Wie klingt Wacken 2017?

Text: Jazz Styx
Veröffentlicht am 11.05.2017

Wacken, Wacken Open Air, W:O:A, das Mekka des Metals: Jährlich strömen die Langhaarigen, die Kuttenträger, die Tätowierten, die Gepiercten, die Motorradfahrer, die Gangmitglieder, die Schwarzträger und die weniger klischeebesetzten Metalfans in die Weltstadt der harten Musik – ins kleine Dörfchen Gribbohm. Gribbohm liegt direkt neben dem etwas größeren Dorf Wacken. Weil Gribbohm ein paar Bewohner weniger hat, gibt es dort Anfang August genug Platz für 75.000 bis 85.000 Krachfanatiker. Dieser beliebte Krach lässt sich bekannterweise in unendlich viele Genres und Subgenres und Subsubsubsubgenres unterteilen. Welche Musikrichtungen den geneigten Trommelfellmasochisten auf dem Wacken Open Air 2017 erwarten, erklärt dieser Artikel.*


Heavy Metal und Hard Rock

Als der gute alte Rock einfach nicht mehr hart genug war, wurde der Hard Rock erfunden. Meist ist das einfach Poprock, nur doller und irgendwann zeigt ein Musiker, dass er sein Instrument am besten beherrscht: Voilà, ein Solo! Das ist einigen immer noch nicht heftig genug, sodass sie noch härter und tiefer in die Saiten greifen und Heavy Metal spielen. Fasst man diese beiden nicht klar voneinander abgrenzbaren Stile zusammen, so entsprechen fast 20% der Bands, die auf dem Wacken Open Air 2017 auftreten werden, dieser Beschreibung. Darunter befinden sich große Klassiker wie ACCEPT, ALICE COOPER, EUROPE, STATUS QUO, UGLY KID JOE und ULI JON ROTH, aber auch Genregrenzgänger wie GRAVE DIGGER, KISSIN' DYNAMITE, ORANGE GOBLIN, RAGE, SKULL FIST und VOLBEAT. Nicht zu vergessen die schwedischen BAI BANG, die spanischen LORDS OF BLACK und die indischen KRYPTOS. Mögen die geneigten Hörer ihre Pommesgabeln aus der Kutte gen Bühne recken und der Trveness der metallischen Ursprünglichkeit lauschen – egal, wie hoch hinaus die Sängerstimmen wollen!


Death Metal und Melodic Death Metal

Das mit circa 12-13% zweitmeist vertretene Genre des W:O:A 2017 ist der Death Metal. Diese Extreme-Metal-Spielart stellt tiefgestimmte Saiteninstrumente, schnelles Geknüppel und reichlich Gegrunze bereit. Eines seiner größten Untergenres ist der Melodic Death Metal, der ursprünglich aus Schweden heraus mit viel, viel Gitarre und ein wenig mehr gesanglicher Bandbreite als sein Hauptgenre die Gehörgänge füllt. Todesmetall-Freunde dürfen sich freuen auf Größen wie ABORTED, AMON AMARTH, INSOMNIUM, MORBID ANGEL, NAPALM DEATH, NILE, POSSESSED und SOILWORK. Auch bei OMNIUM GATHERUM und dem spanischen Growling von BRUJERIA werden sicher ein paar lange Haare dem Hintermann ins Gesicht gepeitscht. Und dann gibt es da noch kleinere Grunzer, die die Aufmerksamkeit der Death-Metaller auf sich ziehen könnten, wie beispielsweise DAWN OF DISEASE und MEMORIAM. Es lebe der Tod! So bang your head off!


Mittelalter und Irish Folk

Schon lange hat der echt nur entfernt mit Metal verwandte Mittelalter Rock ein Zuhause in Wacken – mit der Wackinger Stage sogar seine eigene Bühne. Die zumeist historisch angelehnten Klänge voller Dudelsäcke, Flöten und Geigen finden jedoch auch auf den großen Bühnen statt. Die diesjährige Spitze bilden wohl SUBWAY TO SALLY und SALTATIO MORTIS, aber auch CORVUS CORAX, FUCHSTEUFELSWILD, PAMPATUT, HARPYIE und SAOR PATROL werden sich mit reichlich tanzbarem Gedudel in das mittelalterliche Dorf vor dem Infield einfügen. Der Folkigkeit und der Tradition wegen, lässt sich hier auch das Genre des Irish Folk anheften, für das 2017 GANAIM, MR. IRISH BASTAD, TEARS FOR BEERS und THE O'REILLYS AND THE PADDYHATS antreten. Somit hebt die Trinkhörner! „Sláinte mhath!“


Thrash Metal

Thrash Metal und nicht Trash Metal, denn für die Tonne ist dieses Genre ganz und gar nicht! Die Mutter des Extreme Metals überzeugt meist mit schnellem Riffing und ist mit mehr als zehn Acts auf Wacken 2017 vertreten. Die Spitze der diesjährigen Vertreter bildet wohl MEGADEATH als eine der „Big Four“ des Thrashs, aber mit KREATOR ist auch einer der größten deutschen Genrevertreter vor Ort. Weitere Vorzeigeexemplare des Thrash auf den Bühnen des Festivals werden zum Beispiel ANNIHILATOR und TANKARD sein. Um dies mit den Worten eines der größten Thrash-Sänger zu kommentieren: „Uhhh! Yeah!“


