Flusensieb #4 - 10 übersehene Platten

Veröffentlicht am 28.03.2017

Aus dem einen Raum schallt brutales Gehämmer, aus dem anderen hysterisches Quieken, aus einem dritten wabern psychedelische Neontöne und irgendwie klingt auch das thrashige „Yeah!“ eines Hetfield-Imitators durch. Die Testhörer des Stormbringers schieben mal wieder Überstunden – und dennoch übersehen sie hier und da ein paar metallische Juwelen. Wieder einmal sind zehn dieser Platten im Flusensieb hängengeblieben. In schlanken Worten, bunten Szenen und treffenden Phrasen sind diese im Folgenden zusammengefasst. Viel Spaß!

 

 

Nur ein Hauch vergangenen Mittelalters weht in den Klängen der Dunkelrocker von SPIELBANN noch mit, wenn der Albumtitel „Die Ballade von der 'Blutigen Rose'“, die genrevokabulargetränkten Texte und die leicht düster-rockige Musik den schmalen Grat zwischen banalem Klischeekitsch und mystisch dunkler Romantik ausloten. Ob die parabelhaften Songs den Zuhörer dabei als oberflächliches Wiedergekäue der stagnierenden Urbanfantasy-Themenwelt oder als einfühlsame Neuinterpretationen klassischer Phantastik erreichen, ist letztlich kaum mehr als eine Frage der Perspektive. (jazz)

 

HEADLESS ist eine neue italienische Band rund um Fronter Göran Edman. Auf dem Album „Melt The Ice Away“ wird leicht progressiv angehauchter Rock geboten, der einen aber nicht unbedingt vom Hocker reißt. Die neun Tracks sind zwar routiniert gemacht, aber verlaufen irgendwie in einer gewissen Langeweile. Wirklich herausragende Nummern finde ich auf dem Album nicht. Herausheben kann man vielleicht den Track „Stillness Of The Heart“, welcher etwas schneller und heavier um die Ecke kommt. Conclusio ist, dass ich schon bessere Alben von Göran gehört habe. (WT)

 

Seit 1988 aktiv, veröffentlichten SENSLES 2016 ihr zweites Album, „Monkeys Will Be Back“ und bieten darauf melodischen Thrash. Einflüsse wie ICED EARTH und METALLICA sind nicht nur in der Musik zu hören, sondern auch in Jürgen Hillenbrands Gesangstechnik, die manchmal so stark an James Hetfield erinnert, dass man glaubt, jetzt beginnt er gleich, „On I burn, fuel is pumping engines …“ zu singen, vereinzelt schwingt er aber sich auch kurz zu Kai Hansens Höhen hinauf. Dass der Rülpser am Ende von „Seven Minutes“ das einzige ist, das im Gedächtnis bleibt, zeigt, dass das Album, obwohl es Hand und Fuß hat, leider nicht herausragend ist. (BS)

 

Epileptischer Anfall? Akustischer Unfall? Auf jeden Fall ein Fall von komplizierter Verdaulichkeit. Eingängig ist anders. TERAMOBIL. Prog. Math. Tech. Experiment. Groove. Rock. Metal. Nein, Gesang wäre zu viel gewesen, wirklich! „Magnitude of Thoughts“ lässt sich am besten im chaotischen Zustand der konzentrierten Gedankenfreiheit genießen. Beim Konzert also einfach mal einen Meditations-Pit initiieren und komplett regungslos ausrasten! (jazz)

 

Nach dem „Abgang“ von BONFIRE hat sich Sänger Claus Lessmann mit Michael Voss zusammengetan und eine Truppe um sich geschart, um zuerst unter dem Namen SUPREMACY und dann schlussendlich unter PHANTOM 5 ein Album unters Volk zu bringen: „Phantom 5“. Herausgekommen ist ein Rock Album, welches stets an die Bands der Hauptprotagonisten erinnert. Auf dem Album wird das Rad nicht neu erfunden, sondern bestehende Trademarks werden konsequent weiter geführt. Hier heißt der Track von BONFIRE „Don’t Touch The Light“ einfach „Don’t Touch The Night“ und klingt gleich wie das Original. Nicht schlecht das Album, aber nichts Weltbewegendes! (WT)

