHYX - Incoming Death
DARK TRANQUILLITY - Atoma
AMON AMARTH - Jomsviking
EPICA - The Holographic Principle
DELAIN - Moonbathers
IN EXTREMO - Quid Pro Quo
IN FLAMES - Battles
EQUILIBRIUM - Armageddon
FREEDOM CALL - Master Of Light

Album des Jahres:

TEMPERANCE - The Earth Embraces Us All

Hände weg:

von allem, wo SABATON und VOLBEAT draufsteht
SONATA ARCTICA - The 9th Hour
J.B.O. - 11
ANTHRAX - For All Kings
HEAVEN SHALL BURN - The Wanderer

Ich werde hundertundeins Scheiben und Bands vergessen haben, aber so isses nunmal. Aber das ist natürlich alles der Natur der Sache geschuldet, genau so wie die hoch ausgeprägte an den Tag gelegte Subjektivität.

Ja, das wars dann, meine Lieben. Ich hoffe, Ihr hattet Spaß an meinen Artikeln, ich hatte zumindest Spaß beim Verfassen. Ein großes Dankeschön an die gesamte Stormbringer-Crüe, für die tolle Zeit und für die immerwährende Unterstützung, auch wenns mal 'gscheppert hat! Macht weiter so, wir bleiben in Kontakt!

Adios, macht's gut und bye bye! Vorläufig!

 

 



Inhaltsverzeichnis:

Seite 1: Einleitung
Seite 2: Jahresrückblick der Stormbringer-Leser
Seite 3: Redaktionsrückblick: Anthalerero
Seite 4: Redaktionsrückblick: Bender
Seite 5: Redaktionsrückblick: Brigitte Simon
Seite 6: Redaktionsrückblick: Captain Critical
Seite 7: Redaktionsrückblick: Christian Wiederwald
Seite 8: Redaktionsrückblick: Christian Wilsberg
Seite 9: Redaktionsrückblick: Daniel Csencsics
Seite 10: Redaktionsrückblick: El Greco
Seite 11: Redaktionsrückblick: Florian Rosenberger
Seite 12: Redaktionsrückblick: Inhonorus
Seite 13: Redaktionsrückblick: Jazz
Seite 14: Redaktionsrückblick: Joxe Schäfer
Seite 15: Redaktionsrückblick: Kalti
Seite 16: Redaktionsrückblick: Laichster
Seite 17: Redaktionsrückblick: Lisi Ruetz
Seite 18: Redaktionsrückblick: Lucas Prieske
Seite 19: Redaktionsrückblick: Luka
Seite 20: Redaktionsrückblick: Manfred
Seite 21: Redaktionsrückblick: Manuel Ennser
Seite 22: Redaktionsrückblick: Mike Seidinger
Seite 23: Redaktionsrückblick: Pascal Staub
Seite 24: Redaktionsrückblick: Thomas Patsch


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