Power Metal und Symphonic Metal

Kehren wir aus den Extremen zurück in die Trveness, denn „true“ zu sein beansprucht oft auch der Power Metal für sich. Oft sehr professioneller, oft sehr hoher Gesang, Melodien und Keyboards sind einige seiner akustischen Merkmale. Starke Assoziationen gibt es allerdings auch zu Einhörnern und Schwertkampf oder aber zu Panzern und Weltkriegen – Hauptsache es ist irgendwie episch! Zu hören gibt es dieses Jahr beispielsweise POWERWOLF, PRIMAL FEAR, SANCTUARY, TWILIGHT FORCE und WARPARTH. Kommen dann noch Elemente klassischer Musik oder der Oper dazu, befinden wir uns im Metier des Symphonic Metals, der auf Wacken 2017 von AVANTASIA, SERENITY, SONATA ARCTICA und BEYOND THE BLACK inszeniert wird. Lasst das Schmalz in eure Herzen und singt aus voller Brust mit!


Metalcore, Hardcore, Deathcore

Mit dem Metalcore kommen wir in die Genrebereiche, in denen weniger als zehn Bands auftreten werden. Die tendenziell modernere Mischung aus (Extreme-)Metal- und Hardcore-Punk-Elementen wird sicher so manchen Moshpit provozieren – zum Beispiel bei ARCHITECTS, HEAVEN SHALL BURN, THE AMITY AFFLICTION, TRIVIUM und WALLS OF JERICHO. Besonders heftig geht es bei den Deathcorelern FIT FOR AN AUTOPSY zu, besonders Jazz-lastig bei THE DILLINGER ESCAPE PLAN und auch die vielseitig interessanten CYPECORE lassen sich mehr oder weniger in die Nähe der Core-Ecke stellen. Kommt, Leute, Circlepit!


Black Metal

Ungefähr sieben Prozent der Bands auf dem Wacken Open Air werden dem finsteren Genre des Black Metals angehören oder sich wenigstens mit ihm assoziieren lassen. Mit Monotonie, Gekrächze, Geschreie, Bosheit, Tragik und Satan im Gepäck verbreiten Black-Metal-Bands allseits gute Laune – nicht! BATISHKA, EMPEROR, EREB ALTOR, EVIL SCARECROW, IMPERIUM DEKADENZ und MAYHEM lauten nur einige ihrer Namen. Lasst uns gemeinsam, aber schon jeder für sich ganz alleine die Arme verschränken und böse gucken!


Fun Metal

Im direkten Kontrast zum Black Metal steht der Fun Metal. Dieser zeichnet sich dadurch aus, dass er, wie der Name schon sagt, mittels komödiantischer Elemente Spaß machen soll. Im Grunde spielen dieses Genre 2017 auf Wacken nur J.B.O., aber auch andere Acts haben sich humorvolle Unterhaltung auf ihre Fahnen geschrieben: zum Beispiel der Heimorgelspieler MAMBO KURT, die Punkrocker TURBOBIER oder die Coverbands BLECHBLOSN und BLAAS OF GLORY. Lach jetzt gefälligst! Oder du musst zurück zu den Black-Metallern!


Der ganze Rest

Natürlich tut die Auflistung und Einordnung der Genres und Bands sehr viel Musik Unrecht. Auch fallen unzählige Auftritte in unzählige weitere Subgenres, die hier keine Erwähnung gefunden haben. Da sind Stoner wie KADAVAR, Doom-Bands wie AHAB und CANDLEMASS, Sludge-Vertreter wie CROWBAR und STEAK NUMBER EIGHT, Groove-Metaller wie PRONG und Progressive-Experimentierer wie PSYCHOTIC WALTZ, FATES WARNING und KATATONIA. Aber damit ist die Wacken-Vielfalt noch sehr lange nicht am Ende. Es gibt Cello Metal von APOCALYPTICA, Gothic Novel Rock von ASP, Rap Metal von CLAWFINGER und DOG EAT DOG, Nu Metal von EMIL BULLS, Neue deutsche Härte von HELDMASCHINE und STAHLMANN, Alternative Metal von MARILYN MANSON, LACUNA COIL, SUB DUB MICROMACHINE und HELL-O-MATIC, Industrial Metal von MORTIIS und JOHNNY DEATHSHADOW, Dark Rock von PARADISE LOST, Ska von RUSSKAJA, Viking Metal von SKALMÖLD, Piraten Rock von SKORBUT, Post-Punk von THE HIRSCH EFFEKT, Punk'n'Roll von TURBONEGRO, Punkrock von UK SUBS und vieles, vieles mehr. Und dann ist da ja auch noch das Metal Battle ...

See you in Wacken! Rain or shine!

 

Hier geht es zu den Wacken-Berichten vom Jahr 2016: Dienstag + Mittwoch, Donnerstag, Freitag und Samstag.

 

*Der Artikel betrachtet den öffentlichen Booking-Stand von Ende April 2017. Nicht einbezogen sind alle später bekanntgegebenen Bands sowie die Metal-Battle-Teilnehmer. Dieser Artikel beruft sich stark auf Genredefinitionen und betreibt Zuordnungsversuche von Bands und Musikstilen. Dies kann mitunter überzeichnet und grenzwertig sein sowie den einen oder anderen Metaller provozieren. Deswegen lade ich herzlich dazu ein, mich zu korrigieren und in den Kommentaren zu schimpfen, was das Zeug hält, solange dies im Rahmen des Anständigen bleibt, ihr [beep]igen [beep]s!


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