 

Die polnischen Garanten für traditionsbewussten Heavy/Power Metal CRYSTAL VIPER liefern auch auf Studiodreher Nr. 6 „Queen Of The Witches“ melodische Hymnen und Uptempo-Nummern für Puristen. Der Stampfer „When The Sun Goes Down“ oder das Riffgewitter “The Witch Is Back“ laufen des Headbangers Kehle runter wie Öl, eine Ballade wie „We Will Make It Last Forever“ lässt die Metal-Hearts schmelzen, während „Do Or Die“ mit Beteiligung von ex-MANOWAR-Gitarrist Ross The Boss geadelt wird. Das stimmgewaltige Energiebündel Marta Gabriel lässt nichts anbrennen, der Sound ist druckvoll-zeitgemäß, das genreadäquate Cover von A. Marschall rundet das gelungene Album ab. (TP)

 

Die Kanadier BOREALIS haben das Album „World Of Silence MMXVII“, welches 2008 ohne Label veröffentlicht wurde, neu aufgelegt. Geboten wird darauf progressiver Power Metal, der sehr schnell ins Ohr geht und Lust auf mehr macht. Wie die Band schreibt, soll es im Herbst 2017 ein komplett neues Album geben. Dazwischen wird das 2011 veröffentlichte Album „Fall From Grace“ neu aufgelegt. Ich bin gespannt auf das neue Album, denn diese Band ist jede Minute Wert, sie anzuhören. Hier geht’s zum Review zum letzten Output „Purgatory“. Starker Sänger, super Produktion und absolut empfehlenswert. (WT)

 

Die unbevölkerten Straßenfluchten eines alternden Industrievertels versinken trostlos und schmutzig in der Nacht. Kalt dröhnen hinter den Mauern die Maschinen und an einer lodernden Tonne schreit sich eine verzweifelte Frau den Frust eines gescheiterten Lebens aus ihren brennenden Lungen. „I-Optikon“ von den italienischen SYK ist nicht gefällig, eingängig, leicht. Der schwere, komplexe, avantgardistische Lärmteppich wird von trommelfellreizenden Schreien und hohen Tönen der Frontfrau präzise und hervorragend gut, aber durchaus auch gewollt unangenehm pointiert. (jazz)

 

"Feel Your Fire" ist das Debüt der italienischen Combo MAGNET, das "a magical mixture of high energy 70's blues and rock and roll" verspricht. Die soliden Songs flackern so vor sich hin, ohne dass der Funke überspringt. Irgendwie hat man diese Art von Retrorock bei Bands wie WOLFMOTHER schon besser gehört. Doch dann kommt es, das große Highlight, das den Hörer Feuer und Flamme werden lässt! Der finale Track "Magnet Caravan", bei dem MAGNET eine andere Richtung einschlägt, weg von den fetzigen Rockern, hin zu atmosphärischen Klangwelten. Ein wunderschöner, psychedelisch anmutender Klangteppich, der die Ohren des Hörers umschmeichelt. (BS)

 

Bei den US-Metallern PSYCHOPRISM hat man das Gefühl, dass sich Yngwie Malmsteen mit Matt Barlow (ex ICED EARTH) zusammengetan hat und diese auf KING DIAMOND oder CRIMSON GLORY machen. Die Songs gehen sehr in die progressive Richtung und sind mit vielen Gitarrensoli versetzt. Die Stimme ist anfangs gewöhnungsbedürftig, aber wenn man oben angeführte Bands mag, kann man mit ruhigem Gewissen ein Ohr riskieren. Was ich von diesen Album hervorheben möchte, sind die gekonnt gemachten Wechsel zwischen schnellen und ruhigeren Parts. All in all ist „Creation“ ein Album, welches man sich sicherlich mehrmals anhören muss, bevor es richtig zündet. (WT)

 

Mehr Flusensieb gibt es hier:

Flusensieb #1

Flusensieb #2

Flusensieb #3

 

 


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